Page:H.M. Venus.djvu/265

From Wikisource
Jump to navigation Jump to search
This page has been proofread.

vor Haß, alles Unheil ins Gesicht zu keuchen, das für sie geschah und durch sie!

Einen Augenblick allgemeiner Erschöpfung und drückender Stille benutzten ihre Anhänger, um ihr Beifall zuzurufen. Es waren alte Böcke, Cocotten und junge Halbleichname. Es war das schlimmste, was zu überstehen war. Sie hielt es aus, sehr hochmütig, das Lorgnon an den Augen und ohne auf die Grüße zu antworten.

Plötzlich war sie verschwunden. Ihr Wagen sauste davon, ehe jemand es gewahr ward. Sie saß darin noch in derselben starren Haltung wie auf ihrem Logenplatz. Sie deuchte sich unbeweglich in einer steil und mühsam aufgebauten Einzigkeit. Nur keine Furcht vor Schwindel!

Die Diener rissen das Gartengitter auf. Wie der Wagen hindurchfuhr, sah die Herzogin an dem schmiedeeisernen Blätternetz eine kleine Form lehnen, ein Kind mit Blumen auf dem Schoß. Ohne Besinnen rief sie „Halt!“ und stieg aus.

„Gieb mir deine Blumen,“ sagte sie.

Das kleine Mädchen blieb still.

„Sie schläft,“ murmelte die Herzogin und näherte ihre Lippen der Stirn des Kindes. Sobald sie sie berührte, fiel der Kopf auf die Schulter. Sie betastete es: das Kind war tot.

Sie stand und bebte. Sie fühlte die Sekunde kommen, wo sie über das Kind hinstürzen würde und aufschluchzen.

Sie befahl, mit Furcht vor sich selber, ihren

249