Histoire des Alpes - Storia delle Alpi - Geschichte der Alpen (1997)/06

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Histoire des Alpes - Storia delle Alpi - Geschichte der Alpen  (1997)  by T. Cevc
Die Volkskultur in den slowenischen Alpen
source: Index:Labi 1997.djvu

[ 91 ] DIE VOLKSKULTUR IN DEN SLOWENISCHEN ALPEN


Tone Cevc


Résumé


La culture populaire dans les Alpes de Slovénie


La présente contribution propose un survol des formes traditionnelles de l’économie agricole et artisanale, de l’habitat, de l’alimentation et de l’habillement, de même que de la sociabilité et de l’art populaire dans les Alpes de Slovénie. Une attention particulière est vouée à l’architecture rurale: habitations de bergers et de vachers; habitations paysannes et communs; logis de bûcherons, de charbonniers et d’autres métiers. L’habitat peut être caractérisé en opérant une distinction entre villages (groupements de 40 à 50 maisons), hameaux (10 à 12 maisons) et fermes isolées; l’âge et l’altitude sont deux paramètres qui permettent une interprétation de ces formes d’habitat. L’auteur met en évidence la dimension économique et sociale des pratiques ancrées dans la culture matérielle. Dans les villages par exemple, et à la différence des régions à habitats dispersés, les jeunes hommes se regroupent au sein d’associations qui jouent un rôle important dans la vie publique de la communauté.


BESIEDLUNG UND KULTURELLE ÜBERLIEFERUNG

Die slowenische Alpenwelt hat nicht überall dieselbe Ausprägung, deshalb ist nicht anzunehmen, dass die Kultur in diesem Gebiet einheitlich und das Leben der Menschen in dieser Welt völlig gleich sein könnte. Natürlich wird das Leben der Menschen nicht nur von der geographischen Umwelt geprägt, mitprägend ist auch die jeweilige Überlieferung, die in den Alpen teilweise im Kulturerbe von romanisierten Altsiedlern verankert ist. Die Entwicklung [ 92 ]des slowenischen Gebietes wurde durch den Verlust der politischen Selbständigkeit der Slowenen im 9. Jahrhundert, durch ihre jahrhundertlange politische und wirtschaftliche Abhängigkeit von der deutschen feudalen Obrigkeit und durch die damit bedingte Einbeziehung in den deutschen Kulturraum entscheidend beeinflusst, mit Sicherheit aber auch durch die zahlreichen Naturkatastrophen und Kriege, die das slowenische Territorium immer wieder heimgesucht haben.

Die ältesten archäologischen Funde menschlicher Kulturgüter in der slowenischen Bergwelt gehen etwa 30’000-40’000 Radiokarbonjahre zurück in die ältere Steinzeit. Auch für spätere archäologische Zeitabschnitte (seit der jüngeren Steinzeit) gibt es, insbesondere in Höhlen, Belege, dass der damalige Mensch in unserer Alpenwelt umhergewandert ist.

Danach scheint die Bergwelt während Jahrtausenden keine Siedler gelockt zu haben, nur Jäger. Erst bei der Suche nach Metallen - Kupfer, Zink, Eisen und auch Blei - wurden die Höhenbereiche wieder besiedelt. Bei den neuen Siedlern handelte es sich um Menschen, die Eisen gewannen, sie waren aber zugleich Ackerbauern, Viehzüchter und Handwerker (Weber). Aus verschiedenen eisenzeitlichen Kulturen gibt es Besiedlungsspuren auch in der höheren Bergwelt.

Als die Römer in den letzten Jahrzehnten vor Christi das heutige slowenische Gebiet besetzten, war die Alpenwelt nicht menschenleer. Die romanisierten Altsiedler gewannen Eisen und züchteten Vieh, in den Ebenen betrieben sie auch Ackerbau und Handwerk, die herrschende Schicht bildeten die Bewohner der nahen Städte.

Die Militär- und Verteidigungspolitik des römischen Reiches brachte im Vergleich zu früheren Zeiten eine beträchtliche Verbesserung der Verkehrsverhältnisse mit sich. Auch über die Alpen wurden Übergänge geschaffen.

Entlang der von Aquileia über Hrusica (Ad Pirum) und Nauportas, Emona, Celeia, Poetovio und weiter nach Pannonien führenden Strasse drangen später Siedlungsströme der slawischen Stämme vor, von denen in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts dieses Gebiet allmählich besetzt wurde. Die Zuwanderer - wir wollen sie Alpenslawen nennen - besiedelten von allem Anfang an auch die Bergwelt, und zwar im für den Ackerbau schon von Altsiedlervorgängern gewonnenen Boden.

[ 93 ]VIELFALT DER WIRTSCHAFT - VIELFALT DER SIEDLUNGSFORMEN

Dem Verlauf der Besiedlung ist zu entnehmen, dass nicht nur die Jagd, sondern auch das Weiden von Vieh, der Ackerbau und der Eisenbergbau den Menschen in die Bergwelt geführt haben. Noch heute bildet die Viehzucht, die Haltung von Rindern und Schafen den Grossteil der alpinen Bauernwirtschaft, wofür auch die natürlichen Voraussetzungen gegeben sind: in der Nähe von Dörfern und Siedlungen die Dorfweiden, über den Siedlungen die Hutweiden und noch höher oben die Bergweiden.

Die grosse Bedeutung der Viehzucht in den Alpen kommt auch in der grossen Zahl von Almen zum Ausdruck. Im slowenischen Alpengebiet gab es vor dem zweiten Weltkrieg insgesamt über 530 Almen, die meisten davon in den Julischen Alpen und den Steiner-Sanntaler Alpen, etwas weniger stark vertreten waren sie in den Karawanken. Almen sind in der Bergwelt nicht gleichmässig verteilt, an der Sonnenseite sind sie viel häufiger.

Die Nutzung der Almen wurde auch durch die Siedlungsform beeinflusst. Im Gebiet mit Einödhöfen standen kleine Privatalmen im Vordergrund, im Gebiet mit älteren Dörfern dagegen Gemeinschaftsalmen. Die Almwirtschaft bei solchen Gemeinschaftsalmen wurde von der Weidedorfschaft mit ihren Ausschussmitgliedern und dem Bürgermeister als Vorsitzendem geführt.

Auf die Alm getrieben wurden meist Schafe und Ziegen, seit dem 15. Jahrhundert auch das Rind. Geweidet wurde einige Wochen lang. Wo es in mittlerer Höhe Hutweiden gab, verbrachten die Hirten mit ihrem Vieh vier bis fünf Monate in der Bergwelt, anderswo nur zwei Monate oder noch weniger. Die Hirten lebten in eigens errichteten Hirtenhütten, in Ausnahmefällen - insbesondere in älteren Zeitabschnitten des Mittelalters - auch in Höhlen (Steiner-Sanntaler Alpen).

