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Vorkommnisse wie dieses thematisieren die Rolle der Bergführer und führen dazu, dass über eine reglementierte Entwicklung und Organisation im Berg- führerwesen nachgedacht wird. Die Rollen «Tourist» und «Führer» werden festgeschrieben, Ausbildung und Qualifikation zum Bergführer überwacht und zertifiziert. Mittlerweile werden die Berge nicht mehr «nur» - wie im frühen Alpinismus - entdeckt, erwandert, vermessen und erforscht. Der alpinistische Aspekt rückt vielmehr in den Vordergrund. Ab 1850 übernehmen die alpinen Vereinigungen ihren Statuten und Programmen gemäss die «Erschliessung» des Gebirges, veranlassen die Anbringung von Markierungen, errichten Wege und Hütten, erleichtern massgeblich Zu- und Aufstiege, Übergänge und Gip- felbesteigungen. Demzufolge sinkt die Nachfrage nach einfach nur orts- und geländekundigen Einheimischen, die als Wegweiser gebraucht werden. Nun sind jene Bergführer gefragt, welche die technischen Fähigkeiten zur Über- windung einer Hochtour aufweisen. Orientierung im Gelände wird von ihnen gleichermassen erwartet wie die Gewährleistung sicherer Hilfe in schwieri- gen und gefährlichen Situationen. In seiner Rückschau auf die Entwicklung des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins in den Jahren 1895-1909 resümiert der Generalsekretär des mitgliederstärksten alpinen Verbandes in den Ostalpen: «Diese Verhältnisse [höhere Anforderungen an die Bergführer] nötigten nun dazu, einerseits der Ausbildung der Führer erhöhte Sorgfalt zu widmen, andererseits eine Auslese unter dem Nachwuchs zu treffen. Letzterem Zwecke diente die Einrichtung einer Zwischenstufe zwischen Trägern und Führern, der <Aspiranten>, nämlich solcher Träger, die zum Führerberuf die nötigen körperlichen und geistigen Fähigkeiten besitzen. Der Zentralausschuss Innsbruck stellte den Grundsatz auf, dass zum Führerberuf nur Leute zugelassen werden sollen, die zuerst mindestens zwei Jahre als behördlich legitimierte Träger gedient und hierauf einen Führerkurs besucht haben. Solche in einem Kurs ausgebildete Träger sollten dann noch einige Zeit als <Aspiranten> sich erproben, ehe sie die Autorisation zum Führer erhielten.»[10]

In Österreich obliegt die Autorisierung zum Bergführer den Behörden. Von den politischen Landesbehörden werden die Bergführerordnungen erlassen, die Rechte und Pflichten der Bergführer regeln und gesetzlichen Charakter haben. Die k. k. Statthalterei für Tirol reagiert auf die beschriebenen Entwicklungen im Bergführerwesen, indem zum Bergführerberuf nur zugelassen wird, wer den erfolgreichen Besuch eines Führerkurses nachweist. Diese Bestimmung sichert dem Alpenverein den massgeblichen Einfluss auf die Auswahl der

zukünftigen Bergführer, da die Zulassung zu den Führerkursen Vereinsent-

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Histoire des Alpes - Storia delle Alpi - Geschichte der Alpen 2009/14