Histoire des Alpes - Storia delle Alpi - Geschichte der Alpen (1997)/02

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Histoire des Alpes - Storia delle Alpi - Geschichte der Alpen  (1997)  by M. Kosi
Slowenien - ein Alpenland. Geographische und historische Einführung
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[ 11 ]SLOWENIEN – EIN ALPENLAND


GEOGRAPHISCHE UND HISTORISCHE EINFÜHRUNG


Miha Kosi


Résumé


La Slovénie – un État alpin. Éléments de géographie et d’histoire


La Slovénie est-elle un État alpin? Un premier coup d’œil sur la carte de l’Europe pourrait laisser planer un doute puisque seule la pointe sud-est des Alpes orientales s’étend jusqu’à elle. Cependant, toutes celles et tous ceux qui ont parcouru ce pays conviendront qu’il est bien montagneux et qu’une partie en est même «typiquement» alpine; de fait, les Alpes couvrent pas moins de 40% du territoire national slovène. Cette contribution présente les données géographiques et historiques essentielles relatives à cette région alpine. Pour commencer, elle passe en revue les divisions géographiques macro- et microrégionales, y compris les principales caractéristiques du climat et du sol. Ces considérations sur le milieu naturel sont suivies d’un survol de l’histoire du peuplement de la contrée, de même que de l’évolution récente de l’agriculture, de l’industrie, du tourisme et des transports. Il en ressort que l’espace alpin slovène a connu une profonde mutation au cours des dernières décennies, avec tous les avantages et les inconvénients économiques et écologiques que l’on rencontre également dans d’autres parties de l’arc alpin.


GEOGRAPHISCHE DARSTELLUNG

Ist auch Slowenien ein Alpenland? Der erste Blick auf die Karte der gesamten europäischen Alpen könnte Zweifel erwecken. Nach Slowenien reicht nämlich nur der südöstliche Zipfel der Ostalpen. Doch wer je durch [ 12 ]Slowenien gereist ist, besonders wenn er aus dem Nordwesten oder Norden gekommen ist, kann keine Zweifel hegen – Slowenien ist ein ausgesprochen gebirgiges und in einem Teil auch völlig alpines Land, mit allen sich daraus ergebenden Folgen, so wie in vergleichbaren europäischen Ländern. Fast die Hälfte des Landes weist ein gebirgiges Relief auf, mit einem durchschnittlichen Gefälle der Hänge von über 13°. Nur ein Sechstel von Slowenien besteht aus Ebenen, in denen die Hälfte der Gesamtbevölkerung konzentriert ist.

Die Alpenregion nimmt 40% der Staatsfläche ein (insgesamt 20’256 km2). Die Hochgebirgswelt macht 11% aus. Den Grossteil der Alpenregion bilden allerdings subalpine Gebirge bis zu einer Seehöhe von 1600 m, die meist nicht bis zur Waldgrenze aufragen (28,9% der Fläche von Slowenien). In der gesamten Region herrscht das Relief von Bergkämmen und Tälern vor, das wegen der Nähe der Erosionsbasis in der Adria und in der Pannonischen Ebene durch tiefe Zwischentäler stark zerklüftet ist. Obwohl die Seehöhen im Vergleich zu anderen Alpenländern nicht gross sind (der höchste Gipfel misst 2864 m), herrscht doch der Eindruck eines stark ausgeprägten Gebirgscharakters vor. Die slowenische Geographie unterscheidet die alpine Hochgebirgswelt von den subalpinen Gebirgen. Aus europäischer Sicht gilt allerdings die Voralpenwelt mit ihren Zwischentälern und Talkesseln nicht als gesonderte Makroregion, deshalb gehören 4/10 von Slowenien zu den Alpen im weiteren Sinne des Wortes. In diesem Teil leben 45% der Bevölkerung (insgesamt 2 Mio.). Hinsichtlich des Anteils der Alpen nimmt damit Slowenien hinter der Schweiz und Österreich den dritten Rang ein und liegt vor Frankreich, Italien und Deutschland.

Slowenien ist der Berührungspunkt von vier grossen naturgeographischen Regionen – den Alpen, dem Gebirgssystem der Dinariden, der Pannonischen Ebene und des Mittelmeers.

Der Dinaridische Karst des kontinentalen Sloweniens ist der nordwestliche Beginn des Systems der Dinaridischen Alpen, das zwischen der Save und der Adria in südöstlicher Richtung bis nach Griechenland verläuft. In Slowenien macht dieser Karst 25% des Landes aus und ist zugleich die am schwächsten besiedelte Region. Typisch dafür ist das Relief von Karstplateaus und eine durchschnittliche Seehöhe von 400–600 m ohne tiefere Taleinschnitte.

Die Grenze zwischen der slowenischen Alpenregion und dem Dinaridensystem wird von Geographen beim Übergang aus dem Bergrücken-Talrelief der Alpen ins System der Plateaus festgelegt.

Die Alpen und das Dinaridensystem gehen im Osten in Randbereiche des [ 13 ]Pannonischen Beckens über – das subpannonische Slowenien (22% der Fläche, über 30% der Bevölkerung). Die Weinbaugebiete, ein tertiäres Hügelland mit Bergrücken in der Höhe bis 180 m über dem Talboden, bestehen aus Sedimenten des neogenen Pannonischen Meeres mit den zwischengeschobenen fluvioglazialen Talkesseln und den Flusstälern der Flüsse Save, Drau und Mur.