Die grosse Bedeutung der Bergweide für den Bauern ist schon daraus ersichtlich, dass praktisch das ganze Vieh auf die Alm getrieben wurde (Bohinj). Das Milchvieh wurde zweimal täglich gemolken und die Milch zu Käse, Quark oder Butter verarbeitet. Auf einigen Gemeinschaftsalmen wurde die Milch von spezialisierten Käsern verarbeitet, anderswo von den Hirten, von jedem für sich. Natürlich war der Erlös der Käserei viel grösser, wenn sie gemeinschaftlich betrieben wurde.

Menschen und Vieh benötigen in den Almen Wohnräume: Hütte und Stall. Weil es in den Bergen an Baumaterial, Arbeitskräften und Werkzeug mangelte, wurden die Hütten seit jeher möglichst praktisch und rationell, aber [ 94 ]auch sehr wirtschaftlich errichtet; meist waren Unterkunft und Stall in einem Gebäude zusammengefasst. Allerdings sind die Almhütten nicht in der ganzen slowenischen Bergwelt gleich. Auf Mähderalmen in mittlerer Höhe sind sie anders (die Wohnhütte ist selbständig, Stall und Heuboden sind in einem Gebäude untergebracht), wieder anders sind sie in grösseren Höhen. Die Gebäude von Schafalmen unterscheiden sich von den Gebäuden der «Milchalmen». Es bleibt noch zu klären, ob Form und Bauart nur von wirtschaftlichen Überlegungen bestimmt wurden. Schon die Benennungen der Hütten (stan, bajta, fača, hram, tamar) legen den Schluss nahe, dass überkommene Hüttenformen eigentlich als Folge der kulturellen Überlieferung anzusehen sind.

Die Sennhütte von Bohinj (stan) ist ein vier mal fünf Meter grösser Blockbau, der auf mehreren Ständern steht und anderthalb Meter über den Boden angehoben ist. Im Erdgeschoss ist das Vieh untergebracht. Dieser Stallteil ist entweder offen, der Zwischenraum zwischen den Ständern kann allerdings mit einer Trockenmauer oder mit Brettern geschlossen sein. Eine ungewöhnliche Ovalform haben die Almhütten von Velika planina und der nächsten Umgebung. Von aussen ist diese «Hütte» zeltartig, im Innern verbirgt sich eine rechteckige fensterlose Kammer, während das Vieh im Raum zwischen der Kammer und der Aussenwand untergebracht ist. Im Flussgebiet der Soča ist das Almgebäude (hram) meist ein längeres Holz- oder Steingebäude, das aus Stall, Melkraum und Käserei besteht. Die Hirten schlafen auf dem Dachboden. Etwas anders sind die Hirtenhütten von Tolmin. Meist handelt es sich um niedrige, gemauerte Gebäude mit fast bis zum Boden heruntergezogenem Dach; das Erdgeschoss ist der Stall, unter dem Dach ist der Raum für den Hirten. Den Hirtenhütten von Bohinj sind die Kärntner Almhütten ähnlich; sie sind etwas grösser und der Stall im Erdgeschoss ist gemauert.

Beträchtliche Ähnlichkeit weisen die Hirtenhütten nur in ihrer Inneneinteilung auf: in der Mitte jeder Hütte oder an einer Wand gab es die aus Holz oder rohem Mauerwerk aufgezogene Feuerstelle. Darüber reichten von Wand zu Wand zwei parallel angebrachte Balken. Darauf wurden Brennholz und die Kleidung getrocknet, wenn der Hirte von Regen durchnässt worden war.

Auch kleine Käselaibe wurden auf diesen Balken getrocknet. Von den Balken herunter hing an einer Kette ein Wasserkessel, so dass dem Hirten immer warmes Wasser zur Verfügung stand. Meist hing der Kessel auf einem krummen Pfahl, der an der FeuerStellenumrandung befestigt war. Manchmal wurde das Gefäss auf eine Steinplatte gestellt. Dem Eingang gegenüber stand 94 HISTOIRE DES ALPES - STORIA DELLE ALPI - GESCHICHTE DER ALPEN 1997/2 [ 95 ]meist eine mit Heu oder Fichtenzweigen gefüllte Bettstelle für den Hirten; an die Wand war ein Bord angelehnt, auf dem die Milchgefässe aufbewahrt wurden. Ausserdem gab es ein Lebensmittelschränkchen, manchmal auch eine Bank und einige aus Baumstämmen angefertigte Melkstühle.

Um die Hütten gab es einen Zaun, machmal auch Unterstände fürs Vieh (tamar). Auf Almen von Weidedorfschaften gab es ganze Gruppen solcher Almhütten, eigentlich richtige Hirtendörfer. Das Leben dort richtete sich nach dem Tageslicht; schon früh am Morgen begann für die Hirten die Arbeit mit dem Vieh und erst in der Abenddämmerung gab es die erste Verschnaufpause. Am Abend kamen die Hirten aus mehreren Hütten oft in einer grösseren Hütte zusammen, um ein wenig zu feiern. Oft gesellten sich Holzfäller dazu, Wilderer und Leute aus dem Tal, die auf die Alm gekommen waren, um Butter und Käse abzuholen.

Ganz anders, einsam, lebten die Hirten auf entlegenen kleineren Almen der Einödhöfe in den Steiner-Sanntaler Alpen, wo ein Hirt oft wochenlang allein mit seiner Schafherde lebte.

Kaum sonstwo sind noch so viele traditionelle Merkmale erhalten wie im Leben der Hirten, in ihrer materiellen Kultur und in der Sennereiwirtschaft an sich. Sogar in den Bezeichnungen der Hirten hat sich etwas vom Erbe des Altertums erhalten, zum Beispiel in den Benennungen von Gebäuden und in der Käserei. Es wird wohl auch zutreffen, dass sich in den Bauformen der slowenischen Almhütten - der von Bohinj auf Ständern, der eingeschossigen Kärntner fača und der ovalen Hütte von Velika Planina - eine Spur dieser Überlieferungen erhalten hat.

