Über transskription der finnisch-ugrischen sprachen

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Über transskription der finnisch-ugrischen sprachen.
by E. N. Setälä.
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Über transskription der finnisch-ugrischen sprachen.

Historik und vorschläge.


Wenn jetzt ein neues organ für finnisch-ugrische forschungen in die welt tritt, ein organ, das nach möglichkeit darnach strebt ein zentralorgan auf diesem gebiet zu sein, so gehört zu den ersten gegenständen, welche in diskussion zu nehmen sind, die frage nach der aufstellung eines gemeinsamen transskriptionssystems für die wissenschaftliche fixierung der finnisch-ugrischen sprachen. Dass ein solches system zustande kommen möchte, über das sich nicht nur alle forscher nach möglichkeit einigen könnten, sondern das auch genügend lebenskräftig wäre um für künftige zwecke weiter entwickelt zu werden, in diesem wunsche dürfen wohl alle übereinstimmen, doch liegt die befürchtung nahe, dass die übereinstimmung aufhört, sobald zur frage geschritten wird, wie nun der beklagenswerte wirrwarr zu beseitigen und eine einigung zu erzielen sei.

Bezüglich des letzteren ziels wäre natürlich allererstens zu wünschen, dass man sich so weit wie möglich auf bisher angewandte bewährte transskriptionsweisen stützte. Ein geachteter fachgenosse[1] ist sogar bis zur aufstellung des grundsatzes gegangen: der erforscher eines lebenden dialekts solle im allgemeinen der transskriptionsweise seines vorgängers folgen, wenn sich nämlich diese befriedigend genau erweise; nur in der bezeichnung solcher laute, die in den von diesem erforschten dialekten nicht anzutreffen sind, habe der nachfolger freie hand. Derselbe gelehrte ist im allgemeinen der meinung, die verantwortung für die grosse buntscheckigkeit, in die man in der transskription geraten ist, treffe uns finnen, die wir nicht genug bei alten schreibweisen geblieben seien. [ 26 ]Es ist nicht zu leugnen, dass es in einer solchen angelegenheit wie der transskription die pflicht des einzelnen forschers ist etwas von seinen wünschen zu opfern, trotzdem aber kann ich mich nicht unbedingt dem grundsatz anschliessen, dass der frühere gebrauch allein zu entscheiden habe: Nach meiner ansicht hat eine entscheidende bedeutung auch der obenangedeutete gesichtspunkt, dass man nicht nur ein gemeinsames, sondern zugleich ein solches transskriptionssystem zu schaffen suchen müsse, welches gemäss seiner eigenen prinzipien weiter entwickelt werden könnte, um neu auftauchenden bedürfnissen gerecht zu werden.

Um uns darüber klar werden zu können, in welchem masse die bisher angewandten transskriptionssysteme die zuletzt gestellte forderung erfüllen, dürfte es angebracht sein einen blick auf die verschiedenen transskriptionsweisen zu werfen, die bis dahin zur bezeichnung der finnisch-ugrischen sprachen verwandt worden sind, ehe wir uns dem vortrag der eigentlichen vorschläge zuwenden.


I. Historik.

In den ältesten versuchen den lautbestand der finnisch-ugrischen sprachen darzustellen hat man sich im allgemeinen mit den hilfsmitteln begnügt, die das gewöhnliche lateinische, oder wenn man russische buchstaben verwandte, dieses noch reichere russische alphabet bot, obschon man merkte, dass diese alphabete als solche zur bezeichnung der laute jener sprachen doch nicht ausreichten noch sich mit ihren lautwerten deckten. Ich lasse natürlich hier die geschichte der für den praktischen bedarf in den verschiedenen finnisch-ugrischen sprachen gebildeten orthographien bei seite und berühre nur die schreibweisen, die in wissenschaftlicher absicht angewandt worden sind. Weiter glaube ich die schreibweisen der ältesten forscher wie Sajnovics, Porthan, Gyarmathi aus dem spiele lassen zu dürfen, da sie überhaupt keine präzise bezeichnung der verschiedenen laute beabsichtigt haben. [ 27 ]In der hauptsache auf dem standpunkt dieser alten forscher verharrte noch der finne Andreas Johann Sjögren in seinen ältesten schriften. Auch er verwandte zur bezeichnung der syrjänischen[2] oder auch der wotischen[3] laute bloss das lateinische alphabet; er gebraucht digraphen zur bezeichnung eines lautes (z. b. sch = russ. ш, ss = s, ch = χ[4]) und einen buchstaben zur bezeichnung zweier neben einander stehender konsonantischer laute (z = t + s, russ. ц); ein und derselbe buchstabe kann verschiedene laute bezeichnen, z. b. s = stimmloses und stimmhaftes s (s und z). Erwähnt sei noch, dass er russ. ы dürch ü wiedergab. Wo er davon spricht, dass A. Flerov in seiner 1813 in russischer sprache veröffentlichten syrjänischen grammatik zur bezeichnung syrjänischer laute das um die zeichen j und ö vermehrte russische alphabet verwandt hatte, meint Sjögren, dass man „von rechtswegen“ noch weiter gehen „und nach dem Beispiele orientalischer Sprachen auch noch für ds (дз), dsh (дж), dsch (дш) und dtsch (дч) besondere neue Buchstaben einführen müsste, zumal da sich Wörter damit anfangen, sie auch als ganz einfache Laute ausgesprochen werden, die Sprache obendrein, gleich der finnischen, mehrere Konsonanten neben einander nicht liebt“, hat dies jedoch nicht verwirklicht.

Der mann, der durch verwendung von hilfsbuchstaben und nebenzeichen den ersten grund zu einer transskription auf dem finnisch-ugrischen sprachgebiet gelegt hat, ist der däne Rasmus Rask in seinem ausgezeichneten werke „Ræsonneret lappisk Sproglære“ (1832) nebst berichtigungen und nachträgen, bei welch letzteren er gelegenheit hatte beobachtungen über die aussprache an einem geborenen lappen zu machen. Rask komplettierte das lateinische alphabet durch folgende konso[ 28 ]sonantenzeichen: đ = δ (= dʿ in Leem’s grammatik von 1748); t = ϑ (= tʿ bei Leem); ʒ = γ (= gʿ bei Leem); g̃ für den „gutturalnasal“, für den er jedoch schon in den nachträgen η einsetzt (wobei er sagt, dass der laut auf diese weise richtiger bezeichnet sei, da er zu den „fliessenden buchstaben“, nicht in erster reihe zu den „gaumenbuchstaben“ gehöre); ʒ = „hartes ds, ital. z, maltesisch und altdeutsch ʒ“. Weiter war z (bei Leem s) zur bezeichnung des stimmhaften s und c für ts zu gebrauchen. Er erinnerte daran, dass im lappischen noch zischlaute („hvislelyde“) existierten, die man im slavischen und lettischen und anderen sprachen mit š, ž, č, ʒ?[5] wiedergebe, hat aber in diesem werke ihre anwendung noch nicht empfohlen; da es in den meisten druckereien schwierigkeiten verursachen und zugleich weit mehr von der schreibweise seiner vorgänger abweichen würde, wage er sie nicht einzuführen, er schrieb dafür sh zh, ch, ʒh; ch wird jedoch auch für χ gebraucht, welches allerdings — „entsprechend đ, t — k mit strich darüber geschrieben werden müsste“. — Rask’s vokalzeichen (Rettelser og tillæg s. 259) waren: a, å, æ („drei offene grundlaute“), ä (umlaut des a, „neigt ein wenig nach æ hin, bleibt jedoch stets eine art a-laut“, z. b. in sädne wort), å („unterscheidet sich mehr von reinem a“, z. b. jåkke ’jahr’), â („dunkles a, nach å hinneigend“), æ? (umlaut des æ: æ?dne ’mutter’: illat. ædnaj, ? („nähert sich etwas mehe e“), z. b. ɛní ’er hatte’ ~ anam, ’ich habe’), ɛ? (umlaut: des vorherg.), ë umlaut des e (näher nach i hin), o, ö (zweiter komponent des diftongs uö). Durch das zeichen wird ` der vorschlag in diphthongen angedeutet: à, `å, ò; `ö, è (= ?), von isl. è ausgehend; „wenn è so lang wird, dass Leem iee oder jee schreibt“, schlägt Rask die schreibweise ě vor, „welches das böhmische zeichen für denselben laut ist“ (z. b. měkke ’schwert’ ᴐ: miekke); und dieses zeichen hat das ǒ mitgebracht (z. b. chǒpam ’ich haue’ ᴐ: čuopam). — Die vokallänge war „in übereinstimmung mit dem ungarischen, böhmischen und vielen anderen sprachen“ durch den akut zu bezeichnen (á u. s. w.). [ 29 ]Ich habe Rask’s transskription so ausführlich vorgeführt einmal, weil sie den ersten versuch darstellt und zugleich zeigt, auf welchem wege man zu den neuen zeichen gelangt war, dann aber, weil viele von den bezeichnungen sich bis auf unsere tage erhalten haben, zum teil in der allgemeinen orthographie des schriftlappischen, zum teil in wissenschaftlichen transskriptionsweisen. Wir sehen, dass Rask seine hilfsbuchstaben vorzüglich durch entlehnung aus anderen alphabeten erhielt; solche sind; altdeutsch ? und ʒ, slav.-balt: (š), z, (ž), c, (č), ě; griech. ?, ? η (das letztere jedoch eher direkt aus n geformt); dän., schwed., bezw. deutsch å, æ, ä, ö; dem isl. ð wurde đ nachgebildet; als isländisch bezeichnet er auch è; endlich sind zu den lehnzeichen noch zu rechnen â und å. Weiter nötige buchstaben erhielt man analog durch verwendung der nebenzeichen, welche in diesen lehnbuchstaben auftreten, wie (ʒ?), ǒ, t, æ?, ?, ë; ebenso à, ò nach dem isl. è. Die quantitätsbezeichnung war, wie erwähnt, auch nach dem beispiel des ungarischen und czechischen u. a. gegeben[6]. Dagegen vermied Rask den gebrauch neuer zeichen und nebenzeichen.

Von Rask’s zeichen sind in das norwegisch-lappische allgemeine alphabet aufgenommen đ, ŧ, c, ʒ, η und dazu sogar die zeichen, die Rask noch nicht anzuwenden „gewagt“ hatte: š, č, ʒ?; nach dem muster von đ und ŧ ist ferner g gebildet worden. Diese neuerungen führte nämlich N. V. Stockfleth praktisch ein, welcher 1835 „ein blatt mit lappischen buchstaben und einige lappische lesestücke (antiqua) in Kristiania drucken liess“[7], und der sie auch in seine lappische grammatik (1840) aufnahm. Stockfleth, der den oben erwähnten geborenen lappen für Rask nach Kopenhagen gebracht und sich daselbst mit diesem lappen und in fortwährendem verkehr mit Rask fünf [ 30 ]monate aufgehalten hatte, setzte diesen verkehr schriftlich weiter fort; wie aus diesem briefwechsel[8] hervorgeht, hat er sich mit Rask über alle fragen der lappischen orthographie beraten, und demnach ist Rask als der eigentliche urheber der ganzen neuerung in der orthographie des norw.-lappischen anzusehen. — In wissenschaftlichen finnisch-ugrischen werken hat man von Rask’s zeichen (mit teilweisen kleinen formveränderungen) zum teil fest, zum teil hier und da von neuem š, z, ž, c, č, ?, ?, ?, đ, ŧ, in das lappische betreffenden werken sogar noch â, ë in anwendung gebracht.