Ein besonderes Gepräge bekommt die Landschaftsvielfalt von Slowenien durch die letzte Grossregion – das Küstenland bzw. das submediterrane Slowenien als Hinterland des Golfes von Triest. Zum Küstenland gehören die Küsten, niedrige Flyschhügelbereiche und die höhere Kalksteinebene des Karstes, nach dessen Namen der internationale Fachterminus für den Landschaftstyp geprägt worden ist (slowenisch kras, italienisch carso, deutsch Karst). Slowenien hat zwar seit dem zweiten Weltkrieg nur 47 km Küste, doch ist die ganze Region durch Kulturgeschichte, Architektur, Landwirtschaft (Rebe, Ölbaum) und das submediterrane/mediterrane Klima eindeutig ein Teil des mediterranen Europas. Diese Region macht nur 1/12 der Fläche von Slowenien aus, doch ist sie im Küstenstreifen sehr dicht besiedelt.

Die slowenischen Alpen gehören zum grössten Teil den Südlichen Kalkalpen an. Die echten Hochgebirgsalpen bestehen aus drei Gruppen, die einander in der West-Ost-Richtung ablösen. Am umfangreichsten und höchsten sind die Julischen Alpen, die sich im Westen nach Italien erstrecken und im Triglav (2864 m) ihre grösste Höhe erreichen. Die zweite Gruppe – die Karawanken – ist eine in die Länge gezogene, etwa 100 km lange Bergkette (höchster Berg: Stol, 2236 m), welche die Grenze zwischen Slowenien und Österreich bildet und deren Verlängerung im Westen die Karnischen Alpen darstellen. Im Zentralteil breiten sich die Karawanken in einen 22-km-Gürtel aus mehreren parallelen Ketten aus. Die dritte Hochgebirgsgruppe sind die imposanten Steiner-Sanntaler Alpen, eine herrliche Kulisse im Hintergrund der Hauptstadt, mit Gipfeln um 2500 m (Grintavec 2558 m). Wegen der intensiven Tektonik, der vorherrschenden Karbonatgesteine und der ausgeprägten Flusserosion ist das Relief stark gegliedert. Das Gefälle ist beträchtlich, mit vielen kahlen Hängen und Wänden, spitzen Gipfeln und tief eingeschnittenen Tälern. Zwischen den hohen Bergrücken gibt es einige umfangreiche Hochebenen mit typischen Hochgebirgs-Karstformen. Ein zusätzliches Gepräge bekam das Relief durch die Pleistozänvereisung, die die Alpentäler umgestaltet und zwei Gletscherseen, heute Fremdenverkehrszentren (Bled, Bohinj), hinterlassen hat.

[ 14 ] Den slowenischen Hochgebirgsalpen ist im Süden ein breiter halbkreisförmiger Streifen der Berge des Alpenvorlandes vorgelagert. Dieses wird in mehrere Gruppen gegliedert, die sich vom Slowenischen Venetien im Westen (in Italien) bis zum Pohorje (Bachern) und dem Kobansko (Possruck) im Nordosten hinziehen. Gemeinsame Merkmale sind das aus Bergrücken und Flusstälern bestehende Relief, ein starkes Gefälle, enge Täler und die Höhe meist unter der oberen Waldgrenze. Als besondere Gruppe fällt das Pohorje mit Kobansko ins Auge, der einzige Teil der bis nach Slowenien reichenden Zentralalpen. Dieser Bereich ist eine natürliche Fortsetzung der Koralpe aus Österreich. Er unterscheidet sich geologisch und reliefmässig stark von der übrigen slowenischen Alpenwelt: es herrschen magmatische und metamorphe Gesteine und ein plateaureiches Relief mit weiten Wäldern vor.

Als besondere Grossregion innerhalb der slowenischen Alpen wird gewöhnlich der Talkessel von Ljubljana behandelt, das am dichtesten besiedelte und wirtschaftlich am stärksten entwickelte Gebiet des Staates (Hauptstadt Ljubljana 267’000, Kranj 36’500, Škofja Loka 12’300, Domžale 11’000, Kamnik 9700 Einwohner). Der gesamte Talkessel ist eine tektonische Senke innerhalb der Alpenregion, deshalb wird sie in der weiteren Erörterung als ihr organischer Bestandteil betrachtet. Der weite, landwirtschaftlich genutzte ebene Talboden besteht vorwiegend aus fluvioglazialen Kiesterrassen in der Höhe zwischen 260 und 520 m. Der jüngste Teil ist das Moor südlich von Ljubljana (Barje) mit bis zu 140 m starken Anlandungen von Quartärsedimenten (Sand, Ton, Lehm).

Das Klima von Slowenien ist humid bis perhumid. Durch ihre Höhe und Ausrichtung ist die Alpin-Dinaridische Gebirgskette den vorherrschenden feuchten Westwinden ausgesetzt, was die Niederschlagsmenge erhöht. Die Niederschläge erreichen im südlichen Randbereich der Julischen Alpen bis zu 4000 mm und nehmen in Richtung Nordosten ab, um an der ungarischen Grenze die 800-mm-Marke zu erreichen. Der spezifische Wasserablauf ist beträchtlich und erreicht in der Alpenwelt 90 l/s/km2 (im Quellgebiet der Soča). Die slowenischen Alpen stellen damit eine ausserordentliche Wasserquelle für die Flüsse Soča, Save, Savinja und Drau dar. Die Schneegrenze liegt bei etwa 2700 m, deshalb ist nur ein kleiner Bruchteil des Hochgebirgsbereiches vom ewigen Schnee bedeckt, mit drei kleineren Gletschern.

