„Und doch haben wir, wenn wir sie zusammen lasen, manchmal geweint.“
„Nur die Übermacht ihrer Schönheit hat uns Thronen entlockt … Ich denke daran, wir saßen auf steilen, purpurnen und vergoldeten Bänken, im harten Licht hoher Porphyrbögen, und wir lasen Gedichte, in denen Konigsmäntel blutig rauschten und eherne Posaunenklänge die Tempelstufen hinanrollten.
„Und auf blassen, weichen Polstern lagen wir,“ so fuhr Gina fort, — „verwischte Blätterschatten glitten über flüchtige Seiden, schwachlila und zage, und unter dicht verhängten Fenstern sagten wir uns müde, gestammelte Verse, Verse, in denen ein kranker Liebhaber bittet, und von entlaubten Bäumen leise Federn zögernd aus verlassenen Nestern schaukeln … Venus und Amor waren in einem Oval aus Elfenbein auf dem Buchdeckel … Aber manchmal ward es schaurig; wir lasen uns in Schlösser hinein voll Erinnerungen an üble Größe. Die Frauen lächelten, rote Male an den Hälsen, und draußen, über die schwarze Waldmauer, rasten die Schatten unholder Abenteuer. Neben uns, aus schweren Leuchtern mit bronzenen Postamenten voller Ungeheuer und Schlachten, stieg das bleiche Licht, wie aus den Ängsten einer Traumnacht.“
„In diesen Versen,“ so schloß die Herzogin, „sind die Madonnen wieder, was sie zu ihren Tagen waren: die bis in den Himmel hinauf Geliebten. Und die Engel haben sie zurück, die unsägliche Grazie ihres allerersten Augenaufschlags.“