Page:H.M. Zwischen den Rassen.djvu/448

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und aus den Büchern, die er früher in die Ecke geschleudert hatte, wollte er ihr jetzt vorlesen. Er unterbrach sich, um ihr seine alten Triumphe zu erzählen. Früher hatte er davon geschwiegen. Sie war am Morgen noch nicht fertig angekleidet, und er klopfte schon, fragte, wie sie geschlafen habe, und wiederholte seine ironischen und zarten Werbungen. Endlich:

„Wir sollten wirklich wieder im selben Zimmer schlafen.“

„Wie geschmacklos, mein Herr! So alte Gatten wie wir!“

„Ich versichere dir: wenn ich am Morgen vor deine Tür gehe, ist mir zu Mut, als hätte ich bei dir erst noch alles zu erreichen; als wäre ich dir kaum bekannt.“

Und Lola, über die Schulter weg, vor Selbstsicherheit kokett:

„Dann betragen Sie sich auch so, bitte … Und was hat man Ihnen soeben für ein Billet gebracht? Ich rieche es bis hierher. Sie denken es nicht einmal zu lesen?“

Er errötete, erbrach trotzig das Siegel. Lola sah, es war Claudias. Sie ging dreist an ihm vorbei und hinaus. Sie fürchtete ihn nicht. Ihr war Geistesgegenwart gekommen, Ruhe und die Fähigkeit, die Lage zu überblicken und mit der Schwäche des Gegners zu rechnen. In frischer Luft fühlte sie sich und alle Organe frei zum Kampf. Früher, schien ihr, war sie traumbeschwert, unsicher von Begehren, von Grübeln, durch die Welt hier gegangen. Jetzt hatte sie die

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