Von den folgenden werken enthalten H. C. v. d. Gabelentz’ „Versuch einer mordwinischen Grammatik“ (1839) und „Grundzüge der syrjänischen Grammatik“ (1841) keine fortschritte in der transskription, sondern eher das gegenteil (erwähnt sei jedoch y = russ. ы); er schnieb z. b. ch = ?, sch = š, sh = ž, tz = russ. ц, tsch = russ. ч, dsh = . Eines besseren transskriptionssystems als Gabelentz bediente sich, in der hauptsache an Rask anschliessend, M. A. Castrén. Seine erste dissertation „De affinitate declinationum in lingua Fennica, Esthonica et Lapponica“ (1839) kann allerdings hier nicht eigentlich in betracht gezogen werden, da er wegen mangels an typen auf eine einfachere transskription angewiesen war (erwähnt sei, dass er isl. ð und þ = Rask’s đ und ŧ, und fraktura g für spirantisches g gebraucht). In seinen das syrjänische und tscheremissische betreffenden werken („De nominum declinatione in lingua Syrjaena“, 1844, „Elementa grammatices Syrjaenae“, 1844, und „Elementa grammatices Tscheremissae“, 1845) hat er sich Rask’s schreibweisen angeschlossen, soweit es die typographischen verhältnisse möglich machten (z, z, s, c, c; jedoch nicht ? und ?, sondern dz, dz wie auch ds, ds dc); für ? steht bloss n, ng (z. b. kängez ’æstas’), vermutlich, weil die type fehlte, ebenso wird von intervokalischen tscher: b, d, g gesagt, dass sie „ut aspiratæ [d. h. spiranten] enuntiantur“, ohne dass sie besonders bezeichnet wären. Als neues zeichen tritt [ 31 ]an die stelle des in der syrjänischen grammatik verwandten ch in der tscheremissischen grammatik x (= russ. х). In Castrén’s 1845 erschienener schrift „Vom Einfluss des Accents in der lappischen Sprache“, ist im allgemeinen die gleiche schreibweise beobachtet; jedoch sind hier z = Rask’s ?, z = ?, und d, t, g = đ, ŧ, g, vermutlich aus typographischen rücksichten; als neues zeichen begegnet ñ = ?.

F. J. Wiedemann’s erste werke auf finnisch-ugrischem gebiete („Versuch einer Grammatik der tscheremissischen Sprache“, 1847, „Versuch einer Grammatik der syrjänischen Sprache“, 1847) stehen, was die transskription anbelangt, ungefähr auf demselben Standpunkt wie die v. d. Gabelentz'schen (z. b. ch, sch, sh, tsch, dsh, schtsch). Ebenso ist es in der hauptsache in seiner „Grammatik der wotjakischen Sprache“ (1851), in der eigentümlicherweise als transskriptionsmaterial fraktur benutzt ist; als zeichen, die nicht in den letztgenannten werken Wiedemann’s auftreten, erscheinen hier ñ und õ. — So wenig gutes man auch von Wiedemann’s transskription in diesen werken sagen kann, so zeigt sich in ihnen doch eine wichtige verbesserung: die mouillierung, die vorher bloss durch ein dem konsonanten nachgesetztes j angedeutet war, erhielt das zeichen (z. b. tscher. shol’a). Sjögren, der Rask und Castrén folgend begonnen hatte eine bessere transskriptionsweise zu beobachten, verwandte statt dessen in seinen estnischen und livischen sprachproben (in seiner schrift „Zur Ethnographie Livlands“, 1849[9]) als zeichen der mouillierung den gravis ` über dem buchstaben.

Inzwischen war ein versuch in einer anderen richtung gemacht worden: die finnisch-ugrischen sprachen mit russischen und aus russischen geformten buchstaben zu transskribieren. Mit russischen und altrussischen buchstaben hatte man schon früher finnisch-ugrische sprachen geschrieben, teils in besonderen grammatikalischen versuchen, teils in den übersetzungen der evangelien und anderer religiöser bücher. Der bereits er[ 32 ]wähnte verfasser einer syrjänischen grammatik Flerov (Флёровъ, Зырянская грамматика, 1813) hatte das russische alphabet um einige hilfsbuchstaben vermehrt: ӧ, ј, und ӵ (wie ч, aber „sehr hart und durch die zähne“), wobei Sjögren die oben mitgeteilte bemerkung machte (in seiner schrift „Ueber den grammatischen Bau der Sürj. Sprache“[10]), dass noch mehrere buchstabenzeichen nötig seien. Sjögren verwirklichte diesen plan in seiner „Ossetischen Sprachlehre“ (1844), wo ein ganzes aus dem russischen alphabet hergestelltes transskriptionssystem erscheint. Dieses system ist infolge besonderer umstände, worüber gleich mehr, in der hauptsache in Castrén’s „Versuch einer ostjakischen Sprachlehre“ (erste auflage 1849, I:er teil seiner „Nordischen Reisen und Forschungen“) gebraucht. Zu den vokalen des russischen alphabets kamen hier hinzu ӱ und ӧ sowie zu den konsonantenzeichen ј nebst den verbindungen von д + з (= zh) und д + ж (= ž), der laut ? wurde durch umformung von н bezeichnet. Das aus т und einem für h erfundenen zeichen geformte bild, das Sjögren, soviel aus seiner beschreibung (Oss. Sprachl. 16) hervorgeht, zur bezeichnung der aspirata verwandte, war hier zur wiedergabe der eigentümlichen ostjakischen lateralexplosiva (= t + stimmloses l; od. nur stimmloses l?), und das analog aus д geformte neue zeichen zur wiedergabe des entsprechenden stimmhaften lautkomplexes gebraucht. Die mouillierung der konsonanten wurde durch einen gravis über den konsonantenzeichen angedeutet, z. b. т, k` u. s. w.; die länge der vokale wurde durch einen über den vokal gesetzten strich bezeichnet z. b. ā, ē u. s. w. — Dieser hilfsbuchstaben (ј, ӧ, der verbindungen von д + з und д + ж) bedienen sich auch P. Savvaitov[11] und N. Rogov[12] in ihren das syrjänische betreffenden werken; haben sie doch nach demselben prinzip noch neue buchstaben gebildet: verbindungen von д mit ч, und т mit ч (Savvaitov), sowie ч mit [ 33 ]ш (Rogov). Die erwähnten verbindungen aus д + з und д + ж verwendet auch C. S. Lytkin[13], welcher die mouillierung ebenso wie Sjögren und Castrén bezeichnet, während sie Savvaitov und Rogov bloss mit j wiedergeben.

Bleibende bedeutung haben diese versuche mit dem russischen alphabet für die transskription finnisch-ugrischer sprachen in der wissenschaft nicht gehabt, denn die verwendung desselben beschränkt sich auf nur sehr wenige russisch verfasste werke[14]. Übrigens ist zu bemerken, dass die verwendung der russischen transskription von Castrén selbst weder beabsichtigt noch angeordnet war. Castrén hatte nämlich in seinem manuskript das umgeformte lateinische alphabet gebraucht, welches der setzer für den druck in das obengenannte von Sjögren umsetzen musste, da die erste ausgabe der ostjakischen sprachlehre Castrén’s mit einer solchen eile besorgt wurde, dass man nicht mehr die zuerst in der nach seinem tode erschienenen samojedischen sprachlehre (1854) angewandten schriftzeichen herbeischaffen konnte[15]. Dieser letzterwähnten transskriptionsweise, die A. Schiefner auch in der zweiten auflage von Castrén’s ostjakischer sprachlehre (1858) durchführte, eigentümlich war besonders die bezeichnung der mouillierung durch virgulierung des buchstabens (nach dem vorbild des lettischen) wogegen ś = š, ź = ž, ć = č und ? = ? waren; für die ostjakischen „lateralexplosivae“ waren [ 34 ]zeichen erfunden (l, d) und das zeichen für den „guttural“-nasal war ?. In seiner 1850 erschienenen abhandlung „De affixis personalibus linguarum Altaicarum“ hatte Castrén als zeichen der mouillierung den nach vorn deutenden akut hinter dem konsonanten gebraucht — soviel ich weiss zum ersten mal auf finnisch-ugrischem gebiet — und diese schreibweise hat sich, abgesehen von dem bisweilen auftretenden gebrauch des der nur durch typographische gründe bedingt ist, und Castrén’s eigenem versuch virgulierte zeichen zu gebrauchen, dauernd behauptet.

Übrigens ist in den in den fünfzigerjahren des 19:ten jahrhunderts, wohin wir mit dem vorhergehenden gelangt sind, erschienenen werken verhältnismässig wenig bemerkenswertes in der transskription zu finden. Erwähnt sei, dass Lönnrot in seiner schrift „Über den Enarelappischen Dialekt“ (1854) den gravis zur darstellung von zwischenvokalen vorschlägt (z. b. à = vokal zwischen a und ä, è = ein solcher zwischen e und i. ò = ein solcher zwischen o und u; sie sind jedoch nicht in der praxis durchgeführt); ebenso sei erwähnt, dass er ein ŭi = russ. y, und ë = „ein geschlossenes e, dẹm ein nebenlaut von o folgt“, hat; die länge der vokale wurde durch doppelschreibung bezeichnet. Ferner ist zu bemerken, dass man bei Lönnrot und ebenso bei Ahlqvist spuren von einer art normalisierungsbestreben beobachten kann, das heisst: aus theoretischen gründen werden die laute nicht so bezeichnet, wie sie klingen, sondern, wie sie die forscher für ursprünglicher halten[16] [ 35 ]Ahlqvist’s „Mokscha-mordwinische Grammatik“ und die von Wiedemann besorgte und herausgegebene „Livische Grammatik“ Sjögren’s, beide aus dem jahre 1861, verraten einflüsse von Lepsius’ „Standard alphabet“ (erste aufl. 1855[17]). Darnach haben sie beide ṅ = „guttural“-nasal, ebenso bei Wiedemann a, a, o, o, o, u bei Ahlqvist y = j, i = russ. y, desgleichen t = č, d = ?, ṭ (ein längeres, „emphatisches“ t ?)[18].