Die Bereitstellung des Futters galt überall in der Bergwelt als eine der wichtigsten Bauernarbeiten. Wenn die Maiensässgebiete abgelegen waren, blieben die Mäher und die Recherinnen oft tagelang im Berg, denn dort gab es ein Häuschen mit Stall und Heuboden. Das Grasmähen war in der Zwischenkriegszeit (1918-1941) in den Gereuten sehr anstrengend und ermü¬ dend, trotzdem war die Stimmung feierlich. Im Winter wurde dann das Heu aus dem Heuboden mit besonderen Schlitten zu Tal befördert, an manchen Orten wurde es auch von den Frauen in Tragkörben zu Tal getragen. Im Trentatal war die Futterknappheit grösser als anderswo, deshalb suchten die Bauern nach geeigneten Heugeländen auch hoch in Steilhängen; das Heu wurde dann in ein Leintuch gestopft und stundenlang zu Fuss hinuntergetragen und zu Schobern zusammengestellt. Im Winter wurde es dann mit Schlitten zu Tal gebracht.

[ 96 ]Heutzutage dringt das Leben aus den Tälern allmählich auch in die slowenische Bergwelt vor. Dort, wo in der Nähe von Almen Strassen angelegt wurden und wo im Winter die Almhütten für den Fremdenverkehr genutzt werden, sind die Gebäude den neuen Anforderungen angepasst worden. Die Bergweiden veröden, die Almen verwildern. Im Vergleich zur Zeit vor dem zweiten Weltkrieg werden die Almen von den Bauern spürbar weniger genutzt; die Zahl der auf den Almen Beschäftigten ging um über die Hälfte zurück, auch die Zahl des Weideviehs nimmt ab. Die Veränderungen auf den Almen wurden durch die Industrialisierung ausgelöst, in deren Gefolge sich junge Arbeitskräfte anders orientiert haben. An manchen Stellen wurde der Rückgang der Viehzucht auch durch das Weideverbot in der Nähe von Wäldern mitbeeinflusst. Ein wesentliches Element bei diesem Rückgang stellt allerdings auch die Veränderung von Verwaltung und Eigentum in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg dar.

Die Viehzucht wird in der Bergwelt durch den Ackerbau ergänzt. Allerdings gibt es in den slowenischen Alpen wenig für den Ackerbau geeignete Flä¬ chen. Angebaut werden Hafer, Weizen, Roggen, Gerste und Buchweizen, an manchen Orten auch Mais, ferner Klee, Kartoffeln und Gemüse (Puffbohnen, Bohnen, Kohl und Möhren). Im 18. Jahrhundert wurden an manchen Orten auch Flachs und Hanf gepflanzt. Der Obstbau war in der Bergwelt schlechter entwickelt, da nicht überall die Voraussetzungen dafür günstig sind. Im Resia-Tal, im Trenta-Tal und im Tal von Bohinj ziehen im Sommer ganze Familien für einige Wochen auf die Maiensässe, wo sie Ackerbau betreiben, während der Grossteil des Viehs auf die Höhenalmen aufgetrieben wird.

Ein einträglicher Wirtschaftszweig ist heute die Forstwirtschaft. Im Berggebiet gibt es meist Nadelwälder. Der Wald ist nicht nur für seinen Besitzer nützlich; mit der Fällung und Holzbringung verdienen sich auch Waldarbeiter ihr Brot. Die Waldarbeit ist verhältnismässig einträglich. Auch Bauernsöhne aus Waldbauernhöfen gingen oft unter die Forstarbeiter und verbesserten ihre Einnahmen damit ganz erheblich. Die Waldarbeit wurde in den letzten Jahren durch Maschinen für die Fällung, Verladung und Rückung bis zu den Waldstrassen erleichtert.

Für das Leben der Waldarbeiter ist heute besser gesorgt als vor vierzig und mehr Jahren, als sie sich wochenlang im Wald aufhielten und nur zum Wochenende für einige Stunden heimgingen. Im Wald gab es in der Nähe der Arbeitsstätte eine Unterkunft - die Holzfällerhütte mit einem einzigen Raum, einer offenen Feuerstelle in der Mitte des Raumes und Liegen, einigen Bänken und [ 97 ]Lebensmittelschränkchen an den Wänden. Wenn sehr weit von dieser Hütte entfernt gearbeitet wurde, bauten sich die Holzfäller eine mit Baumrinde gedeckte Notunterkunft, die auch skorjevka (Rindenhütte) genannt wurde.

Zu den schwereren Waldarbeiten gehörte die Holzrückung aus höhergelegenen Bereichen zu Tal, über Riesen oder auf Flüssen. Vor noch nicht sehr langer Zeit mussten die Waldarbeiter oft hüfthoch im Wasser stehen, um aus den Flüssen die Baumstämme herauszuziehen. Da waren die Flösser schon etwas besser dran; das Holz wurde auf der Savinja und weiter auf der Save an Celje vorbei bis Belgrad und noch weiter mit Flössen befördert. In Quellen ist schon im 15. Jahrhundert von Flössen die Rede. Das letzte Privatfloss beförderte Anfang des zweiten Weltkrieges Holz den Fluss hinunter. In der Mitte des 19. Jahrhunderts war die Flösserei für die Bevölkerung zwischen Ljubno (Laufen) und Gornji grad (Oberburg) der wichtigste Wirtschaftszweig. Der Wald ernährte auch die Köhler. Das Köhlereirecht hatten Hammerwerke zusammen mit dem Bergbaurecht. Die Wälder um die Hammerwerke waren meist für diese reserviert. Einige Köhler hatten ihre Kohlenmeiler in Gereuten in der Nähe ihrer Hütten, andere errichteten Hütten im Wald. Das waren kleinere mit Rinde oder Schindeln gedeckte Blockhütten, die aus einem einzigen Raum bestanden.

Es ist schwer zu beurteilen, welche Bedeutung der Bergbau und die Hammerwerke für den Lebensunterhalt im Alpengebiet hatten. Dieser Wirtschaftszweig begünstigte nicht nur die Ansiedlung und Zuwanderung, sondern beeinflusste das ganze Leben in vielen Orten und Siedlungen in Oberkrain und Kärnten. In geschichtlichen Quellen wird der Abbau von Blei im Mittelalter in Kärnten bei Bleiberg erwähnt, seit der Mitte des 15. Jahrhunderts auch in Raibl im Kanaltal und in Bleiburg bei Villach. Am wichtigsten war die Eisengewinnung. Hammerwerke blühten bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, erlebten dann wegen veralteten Anlagen einen Niedergang, um in der Zeit der Jahrhundertwende modernisiert zu werden. Seitdem war die Eisengewinnung auf die Eisenhütten in Jesenice, Prevalje und in Feistritz im Rosental beschränkt.

