Page:H.M. Minerva.djvu/126

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draußen keuchen und lästern, das unerbittliche Schweigen der Masken entgegenhalten, womit es bedeckt ist. Ich wandle über die Steinplatten von der Farbe der Eulenaugen. Im Vorübergehen hole ich einen Klang aus der großen, goldenen Leier; sie lehnt am Bilde der Göttin. Auf die Räucherpfannen zu ihren Füßen breite ich Kräuter. Ich hänge zwischen den Säulen schwere Kränze auf. Die Spangen meines Handgelenks gleiten mir bis an die Schulter…“

Sie erblickte diese Bilder unter den Arkaden, im Hofe des Dogenpalastes, wo sie oft den Schatten genoß. Der Riesentreppe gegenüber, am Ende des Thorganges von der Piazza her, stand in einer Nische der Seitenfassade eine weibliche Statue. Jedesmal, wenn die Herzogin um die Ecke bog, trat sie ihr entgegen, nackt und schwarz und mit dargebotener Hand, als wolle sie eine Gefährtin zu sich emporziehen.

„Welche seltsamen Genossen seid ihr mir, ihr Statuen,“ so sann die Herzogin. „Was birgst du für ein Mysterium, o Kunst! Bin ich nicht die letzte, zerbrechliche Tochter von Vätern, die zu stark waren? Die Väter, haben sie mir nicht längst alles vorweggenommen, ähnlich vergessenen Träumen, die schöner waren als alles, was wir ausrichten möchten? Sie haben Städte gegründet, Rassen unterworfen, Küsten beherrscht, Dynastieen errichtet, Reiche befestigt: — kann ich es auch nur ahnen in all seiner Fülle, solch Leben eines Assy? … Aber es ist auf einmal mein in all seiner Fülle, da diese Statue, angesichts der Riesentreppe, mir die Hand bietet wie einer Schwester.

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