Auch O. Donner in seinem „Vergleichenden wörterbuch der finnisch-ugrischen sprachen“ (1874—88), wie schon früher in seiner abhandlung „Das personalpronomen in den altaischen sprachen“ (1865), hat sich eng an das „Standard alphabet“ (2:te aufl. 1863) angeschlossen. Von Ahlqvist abweichend und ebenso wie die ungarn (s. gleich unten), gebrauchte er die zeichen c (= ts), č, z, x, g, d; von sonstigen zeichen seien erwähnt ǰ (= „dsch“), ť und ď = zeichen der ostj. lateral-explosivae, = schwed. u, ï = russ. y, õ = est. õ[19].

In Ungarn, wo man früher mit vorliebe die finnisch-ugrischen sprachen nach der ungarischen orthographie transskribiert

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hatte[20], begannen P. Hunfalvy und J. Budenz nach 1860 die sammlungen des ungarischen reisenden A. Reguly der öffentlichkeit zu übergeben, und auch sonst eine sehr rege thätigkeit auf dem finnisch-ugrischen gebiete zu entwickeln. In der transskription adoptierten diese forscher einen grossen teil dessen, was schon früher vorgeschlagen und auch gebräuchlich geworden war, wie die „lateinisch-slavischen“ š, ž, c, č, zh, ? — die alten bekannten aus Rask’s zeiten. In der bearbeitung der tscheremissischen aufzeichnungen von Reguly („Reguly cseremisz mondatai“ = „Reguly’s tscheremissische sprüche“, — in der zeitschrift „Nyelvtudományi közlemények“ = „Sprachwissenschaftliche mitteilungen“, welche 1862 zu erscheinen begann, III 99, 1864) bezeichnete Budenz die mouillierung noch durch ? (, ť, ľ), Hunfalvy aber (in „Vogul fold és nép“ = „Land und volk der wogulen“, 1864) und in seinen folgenden veröffentlichungen auch Budenz durch das gebräuchlich gewordene kommazeichen. Den „guttural“-nasal gaben beide forscher anfangs mit blossem n, ng wieder, nahmen dafür jedoch später das zeichen ñ auf. Für den laut des russischen y setzte man das zeichen ï und analog ë für das „tiefe e“ (Budenz, „Mordvin közlések“, 1866 — „Mordwinische mitteilungen“, NyK V 115). In Budenz’ erstem versuch eines vergleichenden wörterbuchs („A magyar és finn-ugor nyelvekbeli szóegyezések“ (= „Die wortparallelen in der ungarischen und den finnisch-ugrischen sprachen“, NyK VI u. VII, 1867—69) kommen hierzu noch die vom „Standard alphabet“ vorgeschlagenen zeichen x,
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g, d, sowie in ostj. wörtern ł und l als zeichen für die sog. ostj. lateralexplosivae t + l und d + l; an die stelle des ë tritt das est. õ. In ihrer endlichen form stellt sich Budenz transskription dar in seinem hauptwerke „Magyar-ugor összehasonlító szótár“ = „Vergleichendes magyarisch-ugrisches wörterbuch“, 1873 — 81)[21]. Bemerkenswerte neuerungen gegen das vorige sind a = labialisiertes a, i = russ. y (früher ï), o = est. õ (früher ë, õ), l = ostj. t + l (früher ł), = ostj. d + l (früher l), č = ein syrj. č „mit einem stärkeren vorschlag“, t = spirantisches th (engl. stimmloses th), ? = ein unbestimmbarer hinterer („tiefer“) vokal, ? = ein unbestimmbarer vorderer („hoher“) vokal. Sonst ist die frühere transskription beibehalten (z. b. z, š, ž, c, č, ?, ?, x, g, d).
Budenz’ transskriptionsweise ist die grundlage für die transskription gewesen, die später in Ungarn gebraucht worden ist. Zum teil ist dieselbe auch bei uns in Finland in gebrauch gekommen, und zu einem teil haben auch die von den finnischen forschern vorgeschlagenen zusätze in Ungarn beachtung gefunden. Aufgegeben ist von Budenz’ zeichen ?, an dessen stelle th getreten ist (z. b. HalászSvédlapp nyelv“, 1881), während die übrigen zeichen im allgemeinen beibehalten sind. Hinzugekommen sind die nach demselben prinzip dem griechischen alphabet entlehnten b (in den in Ungarn veröffentlichten sprachproben von A. Genetz, NyK XV, 1879; auch Halász gebraucht es wenigstens in seinen früheren, das lappische betreffenden veröffentlichungen, gegenüber w = interlabialis spirans bei Munkácsi) und ? (Genetz, Tscheremissische studien, JSFOu VI 1889). Das vokalzeichen i brachte das zeichen e mit (Munkácsi, Votják népköltészeti hagyományok“ = „Wotjakische folkloreüberlieferungen“, 1887), das dasselbe zu bezeichnen bezweckte, was Budenz mit o wiedergab. Daneben ist jedoch auch der buch[ 38 ]
stabe o beibehalten; Halász sagt[22], er bezeichne mit o das estnische õ (das est. õ ist ein hinterer vokal mit zurückziehung der lippen), sagt aber zugleich, es sei ein laut zwischen e und ö, und ein andermal, es sei ein vokal mit „lippenschluss“ (ajakzárással[23]). Im wotjakischen verwandte es Munkácsi zur bezeichnung eines lautes, „der sich dadurch von ö unterscheidet, dass bei ihm der lippenschluss nicht so fest ist, und der ungefähr den übergang von ö zu ė bildet“ (ė = ein sehr geschlossener nach i „hinneigender e-laut“). Ausser dem zeichen ?, das bei Halász einen „mittellaut zwischen o und ö“ ausdrückt, sind neue zeichen meistenteils mit hilfe von diakritischen zeichen gebildet. Fleissig verwandt ist der punkt, sowohl unter wie über den buchstaben, in verbindung mit vokalzeichen zur darstellung grösserer geschlossenheit (, ö, , ü, daneben jedoch ė, und bei Halász ȧ), unter konsonantenzeichen deutet es bei Halász stimmlose medien oder halbstimmhafte (resp. satzphonetisch wechselnd stimmhafte und stimmlose?) laute an: , , p, č, c. Durchquerung deutet auf kakuminale aussprache (Munkácsi im wotj.); mit dem gravis werden (bei Halász) gebildet: c = schwed. tj, s = zwischenlaut zwischen s und š, ? zwischenlaut zwischen ? und ? (ziemlich dasselbe wie ? und ? dürften wohl Munkácsi’s wotj. ć[24] = ? + š und ? = ? + ž sein); durch ? unter dem buchstaben bildet Halász r preussisches, uvulares r, l = russ., poln. ł; o (bei Munkácsi im wogul.) ist mittellaut zwischen o und u (tat: o) u. s. w.

Alle verschiedenen bildungen können hier natürlich nicht besprochen werden, dafür möchte ich aber noch einige transskriptionsversuche in einigermassen abweichenden richtungen erwähnen.

Genetz hat in seinen abhandlungen „Lautphysiologische Einführung“ und „Karelische Lautlehre“ (1877) die von Brücke in seinem werke „Grundzüge der Physiologie“ aufgestellte anordnung der buchstaben mit ziffern (a1 a2 a3 u. s. w.) aufge[ 39 ]
nommen, d. h. er hat dieselbe nur bei der bezeichnung einzelner laute angewandt, nicht aber in zusammenhängender schrift, wo er sich zunächst an Ahlqvist (z. b. t, d), später aber an Budenz (in seinen und Porkka’s tscheremissischen sprachproben, 1888 und 1895, wie auch in seinem kolalappischen wörterbuch 1890) angeschlossen hat.

Die in den nachbarländern Finlands, in Schweden und Norwegen aufgetretenen systeme für die lautschrift des schwedischen und norwegischen — J. A. Lundell’s „Det svenska landsmålsalfabetet“ (1879) und Joh. Storm’s „Norsk Lydskrift med Omrids af Fonetiken“ (1884)[25] — sind natürlich nicht ohne einwirkung besonders auf die aus diesen ländern gebürtigen gelehrten gewesen, die als forscher der finnisch-ugrischen sprachen aufgetreten sind.

Zunächst in anlehnung an die norwegische lautschrift hat J. Qvigstad in seinen „Lappischen sprachproben“ (JSFOu III, 1888) mit einem punkt versehene vokalzeichen ạ, ȧ, ẹ, ė, ọ, ȯ angewandt; abweichend erscheinen b, d, g für stimmlose b, d, g, sowie ? = ds, ? = d'š. In viel weiterer ausdehnung hat er die norwegische lautschrift aufgenommen in seiner arbeit „Nordische Lehnwörter im Lappischen“ (Christiania 1893), bei deren anwendung wohl auch typographische gründe vorschub geleistet haben. Die bemerkenswertesten zeichen in diesem alphabet (vgl. 1. c. „Schreibweise und Transskription“) sind die antiqualettern mitten unter den kursiven zur bezeichnug der stimmlosigkeit (antiqua bedeutet jedoch nicht immer dieses), das zeichen b = spirant. b, sowie die häkchen unter d, k, l, n, s, t zur bezeichnung der palatalisation.

Das schwedische dialektalphabet hat zur wiedergabe der lappischen laute K. B. Wiklund in seinem „Lulelappischen wörterbuch“ MémSFOu I, 1890, der text in Stockholm gedruckt) [ 40 ]
und in seiner „Laut- und formenlehre der Lule-lappischen dialekte“ (1891)[26] verwendet; hierhergehörige zeichen sind: = ä, ŋ für den präpatalen, dagegen ? für den mediopalatalen nasal, ƕ = stimmloses engl. w, ɔ = tonloser vokal; viele von diesen typen existieren nicht in unserer druckerei und können nicht nachgebildet werden. Die vokallänge und konsonantengemination wurde durch einen unter das zeichen gesetzten strich ausgedrückt z. b. (a, . Von dem system abweichend gebrauchte Wiklund jedoch š, c, č, ʒ, ǯ.

Der verf. dieser zeilen hat in seinem werke „Yhteissuomalainen äännehistoria“ (= „Gemeinfinnische lautgeschichte“ I, II 1890—91) ein paar zeichen aus Lundell’s alphabet, ɟ, ?, verwandt. Demselben prinzip wie Lundell folgend formte ich einige zeichen durch modifikation der lateinischen lettern mit symbolischen beistrichen: ? = hinteres e (= e), hinteres i (= i), ? = rüss. poln. (hinteres ł) und bedeuteten halbvokale, g, d; b, z (antiqua) zeigten stimmlose g, d, b, z an. Länge und gemination ebenso wie bei Lundell[27].