Infolge der grossen Niederschlagsmenge, des gebirgigen Charakters, der geologischen Merkmale usw. ist der Boden vorwiegend wenig fruchtbar. Im abwechslungsreichen Gelände ist er oft flachgründig und sauer, auch der [ 15 ]stärkere Boden der Ebenen ist ausgewaschen oder gleiartig. Nur 1/10 von Slowenien wird von fruchtbarer Braunerde bedeckt. Daher macht der Ackerboden nur etwa 1/12 der Flächen aus (Äcker und Gärten). Allerdings sind die Voraussetzungen für das Grasland bzw. die Viehzucht günstig, deshalb machen Wiesen (17,1%) und Weiden (10,4%) verhältnismässig grosse Flächen aus, meist in der bergigen Welt der alpinen, dinaridisch-karstigen und küstenländischen Region. Doch im Vordergrund stehen die Wälder. Ihrem relativen Umfang nach kommt Slowenien in Europa (nach Finnland und Schweden) der dritte Rang zu. Wälder bedecken mehr als die Hälfte des Staates, vorwiegend die alpinen Berggebiete und dinaridischen Plateaus. Die Waldgrenze steigt von 1550 m im südlichen Vorland der Julischen Alpen bis zu 1950 m auf dem Peca in den Ostkarawanken auf. In tieferen und feuchteren Bereichen herrschen Buchenwälder vor, in höheren Lagen und dem mehr kontinentalen Teil dagegen weite Fichten- und Tannenwälder. Insbesondere durch die menschliche Tätigkeit stieg in den letzten zwei Jahrhunderten der Anteil der Nadelwälder zu Lasten der Laubwälder auf fast die Hälfte an.

GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG

Viel grösser als die landwirtschaftliche ist die kulturelle Bedeutung der slowenischen Alpen. Über sie war der slowenische Raum seine ganze Geschichte hindurch eng mit den Ostalpen und so mit Mitteleuropa verbunden.

In den Jahrhunderten vor unserer Zeitrechnung siedelten im grösseren Teil des Gebietes des heutigen Sloweniens die Kelten, in erster Linie die Stämme der Taurisker, Latobiker und Noriker. Dem grossen norischen Stammverband Regnum Noricum aus dem 2. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung mit seinem Schwerpunkt in den Ostalpen gehörte auf der Höhe seiner Macht auch der Grossteil des heute slowenischen Gebietes an. In Celeia (Celje) gab es ein bedeutendes Zentrum der Noriker mit einer Münze.

In den Jahren 15–12 vor unserer Zeitrechnung wurden die Ostalpen und Pannonien von den Römern erobert, die für über fünf Jahrhunderte den ganzen slowenischen Raum intensiv in ihr Reich einbezogen haben. Dieser Raum war zwischen den Provinzen Italien, Noricum und Pannonien geteilt. Im Kaiserreich hatte dieses Gebiet allerdings eine ausserordentlich grosse strategische und verkehrsmässige Bedeutung, in erster Linie in der West-Ost-Richtung – es stellte die Verbindung von Italien mit Pannonien und der [ 16 ]Balkanhalbinsel und weiter mit Asien dar. Schon früh wurden hier von den Römern einige lebenswichtige Strassenverbindungen gebaut, denen in den folgenden Jahrhunderten auch eine wichtige Rolle in der turbulenten Geschichte des Kaiserreichs zufiel. Die wichtigste Strasse war die Verbindung von Aquileia über Emona (Ljubljana) nach Siscia (Sisak), die andere über Emona, Celeia (Celje) und Petovio (Ptuj) in Richtung Carnuntum. Dabei war für die Verkehrsbedeutung des slowenischen Gebietes die Lage am Südostrand des Alpenbogens ausschlaggebend, wo an der Kontaktstelle mit dem Dinaridischen Gebirge der Übergang aus dem Mittelmeerraum nach Mitteleuropa am günstigsten ist. Das ist das Tor von Postojna mit seiner Seehöhe von nur 600 m. Die bereits im Altertum entstandene Längsverkehrsader am Rande der Alpen ist bis zum heutigen Tag die wichtigste Verkehrsachse von Slowenien geblieben, an der sich im Mittelalter, oft neben Standorten aus dem Altertum, einige der heute wichtigsten Städte entwickelt haben: Ljubljana, Celje, Maribor.

Während der grossen Völkerwanderung wurden Ende des 6. und Anfang des 7. Jahrhunderts die ganzen Ostalpen vom oberen Save-Gebiet bis zu den Quellen der Drau, Mur und Enns und bis zur Donau im Norden von den Alpenslawen, den Vorfahren der Slowenen, besiedelt. Ihre materielle Kultur weist in diesem ganzen Gebiet einheitliche Züge auf, sie wird nach Köttlach in Niederösterreich als Köttlacher Kulturgruppe bzw. Karantanisch-Köttlacher Kulturgruppe bezeichnet. Die wichtigsten Fundorte im Bereich von Slowenien liegen in der Alpenwelt (Kranj, Bled, Slovenj Gradec u. a.). Im 7. und 8. Jahrhundert entstand das erste selbständige Fürstentum der Alpenslawen – Karantanien – mit dem Zentrum im Talkessel von Klagenfurt in Kärnten. Schon Mitte des 8. Jahrhunderts kam es dann zu einer Verbindung mit den starken Bayern und ein halbes Jahrhundert später zur Unterwerfung durch die Franken, die in der Zeit der Kriege Karls des Grossen gegen die Awaren 791–803 den heutigen slowenischen Raum endgültig ins fränkische Reich einbezogen haben. Mit Ausnahme eines halben Jahrhunderts Verwüstungen durch die Ungarn folgte nun eine über tausend Jahre währende Eingliederung in Staatsgebilde mit dem Zentrum in Mitteleuropa und damit in den mitteleuropäischen Kulturraum. Dieser brachte aus Missionszentren in Salzburg und Aquileia, die sich im Jahre 803 ihre Einflussbereiche mit der Grenze auf der Drau teilten, die Christianisierung und das Pfarreinetz mit sich. Die ununterbrochene Entwicklung und die engste Verbundenheit der slowenischen Gebiete mit dem Ostalpenraum kann seit der Ansiedlung der [ 17 ]Ungarn in der Mitte des 10. Jahrhunderts verfolgt werden. Vom deutschen ottonischen Reich wurden hier mehrere Markgrafschaften gegen die Ungarn errichtet, aus denen sich später die Länder Steiermark, Krain, Kärnten, Görz und Istrien entwickelten. Bis zum 12. bzw. 13. Jahrhundert war auch die Grenze gegen Kroatien und Ungarn, die fast das ganze slowenische Gebiet bis zum ersten Weltkrieg dem deutschen bzw. österreichisch-habsburgischen Kaiserreich eingliederte (ausser dem zu Ungarn gehörenden Gebiet jenseits der Mur im Nordosten und dem zu Venedig gehörenden Küstenstreifen von Istrien), endgültig gefestigt.