Einige Leute verdienten sich ihren Lebensunterhalt mit der Saumfahrt. Auf diese Weise wurden Lasten mit Pferden transportiert, zum Beispiel schwere Saumlasten von Nägeln aus Zelezniki und Bohinj nach Italien. Die Gailtaler beförderten aus Villach nach Triest und Italien Eisenwaren und auf dem Rückweg Weizen, feine Erzeugnisse und Wein, wobei über das Tauerngebirge mit Saumpferden befördert wurde. Auf diesen Wegen gab es [ 98 ]allerdings nicht nur einen Handelsaustausch, sondern auch Kulturkontakte. Die wichtigsten Saumpfade in Oberkrain und im Bereich von Bovec führten über die Sattel Predil, Poljana, Ljubelj (Loibl) und Jezersko (Seeberg). Als es noch keine Strasse nach Solcava gab - diese wurde im Jahre 1894 gebaut - verdienten sich ärmere Frauen aus Solčava (Sulzbach) ihr Brot als Lastträgerinnen. Mit 20-30 kg schweren Lasten in Körben gingen sie aus Solcava nach Eisenkappel. In diese Richtung wurden bäuerliche Erzeugnisse getragen, aus Eisenkappel zurück dann Handelswaren. Die Einwohner von Trenta trugen Käse oder Wolle in Körben an dem Mojstrovka vorbei nach Kranjska gora und von dort zurück Mehl, Salz usw. Die Einwohner von Jezersko trugen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse von Jezersko nach Eisenkappel, die Einwohner des oberen Save-Tales nach Rosental in Kärnten.

Die Bergbewohner konnten sich oft durch eine besondere Signalisierung Wege ersparen. Im Trenta-Tal, im Resia-Tal und vielleicht auch anderswo in der Bergwelt gab es die Sitte, dass an einer bestimmten Stelle ein Leintuch aufgehängt wurde, und der fern von zu Hause weilende Bergbewohner wusste, was er zu tun hatte: entweder nach Hause gehen zum Mittagessen oder bei einem Nachbarn Hilfe holen und ähnliches.

Weil die Bergwelt nicht alle ernähren konnte, wanderten viele aus Bergtälern und -Siedlungen aus oder verdingten sich als Saisonarbeiter. Im Bereich der Julischen Alpen war der Rückgang der Bevölkerung wegen der Auswanderung grösser als im Bereich der Steiner-Sanntaler Alpen und der östlichen Karawanken. Wo die Bevölkerung von der Land- und Forstwirtschaft stärker abhängig war, war die Auswanderung stärker als anderswo, wo noch andere Verdienstquellen in Betracht kamen. Holzfäller suchten in rumänischen und slawonischen Wäldern Arbeit. In der Gegend von Bovec (Flitsch) wanderten die Jüngeren in der Welt herum als Hausierer, was schon in den Quellen des 17. Jahrhunderts erwähnt wurde. Als Hausierer bekannt waren auch die Bewohner des Resia-Tals, was in den Quellen seit dem 16. Jahrhundert erwähnt wird. Im 19. Jahrhundert gingen sie mit kleinen Wagen nach Deutschland und Italien, um dort Geschäfte zu machen. Noch mehr Einwohner des Resia-Tales schulterten eine Rückentrage und verdienten sich ihr Brot auf slowenischem Boden als Messerschleifer und mit der Reparatur von Regenschirmen und Töpfen.

Viele Leute suchten einen Zusatzverdienst in Hausgewerben und Haustätigkeiten. Bevor hausgemachte Stoffe von Industriestoffen verdrängt wurden, gab es in vielen Dörfern Weber und eine Tuchwalze. Stoffe wurden von [ 99 ]Männern und Frauen, Hausherren, Knechten und Inwohnern gewebt. In der Umgebung von Kranj (Krainburg) wurden seit dem 16. Jahrhundert Siebe hergestellt. Fast überall strickte man zu Hause Winter- und Sommerstrümpfe. Zu den besonders wichtigen Dorfhandwerkern gehörten die Böttcher, die Holzgefässe herstellten, wie sie von den Bauern für die Viehzucht benötigt wurden. In Bohinj und Umgebung waren die Hersteller von Schaffeln bekannt. An manchen Orten wurden Schindeln hergestellt. Aus der Hirtenüberlieferung stammt die Herstellung von Holzpfeifen (Gorjuše, Bohinj), die in ganz Krain, Kärnten und auch im Küstenland verkauft wurden. In der Umgebung von Bled waren die Hersteller von Viehglocken bekannt, deren Erzeugnisse auf allen Viehmärkten noch vor dem zweiten Weltkrieg viel gekauft wurden. Der Handel blühte auf Jahrmärkten in Kranjska gora, Kranj, Eisenkappel, Tarvis, Kamnik und anderswo.

Die Hausgewerbe, besonders die Eisenhütten, bahnten den Weg für die Industrie. Grosse Eisenhütten in Jesenice und Ravne, die Fabriken in Lesce, Kropa, Železniki und anderswo führten die alte Eisentradition fort. Der ehemalige landwirtschaftliche Arbeiter wandelte sich zum Industriearbeiter.

Die Schönheiten der Bergwelt werden durch den Fremdenverkehr erschlossen, der dem Alpenmenschen einen zusätzlichen Verdienst bietet, aber auch eine ständige Beschäftigung in vielen Wirtschaftszweigen. Durch den Fremdenverkehr änderte sich das Erscheinungsbild vieler Ortschaften. Landwirtschaftliche Siedlungen wandelten sich zu Fremdenverkehrsorten mit allen Merkmalen des Fremdenverkehrslebens (was besonders für Bled, Bohinj, Kranjska gora, Bovec gilt). Die wirtschaftliche Bedeutung des Fremdenverkehrs ist dort grösser, wo die Landwirtschaft rückständig war und sich jetzt durch den Fremdenverkehr neue Lebensmöglichkeiten öffnen.

SIEDLUNGEN UND GEBÄUDE

Durch die veränderten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse verwischten sich in den letzten Jahrzehnten die Unterschiede zwischen Dorf- und Stadtsiedlungen. Die Gebäude in ländlichen Siedlungen sind heute den Gebäuden am Stadtrand ähnlich, die Grenzen zwischen Stadtsiedlungen und ländlichen Siedlungen werden fliessend.

