Page:Irische Texte 1.djvu/168

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VI.

Drei Gedichte aus der Finnsage.


1. Gegenüber der grossen Anzahl von Texten, die sich auf Conchobar und seine berühmten Zeit­genossen beziehen, enthalten die ältesten irischen Hand­schriften vert­hältniss­mässig nur wenige Texte, die dem zweiten Haupt­sagen­kreise angehören, in welchem Finn mac Cumaill und Ossín[1] die be­kanntes­ten Namen sind. Für unsere Kenntniss alt­celtischer Cultur sind diese Sagen nicht alle von gleichem Werthe; den meisten fehlt jene realisti­sche Detail­schilde­rung alter Lebens­verhältnis­se, welche den Sagen der ersten Gattung einen so hohen Werth verleiht. Wohl aber verdienen die merk­würdigen politi­schen Ver­hältnisse, welche den Hinter­grund des zweiten Sagenkreises bilden, und die nichts weniger als einen mythologi­schen Charakter an sich tragen, sorg­fältige Beachtung. Nach der Tradition soll Finn im Jahre 283 p. Chr. er­schlagen worden sein. Mit der Sage sind auch hier mythische Elemente verwoben.

2. Die Finnsage findet sich bekanntlich nicht nur in Irland, sondern auch in Schott­land. Die ältesten Quellen der Finnsage hat Irland auf­zu­weisen, denn hier lässt sie sich hand­schrift­lich

  1. Ossín, die alt­irische Form des Namens, ist ein Deminutiv von oss, deer (Hirsch, Reh), und wird daher von O’Curry, On the Ms. Mat. p. 304, durch „little fawn“ übersetzt. Zu dieser Etymo­logie stimmt, dass in der irischen Sage Finn’s Haupt­beschäfti­gung die Jagd ist. Oisin ist spätere irische Form. Im Buch des Dean of Lismore lautet der Name Ossin, Ossein, Osseane, Ossan, Ossane. Im schotti­schen Hochland spricht man ihn „Oshen“ aus, mit kurzer Ultima und dem Ton auf der ersten Silbe (Clerk, The Poems of Ossian, Edinburgh and London, 1870, I. p. 229 Bei Maci)herson, Nom. Oisian, Gen., Voc. Oisein.