Die ursprüngliche slowenische Besiedlung der Ostalpen war sehr spärlich, sie war auf das Hügelland, das niedrigere Bergland und in den Ebenen in erster Linie auf Randbereiche beschränkt. Eine umfangreichere Besiedlung der Ebenen wurde durch Wälder und den häufigen Morastcharakter verhindert. Die Kerne der slowenischen Besiedlung wurden deshalb durch breite Hochgebirgs- und Waldzonen der Karawanken, der Steiner Alpen und der Julischen Alpen, der Dinariden und anderer Bergzüge getrennt.

Die intensive mittelalterliche Kolonisierung ist mit der Einführung des Feudalsystems und der Teilung des slowenischen Gebietes unter grosse Grundherrschaften seit dem 10. Jahrhundert verbunden. Dieser Prozess war ausserordentlich wichtig für die Herstellung von Verbindungen mit den übrigen Alpenbereichen und mit transalpinen Landschaften. Dabei hatten schon sehr früh kirchliche Institutionen einen grossen Einfluss: die Bistümer Freising, Brixen, Salzburg, Bamberg, die beträchtliche Güter im slowenischen alpinen und voralpinen Raum erwarben. Mit zwei Schenkungen von Kaiser Otto II. 973–974 bekam Freising die grosse geschlossene Grundherrschaft Škofja Loka (Bischofslack), eine Verbindung, die bis 1803 aufrechterhalten wurde. Das Bistum Brixen aus Südtirol bekam 1004 von Kaiser Heinrich II. die Herrschaft Bled (Feldes) am gleichnamigen See, die ebenfalls bis 1803 in seinem Besitz blieb. Im Jahre 977 wurde Salzburg durch Otto II. die Arnulfsche Schenkung von Ptuj (Pettau) bestätigt am Übergang in die subpannonische Welt, wo sich eine umfangreiche und wirtschaftlich wichtige Herrschaft herausbildete (die im 16. Jh. an die Habsburger überging). Die zweite grosse Herrschaft von Salzburg lag an der unteren Save in der Nähe der kroatischen Grenze, mit dem Zentrum in Brežice (Rain). Weitere fremde kirchliche Grundbesitzer waren das deutsche Bistum Bamberg, das Kärntner Bistum Gurk, das Kärntner Benediktinerkloster St. Paul, die Patriarchen von Aquileia usw. Parallel dazu wurden von diesem Gebiet auch viele deutsche [ 18 ]Adelsfamilien aller Rangstufen aus verschiedenen Teilen des Kaiserreiches angezogen: die Spannheimer, Andechs-Meranier, Traungauer, die Vorfahren derer von Görz, die Ortenburger. Die zahlenmässig stärksten fremden Siedler waren deutsche Bauern.

Die intensive Kolonisierung vom 10. bis zum 12. Jahrhundert verlief in erster Linie in ebenen Zonen mit der Rodung der Talwälder, teilweise auch im niedrigeren Bergland. Wo es an einheimischer Bevölkerung mangelte, brachten die Grundherren aus ihrem Grundbesitz in den Nachbarländern deutsche Siedler. Wegen der sehr spärlichen slowenischen Besiedlung wurde durch diesen Prozess schon seit dem Ende des Mittelalters die slawische Bevölkerung im Grossteil der Ostalpen assimiliert und das ethnische Gebiet der Slowenen auf Südkärnten und das heutige Gebiet von Slowenien begrenzt.

Hier war die slowenische Besiedlung geschlossener, ihr Anteil bei der Kolonisierung grösser, hier erhielten sich die deutschsprachigen Kolonien als Sprachinseln inmitten der slowenischen Bevölkerung, um in den späteren Jahrhunderten mit ihnen zu verschmelzen. Gebiete der frühen deutschen Kolonisation sind insbesondere das Draufeld südlich von Maribor (kolonisiert durch die Spanheimer und durch Salzburg) und der Freisinger Besitz zwischen Kranj und Škofja Loka, wo im 11. Jahrhundert von den Bischöfen von Freising bayrische Bauern angesiedelt wurden. Im allgemeinen steht jedoch diese Phase der Kolonisierung im Zeichen des Wachstums der heimischen slowenischen Bevölkerung. Ausser von fremden Grundbesitzern wurde sie auch von einer Reihe von wichtigen Klöstern betrieben, die im 12. Jahrhundert auf slowenischen Boden entstanden. Am eifrigsten haben unter ihnen die Zisterzienser aus Sticna (Sittich, gegründet 1132) im Bergland südöstlich von Ljubljana, die Benediktiner aus Gornji grad (Oberburg, gegründet 1140) im oberen Savinja-Tal unter den Steiner-Sanntaler Alpen und die Kärntner Benediktiner aus St. Paul auf den Hängen des Pohorje und von Kobansko kolonisiert.

