Page:H.M. Minerva.djvu/247

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gleitet stumm durch den glühenden See. Die Gondeln irren langsam und lautlos durcheinander in der Finster nis Eine Mandoline wirft uns aus der feuchten Ferne eine Melodie zu, wie eine Kette kleiner blasser Korallen. Dann stimmt neben uns auf dem Wasser einer ein Volkslied an…“

„Er hat diese ganze Poesie irgend einem Fremden verkauft, für wenige Lire,“ sagte die Herzogin, und lächelte, als entschuldigte sie ihre Worte.

„Was geht’s mich an,“ erwiderte Gina, „daß er ein gewöhnlicher Poesieverkaufer ist? Ich will gar nichts von ihm, ich empfange einfach die Töne, die nicht mehr ihm, die schon der Nacht gehören. In ihrem Schoße, tief in meiner Gondel liege ich und schließe die Augen. Ich will gar nichts mehr von den Menschen als ein paar verlorene Töne, deren Süßigkeit sie selbst nicht kennen, will gar nichts mehr als ein heimliches Gefühl: — ich habe früher so sehr gedarbt.“

„Ich will kein Gefühl in Liedern. Ich zucke befremdet die Achseln, so oft einer mich mit Versen rühren möchte. Ich finde ihn zudringlich. Meine Dichter sind klare Meister des Worts; sie verschmähen die kleinen weinerlichen Menschlichkeiten. Sie sind stolz auf ihr Herz, das Vollendetem schlägt. Ihre Verse geben, wenn wir sie aussprechen, einen Klang, als fielen bronzene Münzen nieder auf Marmor. Sie haben ihre untadeligen Stanzen und Sonette in diese engen und von Kunst berstenden Plätze eingelassen als Reliefs, schwellend von Bildern und streng.“

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