Page:H.M. Venus.djvu/111

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war müde. Ihr Herz, das gejagt hatte, schlug sehr langsam. Im Hinterkopf und auf dem Scheitel empfand sie den schmerzhaften Reiz einer geheimen Übererregung, die lauerte unter ihrer scheinbaren Schläfrigkeit. Die Nacht würde schlaflos sein, sie wußte es voraus. Und sie hätte sich gern beruhigen lassen. Sie hätte gern geliebt. Sie dehnte sich vor süßem Verlangen, ernste, zärtliche Worte zu hören, einem Knieenden die Hände um das Gesicht zu legen und sich anbeten zu lassen.

„Wäre das so schlimm?“

Und sie lächelte ihm zu, über ihre hochgezogene, volle und weiße Schulter.

„Es wäre einfach entsetzlich,“ erklärte er entschlossen, die Stirn in Falten.

„Aber warum?“ fragte sie, aufrichtig betrübt. „Was für ein Gift könnte ich denn dem eingeben, der gerne bei mir wäre? Glauben Sie, daß ich böse bin?“

„Im Gegenteil,“ sagte er unbehaglich, mit kurzem Kopsrücken.

„Aber ich wüßte nicht, wen Sie lieben könnten. Kein Mensch ist imstande, zu bewirken, daß Sie ihn lieben!“

„Es ist gar nicht so schwer,“ sagte sie langsam, träumerisch.

Er ward immer steifer.

„Vielleicht lieben Sie also doch einen — einen, der nicht hier ist und —“

„Und?“

„Der Sie ganz versteht?“

Sie erwachte und dachte mit Lächeln an Nino.

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