Für die slowenische Alpenwelt war die nächste Kolonisierungsphase vom 13.tbis zum 15. Jahrhundert am wichtigsten. Nachdem die ebenen Zonen besiedelt waren, begann die Kolonisierung des Hügel- und Berglandes. Das war eine echte Waldrodung, durch welche Streusiedlungen, Weiler und in erster Linie zahlreiche Einödhöfe mit ihrem Boden in einer Parzelle entstanden.

Diese Zeit hat das Erscheinungsbild der slowenischen Kulturlandschaft in grossem Masse geprägt; die damalige Zahl der Siedlungen entspricht in etwa der heutigen. Sehr aufschlussreich ist in dieser Hinsicht der Fall der beiden [ 19 ]Sora-Täler im Rahmen der Freisinger Grundherrschaft von Bischofslack.

Aus Urbaren geht hervor, dass es im Jahre 1160 hier 157 Bauernhöfe gab, im Jahre 1291 dagegen schon 748. Im 13. und 14. Jahrhundert entstanden noch einige neue Kolonisationsinseln von deutscher Bevölkerung inmitten des geschlossenen slowenischen Siedlungsgebietes. Bertold von Andechs, Patriarch von Aquileia, siedelte um das Jahr 1250 deutsche Bauern aus dem Pustertal in Tirol im Bergland oberhalb des Bača-Flusses, eines linken Nebenflusses der Soča, an. Der Bischof von Freising siedelte um 1283 ebenfalls deutschsprachige Bauern aus dem Pustertal auf der Herrschaft Bischofslack am Oberlauf der Selška Sora an.

Die umfangsreichsten deutschen Kolonisierungen fanden in Slowenien allerdings ausserhalb der Alpen statt, nämlich auf den Plateaus der Dinariden in den weiten Grenzwäldern am Fluss Kolpa und an der kroatischen Grenze. Das ist das Gebiet von Kočevsko (Gottschee), wo von den Ortenburgern im 14. Jahrhundert eine umfangreiche Kolonisierung aus Oberkärnten, in erster Linie jedoch mit aufständischen thüringischen und fränkischen Bauern stattfand. Diese grosse deutschsprachige Sprachinsel blieb bis zum Jahre 1941/42, als sie nach der Kapitulation von Jugoslawien vom faschistischen Italien besetzt wurde, bestehen. Damals wurden im Zuge eines deutsch-italienischen Abkommens 11’000 Deutsche umgesiedelt.

So bildete sich im Spätmittelalter eine Besiedlung heraus, die im Bergland intensiver bis zur Höhe von etwa 1000 m reichte, im Ostteil der slowenischen Alpen sogar bis 1300 m. Neben einem bescheidenen Ackerbau waren in erster Linie Viehzucht und Forstwirtschaft die traditionellen Wirtschaftszweige, in verkehrsmässig günstigeren Bereichen auch die Saumfahrt (und später der Transport mit Fuhrwerken) und an den flössbaren Flüssen Drau, Savinja und Save die Flösserei. Ein der ganzen Alpenwelt, dem Grossteil des Alpenvorlandes und den Dinariden gemeinsamer Zug war die Almwirtschaft - einst wurde auf über 600 Almen gewirtschaftet. Dieser typische Wirtschaftszweig der Gebirgsländer begann nach dem zweiten Weltkrieg schnell abzusterben, so dass es heute in Slowenien nur noch 234 genutzte Almen gibt. Viele werden seit den siebziger Jahren touristisch verwendet, viele Hirtengebäude wurden zu Ferienhäusern der Stadtbevölkerung umfunktioniert. Oft entstanden dort richtige Fremdenverkehrssiedlungen und Anlagen für den Wintersport (Krvavec, Vogel, Velika Planina, Rogla auf dem Pohorje).

Wie in anderen Alpenländern ist auch in Slowenien die Entwicklung der Landwirtschaft rückläufig, zunehmend treten an ihre Stelle Industrie und [ 20 ]Fremdenverkehr. Der Schwerpunkt der Industrie liegt in Slowenien gerade in der Alpenregion, mit Ballungen in grösseren Talkesseln und Tälern (die Talkessel von Ljubljana, Celje, Velenje, das Miesstal, das Kohlenrevier im Bergland an der Save). Die slowenische Bergwelt hat viel Erz und Kohle, mit zahlreichen, wenn auch nicht sehr ergiebigen Fundorten. Zusätzlich boten die weiten Wälder genug Holz für die Holzkohlengewinnung, die Wasserläufe genug Energie. Schon in der vorindustriellen Zeit entstanden hier zahlreiche Hammerwerke, aus deren Tradition dann Industriezentren entstanden sind (Jesenice, Tržič, Železniki, Ravne, Mežica). Seit dem 18. Jahrhundert entstand ausserdem eine grössere Zahl von Glashütten, vornehmlich im Gebiet des Pohorje, die erst 1908 eingingen. Von den einstigen, meist schon längst ausgeschöpften Bergwerken waren zwei besonders bedeutend: das Quecksilberbergwerk von Idrija, eines der grössten der Welt (13% der Weltproduktion), war seit der Entdeckung des Quecksilbers (ca. 1490) aktiv bis es vor kurzem geschlossen wurde, und als zweites das Blei- und Zinkbergwerk Mezica, das ununterbrochen von 1644 bis heute aktiv war und dessen Schliessung im Gange ist. Die erste Phase der intensiven Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, insbesondere nach der Erbauung der österreichischen Südbahn Wien-Graz-Maribor-Celje-Ljubljana-Triest (1857) und ihrer Anschlüsse, hat aufgrund der Kohlevorkommen in der Alpenregion neben traditionellen Eisenhüttenzentren neue Schwerpunkte geschaffen, in erster Linie in den Tälern des Alpenvorlandes und in seinen Randbereichen (das Kohlenrevier östlich von Ljubljana, Velenje, Prevalje, Store). Neben den Eisenhütten und den Kohlebergwerken entwickelte sich noch die Holz-, Textil-, Papier-, Lebensmittel- und Lederindustrie.