Unter diesen umständen drohte die transskription der finnisch-ugrischen sprachen nach ganz verschiedenen richtungen auseinanderzugehen. Die verschiedenen forscher brauchten jeder seine eigene umschreibung, auch bildete dazu keine von den transskriptionsweisen ein einheitliches system. Diesen missstand schmerzlich empfindend traten verschiedene jüngere forscher in Helsingfors im herbst 1892 zur beratung über ein befriedigendes transkriptionssystem zusammen. Die angelegenheit wurde in mehreren versammlungen erwägt, in der sich als teilnehmer ausser dem unterzeichneten die herren Joos. J. Mikkola, H. Paasonen und Yrjö Wichmann (von Helsingfors) sowie K. B. Wiklund (von Upsala), der sich damals in Helsingfors aufhielt, befanden — diese beratungen standen in verbindung mit der schon damals beabsichtigten finnisch-ugrischen zeitschrift. In [ 41 ]
denselben wurden die leitenden allgemeinen grundsätze und das billigenswerte in den bisherigen transskriptionsweisen, sowie die formung notwendiger neuer zeichen diskutiert. Im auge behalten wurden auch anderenorts verwandte transskriptionssysteme, besonders dasjenige F. Tecumer’s in der „Internationalen Zeitschrift für allgemeine Sprachwissenschaft“. So einigte man sich über eine transskriptionsweise, die dann in der hauptsache in den folgenden arbeiten befolgt wurde: Paasonen, „Mordvinische lautlehre“ jedoch auch mit einigen wichtigeren abweichungen), K. B. Wiklund, „Die südlappischen forschungen des herrn dr. Ignacz Halász“ (JSFOu XI 2 und Yrjö Wichwann. „Wotjakische sprachproben“ (JSFOu X1 1), alle 1893 erschienen, auch ist dieselbe darnach in der hauptsache von jüngeren forschern in ihren publikationen in dem Journal und den Memoiren der Finnisch-ugrischen gesellschaft angewandt worden. — Als 1899 die grossangelegte sammlung des wortschatzes der finnischen volkssprache in gang gesetzt wurde, wurde dasselbe transskriptionssystem denen zum gebrauch empfohlen, die die worte mit feinerer bezeichnung wiedergeben wollten; deshalb schrieb herr E. A. Ekman für die wortsammler einen leitfaden des in redestehenden systems, der noch nicht gedruckt ist, sondern bloss autographiert an die wortsammler abgegeben wird.

Es ist meine absicht im folgenden die hauptgrundzüge dieses systems den fachgenossen zu sachverständiger beurteilung zu unterbreiten. In der hauptsache stelle ich dieselben so dar, wie man sich darüber in den erwähnten beratungen geeinigt hat, Ich will jedoch bemerken, dass ich bei der ausarbeitung des vorschlages keine gelegenheit gehabt habe über einzelheiten mit denjenigen zu beraten, die an der abfassung der ursprünglichen vorschläge beteiligt gewesen sind; ebenso bin ich auch für die form, in der die motivierung des systems hier erscheint, allein verantwortlich.

Die vorschläge treten nicht mit dem anspruch auf endgültigheit auf. Im gegenteil erhoffe ich viel gutes von den bemerkungen, die wir von den fachgenossen werden entgegennehmen dürfen. Auf grund der eingelaufenen bemerkungen werden wir — soweit wir sie grundsätzlich billigen können — [ 42 ]
geneigt sein sowohl in einzelheiten des systems wie im system selbst änderungen zu vollziehen.

II. Vorschläge.

Die feinere transskription (lautschrift).

1. Allgemeine grundsätze.

1. Die lautschrift soll in einer praktischen weise wissenschaftlichen zwecken dienen. Sie soll also die gesprochene sprache so genau wie möglich bezeichnen, so zwar, dass der grad der genauigkeit mit dem übereinstimmt, was der zweck in dem gegebenen fall fordert.

Im namen der wissenschaftlichen vollständigkeit könnte man verlangen, dass so viel wie möglich zu bezeichnen wäre, d. h. dass alle einzelnen phonetischen momente beachtet würden; vom standpunkt der praxis hinwieder ist zu hoffen, dass nur so wenig bezeichnet würde, wie ohne schädigung der klarheit möglich ist, d. h. dass alles, was unwesentlich oder in dem betreffenden fall selbstverständlich oder nicht in frage kommend ist, unbezeichnet gelassen würde.

Es ist an und für sich klar, dass die bezeichnung aller einzelnen phonetischen momente in einer schrift, die lesbar sein soll, praktisch unmöglich ist. Im allgemeinen ist man ja gezwungen sich in der hauptsache mit der bezeichnung der einzellaute zu begnügen, und wie man auch den einzellaut definieren wolle, auf alle fälle ist er eine ziemlich willkürliche abstraktion, unter der man eine ganze gruppe von lauten versteht, deren akustische wirkung einigermassen gleich ist, und deren physiologische bildung in derselben artikulationszone vor sich geht. Aus der theoretisch unbegrenzten anzahl der laute werden gewisse lauttypen ausgewählt, die als gegensätze verwandt werden, und die wir als einzellaute auffassen und bezeichnen. Auch von solchen momenten wie der stärke, stimmhöhe und sprechdauer wird bei der bestimmung der einzellaute völlig abstrahiert, und was die bezeichnung dieser momente betrifft, so hat man sich in diesem punkte nur mit der angabe ihres relativen grades zu begnügen. [ 43 ]Wenn also die forderungen der wissenschaftlichen genauigkeit mit den forderungen der praxis in einklang gebracht werden sollen, so sehen wir, dass das prinzip der gegensätzlichen verwendung eine bestimmende bedeutung hat. Aber dieses prinzip enthält schon die möglichkeit, dass man das transskriptionssystem für die verschiedenen fälle in verschiedener weise anwenden kann. Es ist ja die zahl der phonetischen gegensätze in jeder einzelnen sprachgemeinschaft verhältnismässig begrenzt, für jede einzelne sprache kann man sich also in dieser weise mit einer begrenzteren zahl von zeichen begnügen. Wenn z. b. im finnischen mediopalatales k regelmässig stets in verbindung mit hinteren und präpalatales k () immer in verbindung mit vorderen vokalen erscheint, so kann man sagen, dass k und im finnischen nicht als gegensätze zu einander verwandt werden, sondern dass man sie sehr wohl mit einem zeichen bezeichnen kann. Wenn hingegen in irgendwelchen lappischen dialekten auch vor hinteren und im gegensatz dazu k auch vor vorderen vokalen erscheinen kann, so sind sie in diesem fall von einander zu unterscheiden. Ja, ich möchte so weit gehen zu erklären, dass, falls z. b. in irgendeiner sprachgemeinschaft t, d, s, etc. immer postdental, in einer andern aber immer alveolar sind, man beide in jeder der beiden sprachgemeinschaften mit einfachem t, d, s bezeichnen dürfe, wenn nur zuvor ihr lautwert klargestellt ist. — Nach demselben prinzip kann man z. b. den exspiratorischen accent der finnischen sprache unbezeichnet lassen, da sein sitz fest ist, und ihn z. b. im wotjakischen nur dann bezeichnen, wenn der stärkste nachdruck nicht auf der letzten silbe ruht.

Ich glaube daher, dass dieses prinzip, das auch im folgenden immer im auge zu behalten ist, vernünftig angewandt, zu einem teil der grossen vielfältigkeit und der daraus entspringenden schwerlesbarkeit entgegenwirken könnte, welche die schattenseiten der neuzeitlichen genauen transskriptionen sind.

2. Die phonetische transskription hat die einzellaute zu bezeichnen und, so oft es nötig wird, auch das relative mass der stärke, stimmhöhe und sprechdauer. Die lautübergänge werden nur dann bezeichnet, „wenn sie weder auf kürzestem wege, noch mit [ 44 ]geringstem kraftaufwand, noch in normaler zeit bewirkt werden“[28]:

Bezüglich des begriffs „laut“ ist das obige zu beachten; unter dem althergebrachten namen „laut“ verstehen wir hier auch die lautlosen momente, die in gewissen fällen mit den hörbaren lauten gleichwertig sind, d. h. das, was einige phonetiker „sprachelemente“ haben nennen wollen (also: „die stationen der lautung“, Techmer a. a. o.).

3. Für jeden laut in einer gegebenen sprachgemeinschaft ein bestimmter, und nur dieser eine buchstabe.

Diese grundregel einer jeden phonetischen schreibweise braucht wohl nicht weiter motiviert zu werden, aus ihr aber sind auch die konsequenzen zu ziehen. Darnach sollen also nicht zwei laute mit einem buchstaben wiedergegeben werden, daher z. b. die zeichen c = t+s, č = ť+š́ oder t+š, ʒ = d + z oder d + s zu verwerfen sind. Ebenso darf durch zwei gleichwertig nebeneinander gestellte buchstaben („digraphen“) nicht ein laut bezeichnet werden (z. b. nicht gh = γ u. ä).

4. Jedes zeichen (buchstabe, nebenzeichen) soll nur für einen bestimmten zweck verwandt werden.

Darnach kann man also nicht gutheissen, dass z. b. das zeichen ˚ in den einen fällen zur andeutung der labialisierung (z. b. å, ), in anderen aber ganz entgegengesetzt für laute, die unter zurückziehung der lippen (und auch der zunge) gebildet werden, verwandt wird (, ). Vgl. andere beispiele oben.

5. Als hauptmaterial des transskriptionsalphabets dienen die kleinen buchstaben der lateinischen kursivschrift. Da diese bei weitem nicht ausreichen, entlehnt man buchstaben aus anderen alphabeten oder schriftarten, oder bildet neue durch umkehrung oder beschneidung der lateinischen lettern, oder verwendet nebenzeichen, die womöglich in symbolischem zusammenhang mit dem stehen, was sie bezeichnen, und (nach grundsatz 4) immer gleichwertig sein sollen. [ 45 ]Dabei hat man möglichst systematisch zu verfahren, zugleich aber weder von dem hergebrachten unnötig abzuweichen noch die rücksicht auf die druckerei ausser acht zu lassen.

