Wat sei alles maket/Dei Pillendreiher

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[100]Dei ole Profeeser Morbotter in’r Löwen-Apteike was en ganz harmlosen Minschen un en gemuitlichen Keerel, aber hei harre en Fähler, hei künne tau dulle leigen. Et make öhne den grötsten Spaß, wenn hei der Kundschaft dat Bast vulleigen künne, nich iut Bösartigkeit, o nä, bewahre! Aberst dat Leigen wör öhne all tau’r tweiten Gewohnheit ’eworen, besonners wenn dei Biuern herinner keimen, wör dat för öhne Water up dei Möhle, denen dat Fell vulltauleigen.

Niu stund up’r Apteikerdeele en Kasten mit’n Eikhörnchen, mit der Vorrichtunge, wenn dat Eikhorn tautratt, denn güng en Rad rund. Dat sach niu ganz posseerlich iut, wenn dat Kateekelken[1] orndlich trampe§ je sneller dat et leip, je rascher güng dat Rad in den Biuer rund. Der ganzen Kundschaft make düt Spaß, un jümmerst keeken sei den Kateekelken wat tau.

Niu kämm ok ’emal en Biuere herin. Wee dei düt Speelwarks sach, künne hei gar nich von den Kasten wegkomen.

„Herr Profeeser!“ reip hei, „wat is denn düt for ’ne Komeedie? Wat maket denn dat Deiert da? Wotau trampelt dat jümmerst?“

[101]„Tja!“ sä Morbotter, „das ist unser jüngster Lehrling, der muß Pillen drehen; die gebrauchen wir bei dieser Kriegszeit viel.“

„Pillen dreihen? Eck seihe aberst neine Pillen.“

„Ja, die fallen unten durch. Bei jedem Tritt ist eine Pille fertig. Überhaupt ist das Eichhorn ein Mensch, so gut wie Sie und ich. Jeder, der hier zuerst in der Apotheke in Dienst tritt, muß ein Jahr Pillen drehn. Sowie er eingetreten ist, bestreicht ihn unser Prinzipal mit einer Salbe, dann schrumpfeit er in der Nacht zusammen, mausert sich, und am andern Morgen ist er ein Eichhörnchen und muß ein Jahr als Lehrling Pillen drehn. Nach dieser Lehrzeit bestreicht ihn unser Prinzipal mit einer andern Salbe, den andern Morgen ist er wieder Mensch und - Provisor.“

„Hebbet Sei denn ok en ganzet Jahr Pillen ’edreihet?“

„Gewiß doch, ich habe ordentlich treten müssen und tüchtig dabei geschwitzt.“

Dei Biuere schüddele mit’n Koppe un brumme in’n Weggahn: „Dat is jo Tierquäleree. Nä, nä, wat se alles in sau ’ner Apteiken maket, da is’t Enne von wege.“


Na ’ner ganz langen Teet kümmt dei Biuere wee’r. Dat Kateekelken trampet noch jümmerst in den Kasten. Profeeser Morbotter wör aber [102]nich da, dafor stund dei Prinzepal sülben hinnern Träsen.

Dei Biuere fröggt: „Wo is denn dei ole Profeeser, dei is doch nich krank?“

„Der ist schon lange gestorben. Dafür ist ein anderer Provisor, Voßhage mit Namen, angenommen, der ist aber jetzt noch anderweitig beschäftigt.“

Dei Biuere fanget an tau lachen un seggt: „Ach sau, eck weit all Bescheid. Dat is düsse da, dei ritt woll erst seen Jahr af!“ Dabee wendt hei seck tau dat Kateekelken un seggt: „Herr Voßhage, eck wünsche Sei veel Glück bee Öhren Pillendreihn. Adjüs, Herr Voßhage!“

Niu harre Voßhage ganz brandroe Haare, von der Larbe, wee dat Kateekelken.

Un wee dei Biuere en annermal wee’r kümmt, steiht Voßhage hinnern Träsen. „Na“, fröggt dei Biuere, „Herr Voßhage, wee is Sei denn dat Pillendreihen bekomen? Hebbet Sei neine meuhe Beine kreegen?“

Dei wußte niu nicks von Morbotter seene Lögen un sä: „Nein, müde Beine habe ich nicht gekriegt, denn man dreht doch keine Pillen mit den Beinen, sondern mit den Händen. Uberhaupt habe ich seit zehn Jahren keine Pillen gedreht.“

„Na, niu leigen Sei man nich, Sei willt dat bloß nich ’ehat hebben. Vor seß Weeken hebbet Sei da [103]in’n Kasten säten un hebbet Pillen dreihet, dei hebbe eck sülben eseihn, dat kann eck besweeren, un dat kann en blind Minsche mit’n Stocke feuhlen. Öhre Haare sind jo noch ganz rot ’ebleeben; Öhr Prinzepal het nich genaug Salbe nohmen.“

„Was gehn Sie meine Haare an, sind Sie verrückt? Machen Sie hier keine faulen Witze, und scheeren Sie sich hinaus, wenn Sie hier Leute uzen wollen!“

„Na ja, eck gahe jo all. Aberst dat Sei da in den Kasten säten hebbet, dat is sau klar wee Torf. Adjüs!“

Original-Footnoten

  1. Kateekelken = Eichhörnchen

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