Allgemeines plattdeutsches Volksbuch/Dei witte Duw

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Sei sett'ten em Morgens uppen Wagen
Witt was sin Hemd un witt sin Kragen;
Twei Papen seten an sine Sit,
Sei bed'n flitig, — dei Weg was nich wit.

Un as sei kemen an einen Garen
Lep eine Fru da tau den Karen:
„Min Willem, Gott make di licht den Dod!
Gott gift dine Kinner un mi woll Brod.“

Hei gaff ehr dei Hand: „„Min Wiwken, da baben
Sünd unschüllig Lüde gaut uphaben!““
Sei führen wirer; dei Köster sang
Mit dei Schäulers ein Leid, bedräuwet un lang.

Un as sei an den Galgen kemen,
Von dei Kare sei em herünner nehmen,
Dünn müßt hei stigen dei Lerrer henan -—
Da ünnen stünn dat Mann bi Mann.

Dei Richter les sin Urtel helle.
„Bekenne, so kömmst du nicht in die Hölle!“
Dei Willem äwest säre dar:
„Gott make juch mine Unschuld klar!“

Hei bed'. Da namm den armen Sünner
Bi dei Hand dei grote, ruge Schinner:
Dei schmet dat Seil em üm dat Gnick —
Da hüng hei inne Luft am Strick.

Wat würre man nu gewahr im Volke?
Et let sick heraf eine witte Wolke,
Eine witte Duwe flög' herut
Un süng mit besonneren säuten Lut.

Sei flög um den Galgen woll dreimal lise —
Sei süng eine säute besonnere Wise: —
Dunn flögen twei Duwen tum Himmel herup,
Dei witte Wölk namm ok sick up.

Et ded sick up dei Himmel un Engel
Sehg man da stahn mit witte Liljenstängel;
Dei Duwen wiren twei Engel dar —
Da was dem Volk Wilm's Unschuld klar.