Dass das lateinische alphabet als das meist bekannte der transskription zu grunde zu legen ist, bedarf keiner weiteren motivierung; ebenso ist es auch allgemein geworden die kursivschrift zu gebrauchen, die sich passend von der gewöhnlichen aufrechtstehenden schrift abhebt. Wie aber weitere nötige zeichen zu formen sind, darüber sind die ansichten weit auseinandergegangen. Die hauptmeinungsverschiedenheit hat die frage betroffen, ob die neuen zeichen hauptsächlich durch diakritische zeichen zu formen sind, oder ob zu ihrer formung (symbolische) beistriche zu verwenden sind, die an die grenzstriche des buchstabens selbst anschliessen. Zu gunsten der letzteren art, die am vollständigsten in J. A. Lundell’s „Svenska landsmålsalfabetet“ durchgeführt ist, kann geltend gemacht werden: 1) dass dadurch die einheit des schriftcharakters besser gewahrt wird; 2) dass, da man für die mit diakritischen zeichen versehenen buchstaben, wenigstens wenn sie mehr gebraucht werden, neue typen giessen lassen muss, man ebenso leicht ganz neue zeichen anfertigen lassen kann, welche den vorteil haben, dass die verschiedenen teile der type nicht während des drucks abbrechen, wie es häufig bei den mit diakritischen zeichen versehenen typen geschieht. Auf der andern seite könnte man aber gegen dieses system hervorheben: 1) dass die zeichen durch die modifizierenden linien leicht zu verschnörkelt werden (z. b. die zeichen ?, , , ?, ? des Landsmålsalfabet’s), wogegen die diakritischen zeichen nicht im selben masse das aussehen der grundtype verdunkeln; 2) dass man gezwungen ist für die kleinste modifikation eine neue schrifttype giessen zu lassen, wogegen man mit diakritischen zeichen versehene buchstaben meistenteils durch „bauen“ (durch unter- und überlegen) formen kann; dieses mittel kann besonders anwendung finden, wenn ein zeichen sehr selten (zur erklärung oder als citat) nötig würde. Die letzterwähnten gründe würden — ungeachtet des schönen systems des Landsmålsalfabet’s — doch unbedingt der verwendung diakritischer zeichen den vorzug zuerteilen. [ 46 ]Da jedoch auch die anschaffung oder das „bauen“ der mit diakritischen nebenzeichen versehenen typen der buchdruckerei schwierigkeiten bereitet, so dürfte es geboten sein auch andere mittel zu versuchen. Zunächst giebt es in den meisten druckereien buchstaben aus anderen alphabeten (aus dem griechischen, russischen), mit denen das alphabet füglich zu bereichern ist (z. b. griech. γ, χ — russ. etc.). Auch vom lateinischen alphabet giebt es verschiedene arten, von denen sich besonders die kapitälchen (in der hohe der kleinen, aus der zeile nicht hervortretenden buchstaben) für bestimmte zwecke eignen; dagegen ist meiner ansicht nach die verwendung der gewöhnlichen (stehenden) antiqualettern unter kursivbuchstaben nicht absolut zu empfehlen da sie mit diesen gemischt schwer zu schreiben sind und auch im druck nicht angenehm berühren. Zur bereicherung des buchstabenvorrates kann man auch auf den kopf gestellte lateinische buchstaben verwenden (z. b. ə, ɒ etc.) sowie die auch bei Techmer anzutreffende beschneidung der buchstabenzeichen (z. b. oder ), obgleich man dieses mittel nicht in grösserer ausdehnung anwenden sollte, und es auch für den setzer nicht gerade bequem ist. Ich werde nun darthun, wie wir uns dieses system auf die einzelnen fälle angewandt gedacht haben.

2. Die buchstaben der kleinen lateinischen kursivschrift.

Von den kleinen buchstaben der lateinischen kursivschrift werden die folgenden gebraucht:

a ä b d e f g h i j k l m n o ö p r s t u ü v z.

Von ihren lautwerten wollen wir nur folgendes sagen:

  1. dass j spirantisch (nicht halbvokal) ist;
  2. dass z ein stimmhaftes s bezeichnet;
  3. dass k t p unaspiriert sind;
  4. dass a ein sog. „reines“ (italienisches) a ist;
  5. dass ä ein „breites ä“, wie im schwedischen vor r, darstellt;
  6. dass man mit e i o ö u ü, wenn nicht das gegenteil hervorgehoben ist, ziemlich offene („wide“) varianten der betreffenden laute bezeichnet. [ 47 ]7) dass h einen laryngalen schall, dem sich ein schwächeres oder stärkeres diffuses reibegeräusch im ansatzrohr zugesellt, bezeichnet; der betreffende laut ist gewöhnlich stimmlos, scheint aber zwischen stimmhaften lauten auch mit stimmton ausgesprochen zu werden[29];

3. Entlehnte buchstaben.

Aus anderen alphabeten und schriftarten entlehnte buchstaben sind:

1) Kapitälchen (siehe oben s. 36), durch welche das fehlen des stimmtons eines gewöhnlich stimmhaften lautes bezeichnet wird, wie ʙ ᴅ ɢ ʟ ᴍ ɴ ʀ ᴠ ᴢ ᴀ ᴇ Ɪ u. s. w. (z. b. est. tuʙà ’stube’, estS. külähɴ ’in dem dorfe’, fi. tännᴇ ’hierher’).

Bemerkung. Den unterschied zwischen einem stimmlosen und stimmhaften h braucht man wohl nicht zu bezeichnen (wenn es nötig wird, kann man den stimmlosen laut ʜ, den stimmhaften hingegen h schreiben).

2) Griechische buchstaben:

a) Buchstaben mit ungefähr demselben lautwert wie im neugriechischen:

β = der stimmhafte labiale spirant.
φ = der entsprechende stimmlose spirant.
δ = der stimmhafte dentale spirant (engl. stimmhaftes th).
ϑ = der entsprechende stimmlose spirant (engl. stimmloses th.).
γ = der stimmhafte (medio-, prä-)palatale spirant.
χ = der entsprechende stimmlose spirant.

b) Griechische buchstaben zur bezeichnung einiger lautvarianten:

ɛ = ein offener e-laut (zwischen ä und , wird statt eines „beschnittenen“ e gebraucht, siehe unten abteil. 5. s. 39), z. b. wotj. o·stɛ inmarɛ ’mein gott’.
[ 48 ]
α = das „dunkle“ a im lappischen (Friis, Qvigstad â, Qvigstad a antiqua); diese bezeichnungsweise könnte wenigstens vorläufig, bis die natur dieses schwer aufzufassenden vokals näher bestimmt ist, gebraucht werden.
ω = schwed. o in bo, ro (statt. , vgl. unten 7. 4), s. 40).
ρ = uvulares r; der entsprechende stimmlose laut könnte durch bezeichnet werden.

c) Ohne jede rücksicht auf den griechischen lautwert, teils auf grund der äusseren formenähnlichkeit werden verwandt:

η (ŋ) als zeichen für den palatalen („gutturalen“) nasal (der entsprechende stimmlose laut kann durch wiedergegeben werden).
ψ als zeichen für den labialen zitterlaut; der entsprechende stimmlose laut wird durch bezeichnet.

3) Andere entlehnte buchstaben.

russ. = „dickes“ („gutturales“) russ. ᴫ. russ. = ungerolltes r. czech. š ž = zeichen für bekannte alveolare zischlaute (mit rinnenbildung der zunge). deutsch. ü wie im deutschen (im fi. etwas offener, vgl. oben 1. 6) s. 36). nord. ð = alveolarer tremulant mit einem schlag, z. b. fi. paðan ’des topfes’. schwed. å = labialisiertes a.

4) Zifferzeichen.

= kollektivzeichen für jeglichen stimmhaften vokal („mundoffnungslaut“), den man in dem betr. falle nicht bestimmen will oder kann, z. b. fi. < kaksi < fiugr. *kᴈktᴈ.
? = kollektivzeichen für jeglichen hinteren stimmhaften vokal, z. b. fi. pato ’damm’ < fiugr. *p?δ?.
? = kollektivzeichen für jeglichen vorderen stimmhaften vokal, z. b. fi. vesi ’wasser’ < fiugr. *v?t?.

4. Durch umkehrung hergestellte buchstaben.

1) Durch umkehrung von m bildet man mit rücksicht auf die äussere form des in der weise hergestellten buchstaben ? = schwed. oder norw. u in hus. [ 49 ]2) Durch umkehrung der vokalzeichen stellt man zeichen für „indifferente“ oder in einer oder anderer hinsicht unvollkommene vokale her. So bedeuten z. b. die zeichen i ə ɒ ə̑ ᴉ̑ die unvollkommen artikulierten varianten der vokale, welche mit den zeichen i e a e̮ i̮ bezeichnet werden (über und siehe unten 7. 7), s. 40).

3) Durch umkehrung von c erhält man = kollektivzeichen für jeglichen stimmlosen vokal.

5. Durch beschneidung hergestellte buchstaben.

Durch beschneidung werden folgende buchstaben geformt:

= ein offener o-laut.
ᴖ̈ = ein offener ö-laut.

Statt eines beschnittenen e wird das der form nach ähnliche ɛ verwendet (siehe oben 3. 2) b), s. 37).

6. Apostrophen- und aspirationszeichen.

ʾ bezeichnet den starken laryngalen klusil (explosiva) im südestnischen (z. b. tule̮ʾ ’komm’) und einen ebensolchen schwächeren laut im finnischen (z. b. annaʾ olla ’lass sein’). Dasselbe zeichen oder lieber ein gewöhnliches apostrophenzeichen (ʼ) wird zur bezeichnung des sog. stosstons (= laryngaler schluss immitten des stimmtons) verwandt, z. b. liv. må?ʼ ’nieder’ (eig. må?ʼ?), sowie auch zur bezeichnung des festen ein- bezw. absatzes, wenn es vonnöten ist diesen zu bezeichnen.
ʿ bezeichnet den gehauchten ein- bezw. absatz, kann aber auch als kollektivbezeichnung des stimmlosen lautübergangs zwischen konsonanten gebraucht werden, z. b. lpLul. olʿkūlt ’auswendig’ (= olᴸkūlt, vgl. 9. 1), s. 43). — Die aspirierten klusilen werden kʿ tʿ pʿ bezeichnet.

7. Nebenzeichen zur herstellung neuer buchstaben.

Nebenzeichen werden teils unterhalb, teils oberhalb der buchstaben, wo aber die zusammengesetzten typen nicht vorhanden sind oder durch unter- resp. überlegen nicht her[ 50 ]
gestellt werden konnen, teils unten rechts, teils oben rechts von den lettern verwandt. Die nebenzeichen sind folgende:
1) bezeichnet, das der betr. laut während der inspiration erzeugt wird z. b. i̯↓ā↓ ’ja’.
2) ˿ bezeichnet schnalzlaute (die mit einsaugen der luft in die mundhöhle gebildet werden), z. b. p˿.
3) ˷ bezeichnet, dass der betreffende laut naso-oral („nasaliert“) ist, z. b. , (fi. isä̰ hattu ’der hut des vaters’).
4) ˱ bedeutet, dass die artikulationsstelle relativ mehr nach hinten in der betreffenden zone liegt, z. b. , , u. s. w. (fi. ke͔lta ’gelb’).
˲ bedeutet, dass die artikulationsstelle relativ mehr nach vorn in der betreffenden zone liegt, z. b. , , u. s. w. (fi. k͕e͕ltä ’von wem’).
5) ˯ der artikulationsgrad ist offener (die zunge, bezw. die unterlippe etwas mehr nach unten) als gewöhnlich, z. b. . Statt dessen kann in gewissen fällen der bequemlichkeit halber die offenschneidung (siehe oben 5. s. 39) gebraucht werden, z. b. = , ᴖ̈ = ö̬.
˰ der artikulationsgrad ist geschlossener (die zunge, bezw. die unterlippe mehr nach oben) als gewöhnlich, z. b. ö̭; durch (ʜ̭) könnte der finn. silbenauslautende h mit stärkerem mundgeräusch (mit etwas gehobenem zungenrücken ausgesprochen) wiedergegeben werden, wenn man diese nuance besonders bezeichnen will. Statt dieses nebenzeichens kann in gewissen fällen der bequemlichkeit halber auch
˙ über den vokalzeichen verwendet werden, z. b. ȯ = , ė = .
6) ˊ über, bezw. oben rechts von den lettern bezeichnet die „palatalisierung“ oder „mouillierung“ der konsonanten, z. b. ń, ŕ, ś, , , , ĺ, .
7)  ̮ bezeichnet die zurückziehung der zunge nebst zurückziehung der lippen, z. b. a, (= est. õ), (= ein laut, zu dem russ. ы nahe steht ohne jedoch diphthongisch der sein).
 ̣ bezeichnet die höchste kakuminalstelle, z. b. , , ṣ̌ , ẓ̌.
[ 51 ]

8. Übersicht der einzellaute.

a. Die konsonanten (mundengeschlusslaute).