Um die Merkmale der Architektur im Alpenbereich zu identifizieren, muss man die in der vorindustriellen Zeit entstandenen Siedlungen und Gebäude [ 100 ]betrachten. Damals wurden Gebäude in slowenischen Dörfern, Weilern und Einödhöfen aus zur Verfügung stehenden Naturmaterialien errichtet, in erster Linie aus Holz und Stein. Häuser und Wirtschaftsgebäude wurden von Bauern in Eigenarbeit errichtet, unter Mithilfe von Nachbarn oder Dorfhandwerkern. Vermögendere Bauern holten ab und zu auch Handwerker aus einer nahen Stadt oder Marktsiedlung. Die Fertigkeiten wurden von Generation zu Generation weitergereicht, und durch die Erfahrungen wurde die Gebäudekultur des Gebirgsmenschen angereichert. Nach aussen hin sahen sich die Alpenhäuser ähnlich - wegen ihrer steilen Dächer und Giebel, wegen der Dachdeckung aus Holz oder Stroh, wegen offenen oder geschlossenen Holzgängen, die besonders um Kobarid blumengeschmückt waren, wegen Fensterumrahmungen aus Holz oder Stein mit geschmiedeten Fenstergittern. Im grossen Ganzen wirkten die Alpenhäuser mächtig, besonders im Vergleich mit dem kleineren und bescheideneren pannonischen oder zentralslowenischen Haus.

Die älteren bäuerlichen Siedlungen entstanden an den günstigsten Stellen. Die Siedler wählten Orte, wo alles, was sie fürs Leben und für die Arbeit benötigten, greifbar war, natürlich wurden auch strategische Gesichtspunkte und, vielleicht unbewusst, auch ästhetische mitberücksichtigt.

Am besten geeignet für die Besiedlung waren die Täler und die sonnseitigen Terrassen darüber. Dort entstanden Haufendörfer, in denen sich die Anbauflächen jedes Hofes in Streulage befanden. Solche Haufendörfer waren in Slowenien nicht gross, meist mit 40-50 Häusern. In der höheren Bergwelt, wo es weniger fruchtbaren Boden gibt, entstanden Weiler, kleine geschlossene Siedlungen mit zehn bis zwölf Häusern. Weiler und Haufendörfer stellen die ursprüngliche Siedlungsform im slowenischen Alpenbereich dar. Entstehungsmässig jünger sind Einödhöfe, die vom 13. bis zum 15. Jahrhundert durch Waldrodungen entstanden sind. Einödhöfe befinden sich meist auf Höhen über 1000 m mit dem Grund und Boden in einem Stück.

Wegen wirtschaftlicher Anforderungen waren die Siedlungen der Hammerwerker anders angelegt. Die Häuser dieser Siedlungen sind in den Engtälern von Wildbächen zusammengepfercht (Kropa, Železniki), in der Nähe von Hammerwerken und Schmieden, die Wasser zum Antrieb benötigten.

Die Gebäude in solchen Siedlungen sind zweigeschossig, der Raummangel zwang die Leute, in die Höhe zu bauen. An verkehrsgünstigen Lagen, an Kreuzungen von Wasser- und Landwegen und an strategisch günstigen Lagen entstanden Märkte und Städte. Radovljica (Radmannsdorf), Kranj [ 101 ](Krainburg), Škofja Loka (Bischoflack), Kamnik (Stein) unterschieden sich von den Dorfsiedlungen nicht nur der Grösse nach, sondern noch viel mehr durch die Formen des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens.

Berge und Täler mit Acker, Wald und Bergweiden und besonders mit ihrer Wirtschaft haben das Bauernhaus geprägt. Schon seit dem 16. Jahrhundert gilt beim Bauernhaus im Alpengebiet die Raumtrennung in Wohnräume, Kommunikationsräume und Wirtschaftsräume. Der Grundriss des Alpenhauses ist gewöhnlich dreiteilig mit einem zentralen Hausflur in der Mitte, der Ofenstube auf der einen und einer Kammer auf der anderen Seite. Wohn- und Wirtschaftsräume (Stall und Scheune) sind miteinander verbunden und unter einem Dach nebeneinander zusammengefasst, manchmal befindet sich der Stall auch unter dem Wohnteil. Besonders bei reicheren Häusern, war der Wirtschaftsteil oft vom Wohnhaus getrennt, doch damit kommunikationsmässig und funktionell sehr eng verbunden.

Wir wissen zu wenig über die Entwicklung der slowenischen Baukunst, um genauer feststellen zu können, wodurch der Mensch so geprägt wurde, dass er sein Bauernhaus in Bohinj anders gebaut hat als im Trenta-Tal, wieder anders in der Umgebung von Kamnik und wieder anders im Jauntal. Trotz gewissen ähnlichen Zügen der alpinen Architektur kann keineswegs von einer im ganzen slowenischen Alpengebiet gleichen Bauernarchitektur die Rede sein. Darauf wurde bereits bei den Almhütten hingewiesen, und es macht sich auch beim Bauernhaus in verschiedenen Bereichen der Alpenwelt bemerkbar. Im Rahmen einer Siedlung sind die Häuser von reichen Bauern meist grösser und besser gebaut als die Häuser von Kleinbauern oder Keuschlern. Wenn von der Ähnlichkeit der Bauernhäuser in diesem oder jenem Gebiet die Rede ist, ist diese Ähnlichkeit nur im Rahmen von denselben Gesellschaftsschichten erklärbar.

Ziemlich ähnlich waren die Bauernhäuser in Bohinj, im Talkessel von Bled, in Podkoren und auch im slowenischen Teil des Gailtales, sie sind ja in ähnlichen geographischen, wirtschaftlichen, aber auch kulturellen Verhältnissen entstanden. Das Bauernhaus war ein festes Gebäude, zur Hälfte gemauert, zur Hälfte aus Holz, in dem die Wohn- und Wirtschaftsräume unter einem Dach nebeneinander lagen. Der beste und grösste Raum im Haus war die Ofenstube (hiša), meist mit einer unverputzten Holzdecke. In dieser Ofenstube versammelte sich die Familie zu den Mahlzeiten und Hausarbeiten. In einer Ecke stand der Bauernofen, in der anderen gab es einen Herrgottswinkel mit dem Kreuz und mit Heiligenbildern. Die Küche war im [ 102 ]Hausflur untergebracht. Im Obergeschoss wurden Korn, Obst, Selchfleisch usw. aufbewahrt, oft gab es hier auch eine Kammer für die Mädchen, für Gäste usw.

Anders waren die Bauernhäuser im Gebiet um Bovec, wo sich schon die Nähe des mediterranen geographischen und kulturellen Raumes bemerkbar macht. Hier waren die Bauernhäuser meist etwas kleiner als die von Oberkrain. Es handelt sich um gemauerte zweigeschossige Gebäude mit Stall und Keller im Erdgeschoss, mit den Wohnräumen im Obergeschoss und Räumen für die Aufbewahrung von Heu und Stroh auf dem Boden. Das Dach war schindelgedeckt und an der Eingangsseite weit heruntergezogen, so dass auch die Treppe trocken blieb.

