Page:Labi 2009.djvu/22

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Pfund an Steuern; eine Untersuchung der Entwicklung der Steuerleistungen Wiener Gewerbetreibenden zur Mitte des 18. Jahrhunderts bestätigte dem Rauchfangkehrerhandwerk jetzt aber eine günstige und gleichmässige wirtschaftliche Entwicklung.[38] Bei einer konstanten Zahl von 18 Gewerbetreibenden erhöhte sich die Gesamtsteuerleistung von 378 Gulden im Jahr 1749 auf 436 Gulden im Jahr 1775. Es finden sich in den Steueraufzeichnungen keinerlei Armutsvermerke, und selbst von Witwen geführte Betriebe, denen in anderen Gewerben oft der wirtschaftliche Abstieg drohte, hatten kaum finanzielle Schwierigkeiten. Diese gute Konjunktur des Rauchfangkehrergewerbes hielt sich auch in den folgenden Jahrzehnten, 1809 zahlte jeder Meister durchschnittlich 31 Wiener Gulden an Steuern. Das Gewerbe hatte demnach im 18. und 19. Jahrhundert einen sogenannt goldenen Boden; gegenüber vielen anderen Wiener Handwerken gab es kaum Veränderungen der guten wirtschaftlichen Situation.[39]

Mehrere Gründe können für diesen ökonomischen Erfolg der Wiener Rauch fangkehrer angeführt werden. Einerseits war das Kehren der Kamine behördlich geboten, die Meister waren demnach nicht in dem Ausmass von Nachfrage und Kaufkraft der Wiener Bevölkerung abhängig wie andere Gewerbe. Auch waren bereits im 18. Jahrhundert fixe Kehr-Rayons festgelegt, welche die Häuser eines Gebietes dem jeweiligen Meister zur Betreuung zuwiesen.[40] Andererseits wurde das Handwerk bereits zur Mitte des 17. Jahrhunderts zu einem erblichen, es konnte damit vom Vater auf den Sohn oder von der Witwe an einen neuen Mann vererbt werden, aber auch zu einem verkaufbaren Gut.[41] Verkäufliche Gewerbe, auch als Realgewerbe oder kaufrechtliche Gewerbe bezeichnet, waren jene, die im Gegensatz zu dem an eine Person gebundenen Handwerk den Charakter eines Sachgutes angenommen hatten. Diese Erblichkeit der Betriebe ermöglichte es den Schweizer MigrantInnen, das Gewerbe fast zu monopolisieren und kontinuierliche Migrationsnetzwerke mit ihren Herkunftsregionen aufzubauen. Else Reketzki formulierte dazu: «Italiener haben das Rauchfangkehrerhandwerk in unsere Heimat gebracht; sie sorgten auch dafür, dass das Handwerk in ihren Händen blieb.»[42]

Neben der Monopolisierung des Gewerbes durch italienischsprachige MigrantInnen und der Möglichkeit der Vererbung gelang es den Zunftmeistern auch, die Zahl der Betriebe bis ins 19. Jahrhundert auf 18 zu beschränken. Die Berechtigung zur Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes wurde zum «knappen» Gut und ein lukratives und erstrebenswertes Handwerk.[43] Diese 18 Meisterstellen, die bereits 1749 bestanden, galten weiterhin als verkäuflich und vererbbar; enge verwandtschaftliche Beziehungen verbanden die InhaberInnen miteinander. Zwar