Mit dem 20. Jahrhundert kam ein neues Element in die Alpen - die Nutzung der Wasserkraft. Die schon vor dem ersten Weltkrieg begonnene Elektrifizierung stützte sich auf die grosse Wasserkraft der Alpenflüsse. Noch vor dem Zerfall der Donaumonarchie wurden an den Flüssen in Oberkrain und im Drautal (Fala 1918) die ersten Wasserkraftwerke errichtet. In der Zwischenkriegszeit, als das slowenische Küstenland zu Italien gehörte, begann man den Fluss Soca (Isonzo) zu nutzen (die Wasserkraftwerke Doblar und Plave). Die grosszügige Entwicklung der Energiewirtschaft nach dem zweiten Weltkrieg brachte ein ganzes Wasserkraftwerkssystem auf der Drau (insgesamt 8), Save (4, geplant sind noch 16) und Soča (insgesamt 3). Die Wasserkraft der slowenischen Flüsse ist trotzdem nur zu etwa 30% genutzt, deshalb wurden [ 21 ]Pläne ausgearbeitet für noch zahlreiche andere Objekte, in erster Linie für eine Kette von Wasserkraftwerken an der unteren Save und der Mur und für Stauungen in einigen Alpentälern. Die Öffentlichkeit bringt allerdings solchen Plänen wenig Sympathie entgegen, deshalb sind diese Pläne für die Zukunft fragwürdig. Die bestehenden Objekte sind zum Glück nicht zahlreich, auch nicht sehr gross dimensioniert und stellen so trotz einigen Umweltproblemen keine Verschandelung der slowenischen Bergwelt dar. Allerdings hat die slowenische Energiewirtschaft deshalb ihren Schwerpunkt in Wärmekraftwerken und in der Nutzung der Kernkraft, was wiederum eine ganze Reihe von nicht weniger schwerwiegenden Problemen mit sich bringt.

Eine gleichmässigere und einheitlichere Entwicklung des slowenischen Alpenraumes wurde durch die zweimalige Änderung der Staatsgrenzen in diesem Jahrhundert gehemmt. Nach dem ersten Weltkrieg fiel der Grossteil der Julischen Alpen zusammen mit dem Küstenland an Italien, diese Gebiete wurden der Provinz Venezia Giulia angeschlossen (mit einem Drittel der damaligen slowenischen Bevölkerung). Durch die Festlegung der Grenze zu Österreich auf den Karawanken blieben im österreichischen Teil von Kärnten über 100’000 Slowenen. Durch beide Grenzen wurde der slowenische Alpenraum zerstückelt, was eine einheitliche Wirtschaftsentwicklung verhindert hat. Nach dem zweiten Weltkrieg blieb die Grenze zu Österreich unverändert, die jugoslawisch-italienische Grenze rückte dagegen nach Westen vor, so dass das slowenisch besiedelte Soca-Tal an Jugoslawien gefallen ist. Im Rahmen des Nachkriegsjugoslawiens kam es zu einer raschen Industrialisierung. Dieser Prozess brachte grosse Veränderungen in allen Lebensbereichen und im Landschaftsbild mit sich. Noch im Jahre 1948 machte die bäuerliche Bevölkerung 50% der Gesamtbevölkerung aus, im Jahre 1991 kaum noch 5%. Hinter dieser Tatsache verbirgt sich ein ganzes Spektrum von Prozessen, durch die Slowenien und sein Alpenteil einen Wandel erfahren haben. Ein grosser Teil der Bevölkerung sah in der Industrialisierung bedeutende Vorteile, angesichts der harten Lebensbedingungen in der Gebirgswelt versprach man sich davon Erwerbsmöglichkeiten und eine Verbesserung des eigenen Lebensstandards. Die Tatsache, dass die steilen Hänge kaum Möglichkeiten für die moderne maschinelle Bodenbestellung boten und der Bodenbesitz traditionell sehr zerstückelt war (wenn auch die Grösse der Bauernhöfe in der Alpenregion mit durchschnittlich über 10 ha noch am günstigsten war), förderten die Deagrarisierung. Diese war in den siebziger [ 22 ]Jahren auf dem Höhepunkt und brachte die Entvölkerung von abgelegenen Gebieten, die Umwandlung von bäuerlichen Haushalten zu Halbbauern- oder Nichtbauernhaushalten, das tägliche Pendeln der ländlichen Bevölkerung zur Arbeit in die Beschäftigungszentren mit sich. Gleichzeitig kam es zu einer schnellen Urbanisierung und Ballung der Bevölkerung in den ebenen Teilen von Talkesseln und Tälern. Viele schon im Mittelalter entstandene Städte in den Alpen und ihrem Vorland mauserten sich zu führenden Industriezentren und erlebten ein rasantes Wachstum: Jesenice, Tržič, Kranj, Škofja Loka, Kamnik, Ljubljana, Domžale, Trbovlje, Celje, Velenje, Slovenj Gradec, Ravne, Maribor und andere. Diese Ballungszentren bilden die Bevölkerungs- und Wirtschaftsachse von Slowenien, die quer durch die Alpenregion verläuft. Einige Bereiche, insbesondere der Talkessel von Ljubljana mit der Hauptstadt, weisen heute die Struktur der urbanen Gesellschaft mit geschlossen bebauten Ballungsräumen, breiten suburbanen Zonen, der Transformation von einst bäuerlichen Siedlungen zu Schlafsiedlungen, einem verschwindend kleinen Anteil der bäuerlichen Bevölkerung und einem grossen Anteil der in der Industrie Beschäftigten (an vielen Orten über 50% der aktiven Bevölkerung) auf.