Durch den Kampf mit der Natur war die Bindung des Bergbauern an seinen Boden stärker als die des Talbauern. Jeder Bergbauer wollte alles selbst anbauen und anfertigen. Neben dem Haus hatte er seine Wirtschaftsgebäude: eine eigene Mühle und eine eigene Säge. Die Gebäude der Einödhöfe waren gross und schön, der Hof sah wie eine kleine Siedlung aus. Die grössten Höfe hatten ein Haupthaus, ein Altenteilerhaus, den Hauptstall, einen Schafstall, einen Schweinestall, einen Getreidespeicher und eine Mühle. Im Haus gab es in der Mitte den Hausflur, auf beiden Seiten je eine grosse Stube und manchmal auch kleinere Kammern. Gekocht wurde auf einer offenen Feuerstelle. Das wichtigste Wirtschaftsgebäude war der Stall, darüber im Obergeschoss die Scheune. In denTälern Mežiška und Savinjska dolina gab es in den Scheunen über den Ställen in der Mitte einen parna genannten Raum, in dem das Viehfutter vorbereitet wurde. Auf beiden Seiten war ein grösserer Raum, in dem gedroschen wurde.

Ausschlaggebend für die Anordnung der Gebäude eines Einödhofes war ihre wirtschaftliche Bedeutung und ihre Funktion für das Haus und die Nachbargebäude. Der Getreidespeicher stand meist an der Hofseite, etwas vom Haus entfernt, so dass im Fall eines Brandes im Wohnhaus das Feuer nicht überspringen konnte. Die Getreidespeicher waren meist zweigeschossig, mit einem gemauerten Keller im Erdgeschoss und einem Obergeschoss aus Holz, in dem Getreide und andere Lebensmittel aufbewahrt wurden. Hier gab es manchmal auch eine Kammer für ein erwachsenes Kind oder einen Knecht. Noch heute sind im bäuerlichen Leben die Heuharfen nicht wegzudenken - darin werden Getreide, Gras, Bohnen usw. getrocknet. Manchmal sind Heuharfen einfach, langgezogen, manchmal doppelt und mit einem gemeinsamen Dach gedeckt. Der Anordnung der Heuharfen ausserhalb des Dorfes [ 103 ]kann man machmal die groben Züge des Dorfes entnehmen, denn eine Gruppe von Heuharfen ist meist ähnlich gestaltet wie das Dorf selbst.

Bei einem Bauernhaus im Alpengebiet gibt es fast immer auch ein Bienenhaus, ein kleineres Holzgebäude, in dem der Bauer bis zu etlichen Dutzend Bienenstöcke hatte, die an der Vorderseite meist mit bemalten Endbrettchen verziert waren.

Das Erscheinungsbild der Alpenlandschaft wurde in Eisenhüttenzentren durch mehrgeschossige gemauerte Häuser von Hammerwerkern und Schmieden ergänzt. Ähnlich wie die Bauernhäuser hatten auch solche Häuser meist Giebeldächer aus Holz und im Inneren einen grossen Hausflur mit der Küche. Hammerwerker und Schmiede lebten meist als Mieter im Haus ihres Dienstherren.

HAUPTMERKMALE DER ERNÄHRUNG

Bis zum Beginn der Industrierevolution im 19. Jahrhundert hing die Ernährung fast vollständig von den eigenen Erzeugnissen des Bauern ab, gekauft wurde nur das Notwendigste. Auch im slowenischen Alpengebiet war es nicht anders. Sogar die Arbeiter in Hammerwerken, Bergleute, Köhler und Holzfäller bestellten ein kleines Stück Boden, hielten ein wenig Vieh oder mussten beim Bauern für Lebensmittel arbeiten, im Winter oft sogar betteln.

Berichte aus der Vergangenheit stimmen weitgehend in der Feststellung überein, dass sich Bauern und auch alle, die ihren Lebensunterhalt nicht nur mit der Landwirtschaft verdienten, nicht gerade reichlich ernährt haben. Nur zwei tägliche Mahlzeiten waren noch in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts gang und gäbe. Auch an der Ernährung war zu erkennen, dass der Mensch in den Alpen in erster Linie Viehzüchter gewesen ist. Milch und Milcherzeugnisse gehörten mit zu den wichtigsten Bestandteilen der Bauernernährung in der Umgebung von Bovec, in Oberkrain, im oberen SavinjaTal und in Kärnten. Es gab mehrere Arten von Käse. Der Käse wurde unreif oder gesalzen gegessen. Gesalzener wurde in besonderen Holzgefässen aufbewahrt und im Winter gegessen, meist mit Polenta oder mit Kartoffeln. Aus Käse wurden verschiedene Suppen oder Mehlbrei gekocht. Fleisch gab es selten, meist wurde Schaf- oder Ziegenfleisch gegessen, manchmal auch Schweinefleisch oder Rindfleisch. Etwas Fleisch wurde geräuchert oder zu Würsten (Oberkrain) oder gefülltem Magen (Savinja-Tal) verarbeitet. [ 104 ]Besseres Essen kam nur an Festtagen oder bei schweren Bauernarbeiten auf den Tisch.

Die Ernährung der Saisonarbeiter – Holzfäller, Köhler und Hirten – war gewöhnlich schlechter als die Ernährung in ständig bewohnten Siedlungen. Die Saisonarbeiter lebten nämlich weit von zu Hause weg und mussten ihr Essen mitbringen. Den Hirten wurden am Wochenende Lebensmittel von zu Hause gebracht: etwas Mais- oder Buchweizenmehl, Kartoffeln, Fett, Zucker und etwas Fleisch. Die Holzfäller hatten bei ihrer Arbeit nicht viel Zeit, sich das Essen zuzubereiten. Wenn sie am Abend müde zur Waldhütte zurückkehrten, kochte jeder für sich auf der offenen Feuerstelle ein bescheidenes Essen, meist eine Kartoffelsuppe oder Sterz, dazu wurden saure Gurken gegessen. Fleisch gab es selten, als besonderen Leckerbissen.

Nicht besonders reichlich war auch das Essen der Hirten. Auf den Almen von Bohinj wurde Ende des 19. Jahrhunderts mehrmals täglich Sterz gekocht. Dazu trank man frische oder gekochte Milch. Solange jeder für sich die Milch zu Käse verarbeite, gehörten Topfen und Käse zu den häufigsten Nahrungsmitteln.

Es kam allerdings oft vor, dass sich die Hirten, aber auch die Holzfäller und andere, ihr Essen mit erlegtem Wild aufbesserten – die Bergbewohner waren bekannt als Wilderer.

In den Schmieden stellte die Frau ihre Töpfe zum Schmiedefeuer und kochte so, was sie eben hatte. Erst am Abend konnte die ganze Familie am Tisch in Ruhe ein bescheidenes Abendessen zu sich nehmen.