Schluss- Enge- Seiten- Zitter- Nasen- Schnalz-laute
Labiale bilabiale p ʙ b φ β ψ m p˿ b˿
dentilabiale ʙ͔ f v ᴍ͔
mouillierte labiale ʙʹ ᴍʹ ḿ
Dentale post-(inter-)dentale ᴅ͕ ϑ δ ᴢ͕ ʟ͕ ɴ͕
alveolare t d s z š ž ʟ l ʀ r ð ɴ n t˿ d˿
postalveolare ᴅ͔ ᴢ͔ š͔ ž͔ ʟ͔ ʀ͔ ɴ͔
kakuminale ᴅ̣ ṣ̌ ẓ̌ ʟ̣ ɴ̣
dentipalatale (mouillierte) ᴅʹ ś ᴢ́ ź š́ ž́ ʀʹ ɴʹ ń
Palatale präpalatale

(mouillierte, bezw. anteriores)

ɢʹ χʹ j (= γʹ) ᴎʹ ŋʹ
präpalatale (posteriores) ɢ͕ χ͕ γ͕ ᴎ͕ ŋ͕
mediopalatale k ɢ g χ γ ŋ k˿ g˿
postpalatale ɢ͔ χ͔ γ͔ ( = lᵤ) ᴎ͔ ŋ͔
uvulare ρ
Laryngale ʾ h
ʼ ʿ
[ 52 ]

b. Die vokale (mundöffnungslaute).

(Vgl. Techmer, Internationale Zeitschrift IV 116).

Die zunge
zurückgezogen vorwärts
1 2 3 4 4 3 2 1 zurückgezogen Die lippen

i
1
ė̮ ė
e
2
ɛ̮ ɛ 3
a ä
ȧ
4
(ᴉ̑) (ə̑) (ɒ) a (ə) ()
å ä₀ 4 vorwärts mit rundung
ᴖ̈ ᴖ͕̈ 3
o o
ȯ
ö
ö̭
2
ω u
ɯ ü
ṷ̈
1

Bemerkung. Die ziffern bezeichnen die relative grösse der artikulationsöffnung: 1 = Techmer’s apertura minima, 2 = a. minor, 3 = a. major, 4 a. maxima.

Über ä₀, siehe 9. 2), s. 43.

Dazu kommen:

1) ᴉ ə ɒ ə̑ ᴉ̑ unvollkommen gebildete vokale.

2) ᴀ ᴇ ɪ u. s. w. stimmlose vokale.

3) a̰ ḛ ḭ naso-orale vokale.

4) Kollektivzeichen: 1) ɜ für jeden stimmhaften vokal; 2) ? für jeden stimmhaften hinteren vokal; 3) ? für jeden stimmhaften vorderen vokal; 4) für jeden stimmlosen vokal. [ 53 ]

9. Die kleinen buchstaben über und unter der zeile.

1) Mit kleinen buchstaben über der zeile werden die schwa- oder svarabhakti-vokale und übergangslaute sowie überhaupt die überkurzen laute bezeichnet, z. b. fi. silⁱmä oder silᵉme ’auge’, ai̯ⁱ̯on ’ich habe die absicht’, mord. maᴿta ’mit’, kalᴸt ’fische’, fi. (südwestl.) tännᴱ ’hierher’.

2) Mit kleinen buchstaben unter der zeile wird die nebenartikulation, welche zugleich mit der hauptartikulation stattfindet, bezeichnet; z. b. hₐ, hₑ, hᵢ u. s. w. = h mit resonanzraum von a, e, i u. s. w. tₑ, kᵤ u. s. w. = t, bezw. k mit gleichzeitiger e-, bezw. u-artikulation verbunden.

So auch: ä₀ = labialisiertes ä (ä mit lippenrundung; ä₀: ä = å [= a₀]: a), z. b. weps. t́ä₀u̯ź ’voll’.

š₀ = š mit lippenrundung.

10. Zeichen für die bezeichnung der silbenfunktion, bezw. silbenscheide.

1) ˳ unter dem konsonantenzeichen (dem zeichen für „mundengeschlusslaut“) bedeutet, dass der konsonant („der mundengeschlusslaut“) in sonantischer funktion vorkommt, z. b. liv. kaʼgˋl̥ ’hals’.

 ̯ unter dem vokalzeichen bedeutet, dass der vokal („der mundöffnungslaut“) in konsonantischer funktion vorkommt, z. b. fi. ai̯ka ’zeit’, i̯alka ’fuss’.

(bezeichnet die silbenscheide, z. b. wot. me₍tsässä ’aus dem walde’.

Bemerkung. Ein Konsonant zwischen zwei sonanten wird zur folgenden silbe (fi. poi̯anpojan ’des knaben’) gezogen und von mehreren konsonanten der letzte (fi. simpsukka ’schnecke’); die geminata wird immer auf zwei silben verteilt (lp. koppmōrtit kop₍pmōrtit ’sich bücken’). Nur die ausnahmen werden bezeichnet (fi. kau̯an = kau̯u̯an 'lange’, wot. me₍tsässä).

11. Sprechtaktbildung, bezw. worttrennung.

Auf grund praktischer rücksichten werden die verschiedenen wörter getrennt geschrieben. Will man jedoch die nahe [ 54 ]lautliche zusammengehörigkeit der wörter bezeichnen, so verwendet man dafür das zeichen — zwischen den buchstabengruppen, die den wörtern entsprechen.

Die grenze des sprechtakts wird durch | und die der taktgruppe durch bezeichnet.

Z. b. fi. ei̯—ole | ai̯at ‖ nīnkun—oli | ennen ’die zeiten sind nicht mehr, wie sie früher waren’.

12. Die dauer (quantität).

Die zeichen für die quantität werden oberhalb der zeile und oberhalb, bezw. oben rechts von den lettern gestellt. Diese zeichen sind folgende:

˘ kurz (gew. unbezeichnet).

ˋ halblang.

ˉ lang.

ˆ überlang.

Beim gebrauch dieser zeichen ist das prinzip der gegensätzlichen verwendung besonders zu beachten. So darf man z. b. im finnischen die quantität des silbenauslautenden konsonanten unbezeichnet lassen. weil derselbe immer halblang ist (z. b. fi. ilma statt ilˋma); wenn dagegen der silbenauslautende konsonant im finnischen ausnahmsweise kurz ist, muss hier die kürze, welche überhaupt unbezeichnet bleibt, bezeichnet werden, z. b, fi. dial, part. kan̆nā ’die henne’. Im estnischen, wo der silbenauslautende konsonant sowohl kurz als halblang (bezw. lang) sein kann, ist, wie gewöhnlich, die kürze unbezeichnet zu lassen, die länge aber zu bezeichnen, z. b. ilˋm ’luft’, part. ilˋma, gen. ilmà. — Beispiele für länge und überlänge haben wir z. b. im est. sâma ’erhalten’: sāma-päè̯v.

Die überkurzen laute werden mit kleinen buchstaben über der zeile bezeichnet, siehe oben 9. 1), s. 43.

Die doppelschreibung bedeutet nie einen quantitätsgrad, sondern zeigt an, dass der betreffende laut zu zwei verschiedenen silben gehört, z. b. fi. vāan, gen. von vāka ’wage’, fi. linna ’burg’, est. lin̄ ’stadt’, gen. linnà, part. liǹna, estS. küläˋ ’dorf’, part. külläˋ, illat. külˋlä. [ 55 ]

13. Die stärke (der exspiratorische accent).

Die nebenzeichen für die relative stärke werden hinter den buchstaben, welcher den sonanten der silbe angiebt (rechts in der zeile), gestellt:

· stark („hauptaccent“), z. b. fi. sa·na ’wort’

: mittelstark („nebenaccent“), z. b. fi. sa·noma:ton ’unaussprechlich’.

Schwäche („unbetontheit“) bleibt unbezeichnet.

Die relative stärke der sprechtakte kann durch kleine ziffern über der zeile bezeichnet werden, wobei die kleinere zahl den stärkeren takt andeutet, z. b. fi. |²ei̯—minulla |¹ itsellänikǟn |³ oler—rahā ‖³ sātikka mui̯lle antā ’ich habe selbst kein geld, noch weniger den anderen zu geben’.

14. Die stimmhöhe (der musikalische accent).

1) Weil die höhere stimme gewöhnlich mit der grösseren stärke verbunden ist, bedarf sie in der regel keiner besonderen bezeichnung. Die fallende oder steigende richtung kann durch schiefe striche oberhalb der zeile bezeichnet werden:

? fallend, z. b. fi. kī·tos ’danke’.

? steigend, z. b. f. kīto·s ’danke’.

Wo eine genauere bezeichnung nötig ist, kann man besondere mittel gebrauchen (z. b. solche, die Techner in der Internationalen Ztschr. I 181 beschreibt, sodass man das intervall von der unbezeichnet bleibenden mittleren stimmhöhe durch die arabischen, resp. römischen zahlen bezeichnet), von deren darstellung ich hier absehe, weil die bedürfnisse in den verschiedenen sprachen verschieden sein können.

2) Der musikalische satzaccent wird bezeichnet durch vorgesetzte

? für hohe stimmlage;

? für niedere stimmlage. [ 56 ]Die mittlere stimmlage bleibt unbezeichnet.

? oder ? bezeichnet allgemeine steigerung der stimmhöhe.

? oder ? bezeichnet allmähliches sinken der stimmhöhe.


Dies sind nun die grundzüge unseres vorschlages. Ich habe mehr beabsichtigt die allgemeine richtung und die grundsätze des systems als die einzelheiten, welche sich für die verschiedenen sprache in etwas verschiedener weise gestalten, darzustellen. Ich sehe hier auch von einer detaillierten exemplifikation des systems ab, weil die beste exemplifikation in einzeldarstellungen der phonetik und transskription der verschiedenen finnisch-ugsischen sprachen gegeben wird. Von solchen einzeldarstellungen ist schon ein aufsatz „Zur aussprache des norwegisch-lappischen“ von Konrad Nielsen (dozent der finnischen und lappischen sprache in Kristiania) eingegangen, und ich hoffe, dass wir in der zukunft solchen über das lautsystem verschiedener finnisch-ugrischer sprachen (z, b. des mordwinischen, wotjakischen, ostjakischen, hoffentlich auch des finnischen und ungarischen) entgegenschen können.


