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Vnà: Modellhafte Synthese von Alt und Neu


Vnà im Unterengadin liegt auf einer Sonnenterrasse in 1650 Meter Höhe. Das baulich bemerkenswert intakte Dorf mit seinen steilen Wegen, Sgraffiti- verzierten Häusern und zahlreichen Brunnen steht unter nationalem Schutz. 65 Einwohner zählt der Ort heute, in den 1970er-Jahren waren es noch rund 200. Was war passiert? Wie in vielen anderen Alpenregionen mussten Teile der Bevölkerung wegziehen, um in entfernten Landstrichen Arbeit zu finden, denn der Haupterwerb, die Viehzucht, war immer schon zu wenig einträglich. In V nà sowie im ganzen Engadin ist das keine Entwicklung, die erst in den 1970er- Jahren einsetzte, sondern eine Notwendigkeit, die bereits im 16. Jahrhundert ihren Anfang nahm.[2] Viele der Ausgewanderten kamen allerdings wieder in ihre Heimat zurück und errichteten mit den Einnahmen aus der Fremde ihre stattlichen Häuser. Der Dorfälteste von Vnà, Men Margadant (1926 geboren), bezeugt diese Entwicklung in eigener Person. Er ist 16-jährig nach Chur gezogen, hat dort seine Familie gegründet und sein Leben als Kaufmann verdient. In der Pension kehrte er gerne wieder nach Vnà zurück. «Reich war Vnà nie. Beim Bau der grossen Häuser von Vnà hat man viel selbst gemacht und einer hat dem anderen geholfen», meint Men Margadant.[3]

Die Abwanderungswelle der letzten 30 Jahre hatte in Vnà zur Folge, dass zahlreiche der infrastrukturellen Einrichtungen nicht mehr profitabel waren. So sperrten nach und nach die Schule, die Post, der Laden sowie auch das zentrale Dorfgasthaus «Piz Tschütta» zu - der Ort war ohne soziale Anlaufstelle geblieben.


Die Initiative: Modellhafte Mehrdimensionalität


Für die Kulturmanagerin und Bürgerin von Vnà, Urezza Famos, war die spürbare Leere im Dorf Anlass, über eine mögliche Veränderung nachzudenken. Gemeinsam mit Gleichgesinnten aus dem Unterengadin, Freunden von Vnà und Einheimischen bildete sich 2002 eine Initiative, die überlegte, «wie man Vnà und dem Haus Piz Tschütta neues Leben einhauchen, Arbeitsplätze schaffen, Feriengäste gewinnen, einen sanften Tourismus ankurbeln, die Abwanderung stoppen könne».[4] Als Ansatzpunkt für all diese Initiativen kristallisierte sich bald heraus, die Revitalisierung des Hauses «Piz Tschütta» anzudenken. Das war zu diesem Zeitpunkt allerdings verkauft, um es einer Neunutzung zuzuführen. Kein