Vielfältiger war die Bauernkost an Feiertagen. Zum Festessen in Oberkrain und Kärnten gehören unter anderem Potitzen, Krapfen und Schneeballen.

TYPISCHE KLEIDUNG

Die Bauern trugen hausgemachte Kleider aus Schafwolle oder aus einer Mischung von Flachs und Wollfaden. Einige Orte machten sich einen Namen mit hausgemachten Stoffen von hoher Qualität. Einen sehr guten Ruf hatten die Tuchwaren aus Mozirje, Bohinj und Škofja Loka. Aus Wolle wurden Strümpfe gestrickt und rot oder blau gefärbt. Aus Flachsleinwand nähte man Hemden und aus gegerbtem Leder Hosen. Augenfällig waren die Unterschiede zwischen der Männer- und Frauenkleidung, zwischen vermögenderen und ärmeren Schichten, aber auch zwischen verschiedenen Berufen. Ein [ 105 ]deres Merkmal der Bauerntracht bildeten ein strapazierfähiger Stoff und eine bunte Farbe. Typische Bestandteile der Bauerntracht aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts waren kurze krachlederne Hosen, bunte Westen, über die Knie reichende Stiefel und Pelze mit aufgenähten Lederdekorationen. Typisch für die Frauentracht waren Kopfbedeckungen für den Alltag und für Feiertage, Gürtel, lange dunkle Röcke und bunte Tücher.

Die Hirtentracht war viel konservativer, die Sennen trugen meist Kleidungsstücke, die nicht mehr modern waren. Zu den Besonderheiten der Hirtentracht gehören auch Umhänge aus Schaffell.

Hammerwerker und Schmiede kleideten sich mehr oder weniger ähnlich wie die Bauern. Die Männer trugen meist krachlederne Hosen, eine rote oder blaue Weste, rote Strümpfe, Halbschuhe und einen kleinen Hut auf dem Kopf.

Bei der Arbeit trugen sie Holzschuhe.

GESELLSCHAFTLICHE UND GEISTIGE VOLKSKULTUR

Während das gesellschaftliche Leben in Weilern und Einödhöfen mehr auf die Menschen in der Familie und auf den Nachbarn abgestellt war, suchte der Mensch in den Taldörfern Kontakte in der weiteren Dorfgemeischaft - der Dorfschaft, der Gemeinschaft der Jungen und der Mädchen.

Die Träger der Bräuche in den Taldörfern waren Gemeinschaften von jungen Männern (fantovščina). Sie hatten ein Wort mitzureden z. B. bei der Wahrung der Dorfmoral, bei Hochzeitsbräuchen, indem sie den Hochzeitszug aufhielten, um sich die Braut und die Aussteuer loskaufen zu lassen. Diese Gemeinschaften organisierten auch Tanzvergnügen im Dorf und Maskenumzüge.

Wo es keine Gemeinschaft der jungen Männer gab, das heisst in kleinen Weilern und auf Einödhöfen, konnten sich auch keine daran gebundene Bräuche entwickeln. Hier waren die Nachbargemeinschaften - Dorfschaften - sehr ausgeprägt. Ihre Bedeutung war z. B. gross bei Begräbnissen: der Sarg durfte nur von den Nachbaren getragen werden. Noch wirkungsvoller war die Dorfschaft, wenn Hilfe für schwere Arbeit benötigt wurde.

Das Leben der Hirten wurde von besonderen Hirtenbräuchen geprägt. Wenn der Hirt auf die Alm aufbrach, wurde das Vieh mit Weihwasser besprengt, die Leitkuh bekam eine blumengeschmückte grössere Glocke. Bei der Rückkehr ins Dorf wurde der Hirt von der Familie feierlich empfangen. Mit einem besonderen Brauchtum verbunden war auch der Messtag (mizura) auf der [ 106 ]Schafalm, wenn die Schafe von ihren Haltern persönlich gemolken wurden, um beim Ende des Weidens nach diesem Mass die gerechte Käsemenge zugeteilt zu bekommen.

Fast auf allen slowenischen Almen wurde bis zum letzten Weltkrieg der Grossfrauentag (15. August) sehr feierlich mit Gesang und mit Tanz begangen.

Zweifellos gab es in der Alpenwelt bis zur Industrialisierung mehr Gelegenheit und auch mehr Zeit für Geselligkeit, deshalb war früher der Zusammenhalt der Dorfbewohner viel fester als heute. Berichte aus der Mitte des 19. Jahrhunderts sprechen davon, dass das Leben auf Gemeinschaftsalmen auch deshalb angenehm war, weil hier die Jugend aus verschiedenen Dörfern und Weilern zusammenkam. Die Bewohner von Weilern und kleineren Siedlungen konnten nämlich im täglichen Leben kaum weiter reichende Kontakte knüpfen, es gab sie nur zwischen Nachbarn und Familienmitgliedern. Höchstens am Sonntag nach der Messe, im Dorfgasthaus oder wenn zusammen gearbeitet wurde, gab es die seltene Gelegenheit, andere Leute zu treffen. Natürlich wurde das gesellige Leben auf dem Dorf auch durch Unterschiede des Vermögens und der Standeszugehörigkeit mitgeprägt, machmal sogar durch den Ort, aus dem die Leute ins Dorf zugewandert waren. Hie und da leben Erinnerungen an die mittelalterliche Ansiedlung in den älteren Dörfern auch heute noch wenigstens ansatzweise fort.

Bei den Brauchtümern hatte der Tanz einen besonderen Stellenwert. Die älteren slowenischen Volkstänze hatten einst rituelle Bedeutung. Ansonsten wurde in Slowenien bei verschiedenen Gelegenheiten getanzt, meist an Kirchenfeiertagen oder bei einigen gemeinschaftlichen Arbeiten, zum Beispiel nach beendeter Streugewinnung, Mahd, Maisschälung, auf den Almen auch bei Hirtenfesten.

Zwar wurden in ganz Slowenien ähnliche Tänze getanzt (Steierisch, Zweischritt, Mrzulin, Ta potrkana, Walzer), doch gab es in verschiedenen Landschaften auch gewisse abweichende Tanzstile. Der Grossteil der jüngeren Tänze kommt aus dem deutschen Kulturraum, allerdings wurden sie von den Slowenen dem eigenen Charakter angepasst. In erster Linie wurde in Slowenien gelöster und mit mehr Temperament getanzt, was auch aus dem Aufstampfen zu ersehen ist, einer der Besonderheiten der slowenischen Alpenwelt.

