Am Beispiel des Bistums Freising möchte ich verschiedene Arten von Mobilität beleuchten, die aus einer gemeinsamen strukturellen Gegebenheit beziehungsweise Ursache resultierten, nämlich aus der für das Mittelalter typischen Streulage von Grundbesitz einer Herrschaft. Mobilität in der Grundherrschaft war bisher kein grosses Thema der Migrationsforschung zur mittelalterlichen Geschichte;[2] es ging allenfalls um die Migration von der ländlichen Grundherrschaft in die Städte. Die vorherrschende Streulage grundherrlicher Besitzungen verursachte jedoch auch an sich schon vielfältige Bewegungen von Personen und Sachen, von Gruppen oder Einzelnen, dauerhafte oder temporäre Ortswechsel.
Das gewählte Beispiel eignet sich aus drei Gründen gut für eine solche Betrachtung: Zum einen ist die Streulage gerade bei geistlichen Institutionen durch viele Schenkungs- und Tauschvorgänge besonders ausgeprägt, zum zweiten lassen sich solche Verbindungen für eine geistliche Institution der grösseren Kontinuität wegen meist über einen längeren Zeitraum verfolgen und zum dritten ist die Quellenlage für das Bistum Freising und seine Besitzungen im Ostalpenraum für mittelalterliche Verhältnisse ziemlich gut. Wichtige Quellen sind neben Urkunden vor allem die Urbare. Das älteste Freisinger Urbar stammt aus der Zeit um 1160, weitere Urbare sind aus den Jahrzehnten vor und nach 1300 überliefert; als ergiebig erweist sich ferner das sogenannte Notizbuch Bischof Konrads III., in dem er Anfang des 14. Jahrhunderts alles mögliche notiert hat, was mit der Verwaltung der bischöflichen Besitzungen zu tun hatte.[3] Aus diesen Quellen ergibt sich ein Untersuchungszeitraum vom Ende des 12. bis ins 14. Jahrhundert. Für diesen Zeitraum möchte ich die spezifische Bedeutung der alpinen Besitzungen für das Bistum Freising herausarbeiten und die Realisierung dieser Beziehungen im Alpenraum konkret beleuchten. Als Grundlage sei zunächst kurz erläutert, wo Freising Besitz hatte und wie es ihn erworben hatte.
DER FREISINGER GRUNDBESITZ IM OSTALPENRAUM[4]
Den Streubesitz im bayerischen Voralpenland erhielt die Freisinger Kirche von Laien und Klerikern seit der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts, zunächst durch Schenkungen, dann auch auf dem Tauschweg. Zu den ältesten Besitzungen ausserhalb der Diözese gehörten die Güter des freisingischen Eigenklosters Innichen und einzelne Güter in Südtirol. Als Innichen um 1140