Das Alpengebiet als ganzes ist ein Ballungsbereich der Bevölkerung - im Jahre 1867 lebten hier 34% der Gesamtbevölkerung, im Jahre 1961 schon 41,2% und im Jahre 1991 sogar 45%. Doch sind die Unterschiede innerhalb der Region beträchtlich. Die Berg- und Gebirgsgegenden erleben eine intensive «Bevölkerungserosion», ein Grossteil davon ist demographisch gefährdet. Für die depressiven und demographisch gefährdeten Regionen wurden in den letzten 15-20 Jahren Entwicklungspläne und Massnahmen für die Erhaltung der Landwirtschaft und die Eindämmung der Entleerung ausgearbeitet. Für Bauernhöfe auf den Höhen über 600 m Seehöhe gelten besondere Vergünstigungen: eine günstige Kreditpolitik, Steuererleichterungen, staatliche Förderung der Milchviehzucht und der Modernisierung der Infrastruktur usw. Unter den positiven Entwicklungen ist auch die planmässige polyzentrische Entwicklung mit der Dislozierung von Versorgungstätigkeiten und von kleineren Industriebetrieben in ländlichen Siedlungen (wodurch die Besiedlung der ländlichen Bereiche bzw. die Beschäftigungsmöglichkeit der lokalen Bevölkerung parallel zur Arbeit auf dem Bauernhof erhalten werden soll) zu erwähnen. Durch die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur wurde ein früher unbekannter Prozess des täglichen Pendelns von Arbeitskräften ausgelöst, der nicht weniger als 87% aller Siedlungen im Staate erfasst hat. [ 23 ]Leider wurde dadurch die Abwanderung besonders von jungen Leuten aus den entlegensten und deshalb verkehrsmässig wenig erschlossenen Regionen, wo das Pendeln nicht möglich war (z. B. in den Alpentälern im Quellgebiet der Soča oder im oberen Savinja-Tal), nur noch beschleunigt.

Seit Jahrzehnten wird die Neugestaltung der Alpenregion auch durch den Tourismus intensiv mitbeeinflusst. Die Anfänge der Fremdenverkehrsentwicklung in den slowenischen Alpen reichen schon in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Sie waren in erster Linie an die beiden Gletscherseen von Bled und Bohinj gebunden, die noch heute zu den grössten und wichtigsten Fremdenverkehrszentren der slowenischen Alpen gehören, mit zahlreichen Möglichkeiten für die aktive Erholung sowohl im Sommer als auch im Winter, an und auf dem Wasser, für Spaziergänge, Bergwanderungen und den Skisport. Die beiden anderen Zentren des Sommer- und Winterfremdenverkehrs sind Kranjska gora (der obere Flussbereich der Sava Dolinka) und Bovec (Soča-Tal) im nordwestlichen Winkel der Julischen Alpen. Die vielversprechende Entwicklung des Fremdenverkehrs in der Zeit der Donaumonarchie und teilweise im jugoslawischen Königreich zwischen den beiden Weltkriegen ist nachher vorübergehend zum Erliegen gekommen. Erst in den sechziger Jahren brachten die Öffnung der Grenzen und die planmässige Förderung durch die Politik einen neuen Aufschwung. Allerdings steht der Tourismus als Landschaftsfaktor nirgends in Slowenien im Vordergrund, überall ist er mit anderen wirtschaftlichen und räumlichen Strukturen verflochten. Ein intensiver Tourismus ist nur bei gezielten Entwicklungsvorhaben (Bovec, Kranjska gora) oder in früh entwickelten Regionen (Bled, Bohinj) zu verzeichnen. Die erwähnten vier Orte empfangen 3/4 aller Besucher der slowenischen Alpen (im Jahre 1990 wurde das slowenische Alpengebiet von über 700’000 Gästen mit 2,5 Mio. Übernachtungen besucht).

Vom Standpunkt des Fremdenverkehrsbesuches hat die slowenische Alpenwelt eine vielfältige Funktion. Sie bietet die Möglichkeit des klassischen Ferientourismus in Fremdenverkehrszentren, des Ausflugstourismus für die einheimische Stadtbevölkerung (besonders an Wochenenden), des Transittourismus und der Nutzung der Freizeit in Zweitwohnsitzen (vor allem in Familien-Ferienhäusern). Diese letzte Form breitete sich von den sechziger bis zu den achtziger Jahren ausserordentlich stark aus, worin die willkürliche Entwicklung der slowenischen Alpenwelt zum Ausdruck kommt. Heute gibt es in der slowenischen Alpenregion über 8000 private Ferienwohnsitze, drei [ 24 ]Viertel der Besitzer leben ausserhalb der Region, meist in den Städten der Randbereiche (Koper, Nova Gorica, Ljubljana, Celje, Velenje, Maribor). Die Gravitationszone der intensiven touristischen Attraktivität der slowenischen Alpen hat einen Radius von über 200 km. Sie reicht bis Rijeka und Zagreb in Kroatien, bis Murska Sobota und Koper in Slowenien, bis Triest und Udine in Italien, bis nach Villach, Klagenfurt und Graz in Österreich.

