Page:H.M. Im Schlaraffenland.djvu/393

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agraffen gehalten. Auch das Sammetkoftüm eines italienischen Bauernmädchens, ungefähr aus der Gegend, wo man an immerwährendem Hunger und Fieber dahinsiecht, war mit Edelsteinen üppig bestirnt. Eine untersetzte Blondine hatte ihr weißes Atlaskleid mit einer schwarzen Stickerei versehen lassen, die das Notensystem vorstellte. Balken und Striche waren ohne Bedenken überall verteilt, und als Grundmuster dienten Violinschlüssel. Auf der Frisur türmte sich ein kunstvolles Gebäude aus Notenpapier. So oft das Orchester einen neuen Tanz zu spielen begann, blieb sie stehen und erhob, träumerisch lächelnd, ihren Taktstock. Andreas erkannte mühelos in dieser Dame die Fleisch gewordene Musik; doch wußte er weniger anzufangen mit einer ihr ähnlichen Erscheinung, deren Gewand statt der Noten wahllos mit großen und kleinen Lettern übersät war. Über ihren ganzen Rücken rauschte eine schwere Schleppe hernieder, von aufgeschlagenen Buchdeckeln lose umklappert. Schultern und Kopf prangten in Iierraten von derselben Form. „Vielleicht will sie die deutsche Bildung sein,“ meinte Andreas, aber sie hatte kaum bemerkt, daß sie ihm ein Rätsel war, als sie auch schon erklärte:

„Ich bin der Bücherwurm.“

„Ah! Das hätte ich mir denken können. Und ist das da auch voll von Büchern?“ fragte er, indem er sich anschickte, den Inhalt ihres Corsage zu untersuchen, das ihm zu stark entwickelt vorkam. Doch nahm sie es übel.

„Du bist ja ’ne nette Biele! So ’n Märchen-

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