Page:H.M. Minerva.djvu/77

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gerafft. Sie trugen den Kopf erhaben auf langen, geraden Hälsen und hielten die Augenlider gesenkt; die waren dünn zum Zerreißen. Mit hohen, schwachen Brauen und gespitzten Lippen oder halboffenen und die Junge im Winkel, lächelten und deuteten sie, kaum wahrnehmbar und auf immer unerklärlich. Sie standen im Halbkreis hinter den Stühlen der Frauen. Jedem der Männer fah ein Knabe über die Schulter, oder ein jugendlicher Krieger. Sie waren nackt oder gepanzert, und aus ihrem gebräunten oder schwarz polierten Marmor spähte ihre Seele hervor, unschuldig und voll Verlangen. Erstarrt trotzten auf ihren hellen Stirnen die Thaten, die sie nicht hatten vollbringen können.

Die Hauptwand trug die Pallas des Botticelli. Gegenüber, durch die aufgestellte Terrassenthür, schmiegte sich eine zärtliche Luft; es war gegen Abend und noch im Mai. Die Lagune, schräge bestrahlt, ein riesiger Silberspiegel, schien ins Zimmer. Man sah einander auf diesem Hintergrunde von Silber. Die Kunstwerke wachten auf und leuchteten; der Sinn der Menschen belebte sich und ward begehrlich.

Jakobus wiederholte nochmals, daß die Gegenstände der Kunst weit getrennt seien von denen der Liebe.

„Es ist genug, daß ich das Fleisch mit meinen Händen anfasse und mit meinen Sinnen. Mein Herz soll es nicht berühren. Es ist genug, daß ich es male. Ich will es nicht auch noch lieben.“

„Nicht einmal, wenn es beseelt ist?“ fragte Clelia Dolan.

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