Der Fremdenverkehr in den slowenischen Alpen stützt sich heute vornehmlich auf den Wintersport, auf die Nutzung der Seen und auf Bergwanderungen. Trotz der im Vergleich zu den stärksten europäischen Wintersportzentren schlechteren Naturvoraussetzungen - geringere Seehöhen, eine weniger verlässliche und dauerhafte Schneedecke, zu steile Hänge - erlebte der Skisport in den letzten Jahrzehnten eine ausserordentliche Entwicklung. Es entstanden einige sehr starke Wintersportzentren (Kranjska Gora, Rogla, Krvavec), und das Skilaufen entwickelte sich zum Nationalsport. Skier als Transportmittel für den Winter waren in Slowenien unabhängig von fremden Einflüssen schon vor Jahrhunderten üblich, der heimische Polyhistor J. W. Valvasor (1641-1693) erwähnt sie im 17. Jahrhundert. Weil das Gelände in den slowenischen Alpen steiler und felsiger ist als in den Zentralalpen, konnten hier keine Hochgebirgszentren mit umfangreichen Unterbringungskapazitäten entstehen. Der Fremdenverkehr bleibt vornehmlich auf die Zentren im Tal beschränkt, während meist nur die Sportanlagen in den Hochgebirgsbereich hineinreichen (Krvavec, Vogel, Kanin). Auch wegen der ökologischen Fragwürdigkeit von grossen Eingriffen in das empfindliche Ökosystem des Gebirges neigt das slowenische Konzept eher zum Schutz der ursprünglichen Alpenlandschaft.

Der am meisten verbreitete Erholungssport in den slowenischen Alpen sind Bergwanderungen. Der Triglav ist seit langem ein Symbol der Slowenen und des Slowenentums und wurde sogar in das Wappen und die Fahne aufgenommen. Die ersten Schutzhütten und markierten Bergwege entstanden schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Im Jahre 1893 wurde der Slowenische Alpenverein gegründet, der die Errichtung von Schutzhütten und die Markierung und Sicherung von Wegen gezielt vorantreibt. Der Bergsport wird von Jahr zu Jahr beliebter, und die Schutzhütten werden jährlich von weit über 1 Mio. Bergsteiger besucht. Gefördert wurde dieser Aufschwung durch die Tatsache, dass es 166 Schutzhütten und Biwaks gibt, einschliesslich der am höchsten gelegenen Alpenhütte Triglavski dom auf dem Kredarica (2515 m, 300 Liegeplätze), über 7000 km ständig gewartete Bergwege, einen (1912 gegründeten) Bergrettungsdienst und einen sehr aktiven Alpenverein.

[ 25 ]Neben dem Fremdenverkehr ist auch die Verkehrsbedeutung der slowenischen Alpenwelt zu erwähnen. Engste Verbindungen mit Kärnten über die Sattel in den Karawanken gibt es schon seit der römischen Zeit, im Mittelalter stellten sie die Hauptverbindung des slowenischen Territoriums mit Mitteleuropa dar (Ljubelj/Loibl 1369 m - Tunnel 1058 m, Jezerski vrh/Seeberg 1218 m, Korensko sedlo/Wurzenpass 1073 m, Predil in den Westjuliern 1156 m und der für den Fremdenverkehr attraktive Pass Vršič 1611 m, mit der während des ersten Weltkriegs gebauten Strasse, der einzige Pass über den Zentralteil der Julischen Alpen, der die Flusstäler der Save und der Soca verbindet). Anfang der sechziger Jahre wuchs die Bedeutung der Strassen durch die slowenischen Alpen ständig - als Verkehrsader aus Westeuropa in Richtung Griechenland, Türkei und nach Asien. Im Jahre 1990, unmittelbar vor dem Zerfall von Jugoslawien, reisten 23 Mio. Menschen über die Grenzübergänge in den Alpen ein und aus, was 3/4 aller Einreisen nach Jugoslawien ausmachte. Der 1992 fertiggestellte Karawankentunnel auf der fast schon durchgehenden Autobahn Villach - Ljubljana, der durch das Kerngebiet der slowenischen Alpenwelt führt, sollte einen neuen Impuls für den Transitverkehr darstellen.

Aus dem oben Dargelegten geht hervor, dass die slowenische Alpenregion ein ausgesprochenes Konfliktgebiet zwischen verschiedenen räumlichen Tätigkeiten und Prozessen darstellt: der herkömmlichen Landwirtschaft, der Industrie, Energiewirtschaft, der Urbanisierung, dem Verkehr und Fremdenverkehr und der Erholung. Eine ganzheitliche Entwicklungsstrategie für die Zukunft ist noch nicht entwickelt worden. An Problemen, insbesondere ökologischen, fehlt es nicht. Die slowenische Gesellschaft ist sich des einmaligen Wertes ihrer Alpenlandschaft bewusst, was auch in aktiven Polemiken über ökologisch fragwürdige Pläne für Wasserkraftwerke, Autobahnen, Skizentren zum Ausdruck kommt. Nicht zuletzt zeigt sich dieses Bewusstsein auch im Triglav-Nationalpark, der 1981 im heutigen Umfang zum Nationalpark erklärt wurde. Der Park umfasst 85’000 Hektaren Alpenlandschaft mit dem höchsten Berg Triglav und den Einzugstälern der Soca und der Save und somit fast den ganzen slowenischen Teil der Julischen Alpen. Grössere Regionalparks sind auch für Gebiete der Karawanken, der Steiner-Sanntaler Alpen und des Pohorje vorgeschlagen worden. Seinen alpinen Charakter belegt und beweist Slowenien schon seit Jahren aktiv als Mitgliedland der ARGE Alpen-Adria, in der Staaten, Länder und Regionen der Ostalpen zusammengeschlossen sind.

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LITERATURNACHWEIS

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Relief Sloweniens (D. Perko - M. Orožen-Adamič, Institut für Geographie, Forschungszentrum der Slowenischen Akademie der Wissenschaften und Künste).