Die gröbere transskription (bezw. citatschrift).

Viel feinere unterschiede als oben vorgeschlagen worden, liessen sich natürlich machen, aber für manchen sind wohl schon die hier vorgeschlagenen allzu fein. Ein ganz einfaches system, welches demungeachtet den mannichfaltigen bedürfnissen der erforschung lebendiger mundarten entsprechen könnte, ist ja überhaupt nicht möglich, aber es muss zugestanden werden, dass man in vielen fällen mit einer viel einfacheren transskription auskommen kann. Besonders wäre es ganz verdriesslich, ja [ 57 ]sogar unthunlich, die formen der litteratursprachen mit ihren hergebrachten und ausgeglichenen orthographien, wie auch die von den älteren forschern überlieferten mit einer gröberen transskription aufgezeichneten formen in die feinere bezeichnungsweise umsetzen zu wollen. Man kann also nicht umhin solche formen in hauptsächlicher übereinstimmung mit den quellen selbst zu geben, aber zugleich ist es nötig solche gröber und abweichend bezeichnete formen auch sichtbar von der feineren transskription zu unterscheiden. Weil wir die kursivschrift der feineren transskription allein haben vorbehalten wollen, haben wir für die gröbere transskription eine halbfette (stehende) schrift (corpus egyptienne), welche in der druckerei zu unserer verfügung stand, gewählt. Diese schrift ist vielleicht ein bischen zu schwarz, was buntscheckigkeit hervorrufen könnte, aber diesmal konnte der sache nicht anders entsprochen werden; wenn die geehrten fachgenossen sich entschieden gegen den gebrauch dieser schriftart aussprechen, werden wir massregeln treffen um eine etwas magrere schrift anzuschaffen. Jedenfalls aber bin ich der ansicht, dass man die verschiedenen transskriptionsarten nicht in ein und derselben weise, nur mit kursivschrift, bezeichnen sollte; in einer zeitschrift, die hauptsächlich mit den altüberlieferten schriftsprachen operiert (wie z. b. die Indogermanischen Forschungen), kann dieses angehen, nicht aber hier, wo die meisten belege aus den lebendigen mundarten herbeigeschafft werden müssen.

Die gröbere transskription wird also in folgenden fällen verwandt.

1. Zur bezeichnung der finnischen, estnischen, lappischen und ungarischen schriftsprache und der betr. dialektformen, die in hauptsächlicher übereinstimmung mit den orthographien der schriftsprachen aufgezeichnet worden sind.

Im finnischen ist zu merken: y = ü; j = ; n vor k = η, ng = ηη; doppelschreibung der vokale aa oo u. s. w. bedeutet die länge; = ā, ō u. s. w.

Im estnischen õ = ; g d b = stimmlose mediae (ɢ ᴅ ʙ); k t p sind eigentlich geminaten, von welchen ein sehr kurzer teil zur ersteren silbe gehört; doppelschreibung der vokale wie im finnischen. Abweichend schreiben wir jedoch v [ 58 ](statt w) und bezeichnen, womöglich, auch die mouillierung nach dem Wiedemann’schen muster, z. b. tuulʹ ’wind’, õńń ’glück’; auch z wird je nach den quellen geschrieben.

Im lappischen: æ = ä oder e̯ä, c = ts, č = tʹš́, đ = δ, ʒ = ds, ǯ = dʹš́, ᴅʹš́, ǥ = γ, η = η, š = š, ŧ = ϑ. Dazu kommen noch einige zeichen, die in wissenschaftlichen werken der grösseren genauigkeit wegen (teils schon von Friis, teils von Qvigstad) gebraucht worden sind: â = das „dunkle a“ (ein å-artiger laut ?), ë = ė, „ein etymologisches e, das in gewissen dialekten i ausgesprochen wird“, ö = ə (?), sowie auch ʼ, welches „die länge des vorhergehenden konsonanten oder vokals“ in der starken stufe bezeichnet (z. b. nach der gewöhnlichen orthographic juolgge, nach Friis juölgge, nach Qvigstad juölʹge ’fuss’).

Im ungarischen: a = å, c oder cz = ts, cs = , gy = , ly = , bezw. j; ny = ń, s = š, sz = s, ty = , z = z, zs = ž, á é ó ú í ő ű = ā ē ō ū ī ȫ ǖ. In den dialektaufzeichnungen: ȧ = a, â = å, ë = e, e = ä, ê = ǟ.

2. In den citaten aus den älteren quellen (aus der älteren literatur, aus alten grammatiken und wörterbüchern), welche überhaupt noch gröbere oder wenigstens ungleichmässigere schreibweisen zeigen als die heutigen orthographien der schriftsprachen. Dabei werden natürlich die schreibweisen der quellen diplomatisch genau wiedergegeben.

3. Bei der anführung von formen der verschiedenen nichtliterarischen sprachen nach den (älteren) forschern, die sich einer gröberen transskription bedient haben, also karelisch nach Ahlqvist und Genetz[30], wepsisch nach Lönnrot und Ahlqvist (und Basilier), wotisch nach Ahlqvist (und Mustonen), livisch nach Sjögren und Wiedemann, Inari- od. Enare-lappisch nach Lönnrot und Andelin, mordwinisch nach Ahlqvist, Wiedemann und Budenz-Reguly, tscheremissisch nach Castrén, Wiedemann und Budenz-Reguly, syrjänisch und wotjakisch nach Castrén und Wiedemann, wogulisch nach Hunfalvy-(Budenz-)Reguly und [ 59 ]Ahlqvist, ostjakisch nach Castrén, Hunfalvy und Ahlqvist. Diese transskriptionen stehen ja, was ihre grobheit, bezw, feinheit betrifft, ungefähr auf demselben standpunkt wie die orthographien der schriftsprachen und lassen sich in sehr vielen fällen nicht mit sicherheit in die unsrige umsetzen (man kann z. b. oft nicht genau sagen, ob ein č = ? oder ? oder ?, y = ? oder ? sein soll u. s. w.). Weil jedoch in diesen transskriptionen sehr oft verschiedene bezeichnungen für dieselbe sache vorkommen (z. b. bei einigen č, bei anderen ?), haben wir geglaubt im interesse des lesers zu handeln, wenn wir einige bestimmte bezeichnungsweisen gewählt haben, sodass eine und dieselbe sache, soweit wie möglich, immer nur auf eine weise bezeichnet werden möge. Die buchstaben des in der weise gebildeten gröberen transskriptionsalphabets, die von dem gewöhnlichen lateinischen alphabet entweder in ihrem lautwert oder in ihrer form abweichen, sind folgende:

y (Wiedemann y, liv. ? Lönnrot, ŭ, ù, Andelin y, Ahlqvist ?, Budenz-Reguly ï, Budenz ?) = ?, teils auch ?.

õ (Wiedemann õ und ?, Ahlqvist õ) = ?.

ë (Ahlqvist, Andelin, Budenz-Reguly = ?, viell. auch ?.

c (Castrén und Budenz c) = ts.

č (Hunfalvy und Budenz č, Castrén ?, ć, Lönnrot ?, Ahlqvist ?, Andelin ?, Ahlqvist, Genetz und Mustonen ?) = ?.

ʒ (Castrén und Budenz ʒ, Lönnrot und Andelin z) = dz, ds.

? Budenz ?, Castrén ?, Lönnrot ?, Andelin ?, Ahlqvist und Genetz ?, Donner j) = ?.

Bemerkung. Wenn die quellen ts, , t?, dz, , schreiben, werden diese schreibweisen unverändert beibehalten.

? Castrén ?, Ahlqvist ?, Budenz ?) = die ostj. stimmlose „lateralexplosiva“ (t? oder teilweise viell. nur ? ?).

? (Castrén ?, Budenz ) = die ostj. stimmhafte „lateralexplosiva“ (?).

đ (Lönnrot und Andelin ?) = ?

ŧ (Lönnrot und Andelin ?) = ?.

ǥ {Lönnrot und Andelin ?, Ahlqvist ġ) = γ.

x (Ahlqvist und Castrén x, Hunfalvy ch) = χ. [ 60 ]Bemerkung. Hier können auch die zeichen δ, ?, γ und χ gebraucht werden, obgleich die zeichen đ, ŧ, ǥ (wie im lp.) und x typographisch besser mit den übrigen typen übereinstimmen.

q (Ahlqvist im wogul.) = (k͔ʿ?).

η (Castrén und Andelin η, Lönnrot n?, Ahlqvist, Genetz und Basilier ṅ, Budenz ñ) = η.

z = z.

š ž (allgem. š ž, Castrén sʾ zʾ, ś ź, Lönnrot sʾ, Andelin s̀, Wiedemann anfangs sch sh) = š ž.

ĺ ŕ ń ś ź u. a. mit dem mouillierungszeichen versehene buchstaben = ĺ ŕ ń ś ź u. s. w. der feineren transskription.

4. Bei der anführung von formen nach den mit russischen lettern geschriebenen quellen. Dabei werden überhaupt die oben angeführten bezeichnungsmittel verwandt (z. b. c = ц, č = ч, z = з, ž = ж, y = ы, ´ = ь; я, ю, е, э werden je nach dem, was man sonst von der schreibweise der betr. arbeiten weiss, entweder durch ´a ´u ´e e oder durch ä ü e ö (õ) wiedergegeben).

5. Bei der anführung von citaten aus sprachen, die anderen sprachgebieten angehören, welche citate überhaupt nach den in der schreibung dieser sprachen altbewährten weisen mitgeteilt werden. Was besonders die umschreibung slavischer wörter betrifft, gebraucht man die gewöhnliche slavische transskription (welche eine umschreibung der slawischen buchstaben, nicht aber transskription der slavischen laute ist[31]).

In allen übrigen fällen verwendet man, so weit wie möglich, die feinere transskription, so auch z. b. in den erschlossenen formen, wenn es nur möglich ist, z. b. fi. seison ’ich stehe’ < *śańśom. Die den werken neuerer forscher, die ebenso feine oder vielleicht sogar feinere unterschiede machen als unsere transskription, entnommenen formen werden, wo es sich mit sicherheit bewerkstelligen lässt, in unsere feinere transskription umgesetzt. Allerdings kommen auch solche fälle vor, wo man sich eine umsetzung (entweder in die feinere oder in die gröbere transskription) nicht auszüführen getraut [ 61 ]
oder wo an sonst die schreibweise des citierten verfassers unverändert geben will. In solchen fällen führt man natürlich die schreibweise des betr. verfassers nach seiner eigenen transskription (auch der schriftart: kursiv, antiqua u. s. w. nach) ganz genau an; um missverständnissen vorzubeugen. setzt man jedoch ein † vor die citierte form, um anzudeuten, dass das betreffende citat eine schreibweise enthält, die weder unserer feineren noch der gröberen transskription angehört[32].