Ein Tanz ohne Instrumentalbegleitung ist schwer vorstellbar. In älteren Quellen werden als Tanzbegleitung die Flöte und Dudelsäcke erwähnt. In Berichten aus dem 18. Jahrhundert ist von Musikanten die Rede, die Geige, [ 107 ]Hackbrett und Bass gespielt haben, während im 19. Jahrhundert allmählich Blasinstrumente und gegen Ende des Jahrhunderts auch das diatonische Akkordeon aufgekommen sind. Im Resia-Tal werden zum Tanz Geige und Cello und ein kleiner dreisaitiger Bass gespielt. Die Melodien dieser Musikanten ähneln der Dudelsackmusik. Bei einigen Tänzen wurde im 18. und 19. Jahrhundert auch gesungen.

Zu den Besonderheiten der slowenischen Gebiete und ihrer Menschen gehört auch die Musik. Die altertümlichste Musikschicht ist im Resia-Tal erhalten. Dort besteht die Melodie fast der Hälfte aller Lieder nur aus drei Nachbartönen und bei einem Viertel nur aus vier Tönen. Überraschend ist auch der Rhythmus der dortigen Tanzmelodien (im ständigen Wechsel des 3/4- und 2/2-Taktes). Die Spuren dieses Rhythmus können über die romanische Schweiz nach Frankreich verfolgt werden, wo er als französische Besonderheit gilt. Melodien aus vier oder fünf Tönen, wobei zwei Töne in der Skala ständig übersprungen werden, sind allerdings auch im Grossteil der Alpen bekannt. Ihre Herkunft wird bisher allgemein dem Alphorn zugeschrieben. Deshalb und wegen des mehrstimmigen Gesanges, der in allen Alpenländern, sogar in den savoyischen Alpen ähnlich ist (während sonst die Franzosen nur einstimmigen Gesang kennen), wird ein gemeinsames Alpensubstrat angenommen, durch das die Überlieferung der verschiedenen heutigen Völker auf diesem Boden mit einigen einheitlichen Merkmalen geprägt wird.

Bei der Suche nach den Besonderheiten der Musiküberlieferung in den slowenischen Alpen sind die Jauchzer, typische Begleiter des Gesanges, nicht zu übersehen. Es jauchzen die Tänzer beim Tanz, es jauchzen die Bergbewohner, wenn sie auf grössere Entfernungen jemanden begrüssen oder wenn sie einfach ihre Freude ausdrücken möchten. Mit jauchzerähnlichen Rufen locken auf Bergweiden die Hirten das Vieh herbei. Langgezogene Rufe stellen noch die ursprüngliche Musiküberlieferung der Bergwelt dar. Das für einen Teil der österreichischen Alpen typische Jodeln hat bei den Slowenen nicht Fuss gefasst. Laut slowenischen Ethnomusikologen ist die Besonderheit der slowenischen Musiküberlieferung in den Alpengebieten im vier- oder fünfstimmigen Gesang zu sehen, wobei die Melodien ein langsames Tempo und einen breiten Umfang mit voller harmonischer Klanglichkeit aufweisen.

In den Sagen der slowenischen Alpen ist eine Vielfalt von mythologischen Wesen zu finden, wie sie auch in der Überlieferung anderer Alpenländer vor [ 108 ]bretkommen: wilde Männer, weisse Frauen, die «Percht», die «Krummfersige», die wilde Jagd, Zwerge, ein Herr der Tiere, weisse Gemsen, die nicht geschossen werden dürfen, Tiere, die den Weg zu Schätzen zeigen können. Daneben aber auch Sagen, die von der Erzsuche sprechen, von Geistern, die sich in den Bergen verstecken. In dieser Überlieferung sind die slawischen vorchristlichen Vorstellungen über die Welt und ihre Kräfte mit der mythologischen Überlieferung der Altsiedler verflochten.

In inhaltlicher Hinsicht sind die slowenischen Märchen den Märchen anderswo in der Welt ähnlich. Was ihnen eine besondere Prägung und eine eigenartige Buntheit verleiht, sind die Beschreibungen von Ereignissen, die Bildern aus dem Leben der Bergbewohner ähneln und auch Bildern der Berglandschaft mit Bächen, Hutweiden und Schneebergen.

In der alpinen Volksmalerei fällt zuerst die Buntheit auf. Bilder auf Häuserfassaden, bemalte Bienenstockendbrettchen, Hinterglasbilder und bemalte Möbel sind die repräsentativsten Zeugen der alpinen Volksmalerei, aber auch der Offenheit des Menschen für Kunsterzeugnisse. Der bäuerliche Mensch liess mit Wandmalereien die Fassade verschönern, er verschönerte den «Herrgottswinkel» in der Ofenstube mit Hinterglasbildern, stellte in Stube und Kammer bemalte Möbel auf und gestaltete das Bienenhaus durch die bemalten Bienenstockendbrettchen lebhafter.

Die Bildhauerei war und bleibt auch heute für den Alpenbewohner weniger attraktiv als die Malerei. Meist wurde in Holz geschnitzt, obwohl auch Stein und Eisen geschätzt waren. So entstanden die Skulpturen der Dorfkapellen, kleine Votivfiguren von Tieren oder Altärchen für den Hausgebrauch.

Die Volkskünstler schnitzten meist in der Technik des Seitenschnittes und gestalteten so Spinnrocken, Schachtelchen, Spinnräder, Hirtenstäbe, Buttermodel und Lebkuchenmodelle, wobei erotische und religiöse Motive beliebt waren. Aus der Schmiedeüberlieferung der Hammerwerke heraus entstanden Erzeugnisse der Kunstschmiederei, unter denen die Fenstergitter und Friedhofkreuze besonders ins Auge fallen.

LITERATURNACHWEIS

Alpes Orientales 5, Ljubljana 1969.

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Velika planina (1550 m) in den Steiner Alpen mit den charakteristischen ovalen Almhütten (Photo: V. Kopač, 1984).


Das Innere einer Almhütte, Veliko planino in den Steiner Alpen (Photo: J. Kališnik, 1984).



[ 111 ]

Maiensäss Zajamnik (1260 m) in Bohinj (Photo: E. Hubatschek, 1995).



[ 112 ]

Holztransport aus der Alm Voglar (1250 m) in Bohinj (Photo: F. Stele, 1989).


Bauernhaus in Stara Fužina in Bohinj (Photo: H. Ložar-Podlogar, 1975).



[ 113 ]

Doppelharfe vor dem Dorf Studor (Photo: M. Pfeifer, 1980).


Neujahrsmasken in Stara Fuzina in Bohinj (Photo: V. Simoncic, 1954).



[ 114 ]

Oberkrainische bäuerliche Wiege aus dem 18. Jahrhundert (Photothek des Slowenischen volkskundlichen Museums, 1975).