Page:H.M. Die kleine Stadt.djvu/420

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Menge sah sie Nello Gennari sich heimlich wälzen, wie ein Junge; Gaddi mußte ihn halten; da wagte Italia es.

„Mit dem Eimer könnte man kein Wasser schöpfen“, sagte sie.

„Aber eine Lehre läßt sich damit schöpfen“, erwiderte der Advokat pünktlich. „Dieser Eimer, ein so armes, verbrauchtes Ding er scheinen mag, lehrt uns dennoch“, — und der Advokat erhob die Stimme, „den Glauben an den menschlichen Fortschritt!“

Er bewegte die gerundeten Arme, als zöge er alle herein, die über die Schwelle des vollgestopften Gelasses die Hälse reckten.

„Denn als wir ihn zum erstenmal eroberten, da war es ein großer, grausamer Krieg, in dem die von Adorna so viel Blut lassen mußten, daß man den Eimer damit füllen konnte. Jetzt aber: niemand ist unterlegen. Wir alle bleiben Sieger, da jeder sich selbst besiegt hat und jeder entschlossen ist, nur noch im Wettstreit des Guten mit dem andern zu kämpfen!“

Er ließ, mit glänzendem Lächeln, den Beifall verrauschen.

„Sie aber, Fräulein Italia, umarmen Sie Ihren Retter, wie wir alle ihn umarmen; denn er rettete nicht nur Sie.“

„Wo ist Don Taddeo?“

Vergebens durchwühlte sich die Menge. Auf der Treppe rief jemand:

„Er ist drunten auf dem Platz!“

Gerade zog er, ganz oben, den Riegel von der Tür zur Plattform. Er huschte hinaus, er hielt mit beiden Händen die Tür zu, er zitterte vor jäher Auflehnung: „Geht! Warum quält ihr mich noch! Ists nicht genug, was ich euch geopfert habe?“

Niemand hörte ihn. Der Advokat gelangte, von einer Welle Volkes hinabgeschwemmt, auf den Platz. Er verlor, sooft er auch stolperte, sein seliges Lächeln nie, und den Schlüssel zum Eimer reckte er immer hoch aus dem Schwall.

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