Diese vorschläge zur typographischen anordnung der transskription will die redaktion vorläufig in der praxis durchführen. Die mitarbeiter, die aus triftigen gründen eine abweichende schreibweise gebrauchen vollen, werden gebeten dieses am eingange des betreffenden artikels besonders zu bemerken und die von ihnen gebrauchte transskription durch einen schlüssel zur unsrigen in beziehung zu setzen.

Behufs der einheit der äusseren anordnung der manuskripte, wollen wir folgendes hinzufügen. Der laufende text unserer zeitschrift wird in gewöhnlicher (stehender) lateinischer schrift[33] gedruckt, welche zur auszeichnung mit spatium oder in kapitälchen (bei anführung von verfassernamen) gesetzt wird; die transskriptionen werden, wie schon gesagt, die feinere in kursivschrift, die gröbere in halbfetten lettern gesetzt. In der schrift des manuskripts wolle man

spatium durch                            
kapitälchen durch                            
gröbere transskription durch                            
feinere transskription durch                            
andeuten.
[ 62 ]Schliesslich will ich noch bitten, dass die geehrten mitarbeiter und fachgenossen ihre meinung nicht nur über die feinere transskription, worüber ich schon oben um beurteilung gebeten habe, sondern auch über die ganze typographische anordnung unserer zeitschrift aussprechen wollen. Auf grund dieser bemerkungen, der erfahrungen während des laufes der arbeit, sowie auch der bedürfnisse, die sich bei der anwendung des transskriptionssystems auf die verschiedenen sprachen fühlbar machen, wird die redaktion später einen mehr oder weniger veränderten und hoffentlich verbesserten vorschlag erscheinen lassen können.

Helsingfors.

E. N. Setälä.

  1. M. Szilasi, NyK XXVI 494, bei besprechung der »Wotjakischen sprachproben» von Yrjö Wichmann.
  2. Ueber den grammatischen Bau der Sürjänischen Sprache mit Rücksicht auf die Finnische. Mém. de l’Acad. Imp. des Sciences à St. Pétersbourg, VI Sér. T. I 149 (1830).
  3. Über die finnische Bevölkerung des St. Petersburgischen Gouvernements u. s. w. Mém. de l’Acad. Imp. des Sc. VI Sér. T. TI 150 ff (1833) = Gesammelte Schriften I 563 ff.
  4. Der kürze wegen anticipier eich bei den erklärungen das später vorzuschlagende transkriptionssystem.
  5. Die form des hakens über dem buchstaben ist eine etwas abweichende (? ähnlich); diese typen besitzt unsere druckerei jedoch nicht.
  6. Diese schreibweise wollte Rask auch für das finnische eingeführt wissen; besonders forderte er den lexikographen Gustav Renvall auf, sich ihrer zu bedienen, wie man aus Renvall’s briefen an Rask schliessen kann, veröffentlicht in Suomi II 1 223 ff., siehe besonders s. 226, 228; 233.
  7. S. Qvigstad und Wiklund, Bibliographie der lappischen litteratur 82 N. 15; Stockfleth, Dagbog over mine Missionsreiser i Finmarken 108.
  8. Stockfleth’s briefe an Rask (aus den jahren 1825—32) werden in der universitätsbibliothek in Kopenhagen aufbewahrt, wo der unterzeichnete sie sich hat kopieren lassen.
  9. Meélanges russes I 160 (s. bes. 173—174) = Bulletin hist.-phil. T. VII, nr. 1—5. Von seinen zeichen seien erwähnt z, s, z, c wie bei Rask und Castrén, é = geschlossenes franz. e, æ = breites ä, für ? findet sich ein besonderes zeichen, welches n ähnelt. Das zeichen für vokallänge war ^.
  10. Sieh oben s. 17.
  11. Грамматика зырянскаго языка, 1850; Зырянско-русскiй и русско-зырянскiй словарь, 1850.
  12. Опытъ грамматики пермяцкаго языка, 1860; Пермяцко-русскiи и русско-пермяцкiй словарь, 1869.
  13. Зырянскій край, 1889.
  14. Weske hat es verwandt in seinem werke »Изслѣдованія о нарѣчіяхъ черемисскаго языка» (»Untersuchungen über die dialekte des tscheremissischen») (Исвѣстія Общества Археологіи, Исторіи и Этнографіи VII, 1889) und in »Славяно-финскія культурныя отношенія по даннымъ языка» (»Slavisch-finnische kulturelle beziehungen auf grund sprachlicher thatsachen», ibid. VIII, 1890); er hat zu den russischen buchstaben hinzugefügt ы = est. õ, ӹ, у (zwischen u und o); ы, ӹ gebraucht auch Troickij in seinem Черемисско-русскій словарь, 1895, und für ? hat er eine verbindung aus н und г, welche auch in den schriften der russischen mission auf die empfehlung von Nikolai Il'minskij (siehe Изъ переписки по вопросу о примѣненіи русскаго алфавита къ иноподческимъ ясыкатъ, 1889, S. 13) vorkommt.
  15. Vorwort von A. Schiefner zu dem »Versuch einer ostjakischen Sprachlehre», zweite verbesserte auflage, 1858.
  16. Lönnrot sagt z. b. in »Om det nordtschudiska språket» s. 32: »Steht das harte l unmittelbar hinter dem vokal der ersten silbe und folgt ihm ein anderer konsonant, so wird es wie v ausgesprochen, z. b. in: sildane, ’brücke’ . . . olda, ’sein’ . . ., welche ungefähr wie sivdane, ovda . . . klingen. Ist der vorhergehende vokal ein a oder e, so geht dieser in und ö über, weshalb die worte valgtus ’weisse’ . . . peld ’acker’ . . . sich wie vovgtus . . . pövd . . . anhören und gewiss auch so geschrieben werden müssten wollte man nicht auf ihren ursprung rücksicht nehmen». Für eine anschauungsweise derselben art könnte man auch aus Ahlqvist’s werken beispiele aufzeigen (z. b. in seiner »Votisk grammatik» 1856, »Anteckningar i Nord-Tschudiskan», 1859), und derselben ist er augenscheinlich einigermassen bis zuletzt treu geblieben, wie man auch z. b. aus dem verhältnis zwischen seinem »Wogulischen Wörterverzeichnis» (vom verfasser fertiggestellt, aber erst nach seinem tode 1891 erschienen) und seinen primäraufzeichnungen schliessen kann.
  17. Schon früher haben Ahlqvist und Wiedemann das »Standard alphabet» in ihren kleineren schriften verwandt (Ahlqvist, Eine kurze Nachricht über das Wogulische, Bull. hist. phil. XVI nr. 1, 2 s. 25 ff. = Mélanges russes IV 623; Wiedemann, Ueber die livische Sprache und ihr Verhältniss zu der Ehstnischen, Bull. hist.-phil. t. XVI nr. 13, 14, 15, 16 s. 193 ff., 1859 = Mélangés russes IV 675).
  18. Ahlqvist behielt die meisten von ihm verwandten zeichen in seinen späteren veröffentlichungen bei (ausser y = j, und i, wofür i eintrat). Von den zeichen, die er anwandte, seien ausser den genannten noch erwähnt h (nach dem »Standard alphabet») = x (später gebrauchte er statt dessen x), ġ = g, q = wog. postpalatales (aspiriertes ?) k und l = ostj. lateralexplosiva. — In seinen späteren werken (über das mordwinische, syrjänische und wotjakische) schliesst sich Wiedemann nicht so genau dem »Standard alphabet» an, wie in der »Livischen Grammatik» (z. b. ä, ö).
  19. Von diesen zeichen gehören č, x, g, d, ǰ dem »Standard alphabet» (2:te aufl.) an.
  20. Z. b. Kállay, Finn-magyar nyelv (1844): fi. szilme ?: silmä (daneben jedoch mord. sodan ’ich weiss’). So auch Hunfalvy, A török, magyar és finn szók egybehasonlítása, 1855 (= »Vergleichung der türkischen, magyarischen und finnischen wörter«): mord. szälme ?: sälme ’auge’, und in der zeitschrift »Magyar nyelvészet» (»Ungarische sprachwissenschaft») z. b. mord. szädo ?: śado ’hundert’ syrj. dasz ?: das ’zehn’ mord. kämencze pel ?: kämentse pel', lp. accsam ?: aččam ’mein vater’ (in dem aufsatz »A’ mordvin nyelvrül» = »Über die mordwinische sprache», MNyelvészet II 290 ff., 1856); ebenso wird in dem aufsatze »Osztják nyelv» (= »Die ostjakische sprache», MNyelvészet IV 142 ff.) s = š, sz = s, ly = l', ny = ń, ty = t', cz = ts, cs = , t'š' geschrieben.
  21. Als material des transskriptionsalphabets wurde in den älteren werken meistenteils die aufrecht stehende antiquaschrift (bisweilen fraktura, siehe oben) angewandt. Seit den wörterbüchern von Budenz und Donner wurde die kursivschrift immer allgemeiner.
  22. Jemtlandi lapp nyelv 4 = NyK XX 76.
  23. Pite lappmarki szótár és nyelvtan s. IV.
  24. Daneben bisweilen auch c ohne weitere bemerkung über die aussprache, z. b. cük-, cükal-, VSz 324.
  25. Joh. Storm’s abhandlung war für die zeitschrift »Norvegia, Tidskrift för det norske Folks Maal og Minder, udgivet af Foreningen for norske Dialekter og Traditioner ved Moltke Moe og Joh. Storm», verfasst, von der 132 seiten gedruckt sind, die aber nie angefangen hat zu erscheinen noch im buchhandel zu haben ist. Als beilage zur »Norvegia» war gedacht Joh. Storm’s »Kortere Ordliste med Forklaring af Lydskriften», welche weiter verbreitet ist.
  26. Göteborgs Kongl. Vetenskaps och Vitterhets Samhälles Handlingar, Ny tidsföljd, 25 häftet, in Stockholm gedruckt.
  27. Der erste teil der ÄH war eine konkurrenzarbeit, die zu einem bestimmten termin erscheinen musste, weshalb das system in mancher beziehung halbfertig blieb.
  28. Techmer, Internationale Zeitschrift 1 172.
  29. Siehe Pipping, Zur Phonetik der finnischen Sprache 224.
  30. D. h. nach den arbeiten »Tutkimus Venäjän Karjalan kielestä» und »Tutkimus Aunuksen kielestä», wo eine etwas gröbere transskriptionsweise, in naher übereinstimmung mit der orthographie der fi. schriftsprache (jedoch natürlich mit zusatz von verschiedenen buchstaben), gebraucht worden ist.
  31. Diese transskriptionsmethode wird auch in den slav. namen und in den ortsnamen, die nicht für lehnwörter anzusehen sind, verwandt.
  32. Dagegen deutet das † keine reservation gegen die treue der wiedergabe an.
  33. Die deutsche orthographie nach Duden, Vollständiges orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 1900, mit der ausnahme, dass die hauptwörter nicht mit grossen anfangsbuchstaben geschrieben werden.