Page:Labi 2009.djvu/151

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Steuerverwaltung mit dem Ziel der Sanierung des Kontributionswesens. Dies stand im Einklang mit den staatlichen Bestrebungen der «politischen Ordnung des Raumes» zur Verbesserung der Zugriffsmöglichkeiten auf die Human- und Bodenressourcen.[3]

Den Auftakt zu dem Reformwerk bildete das theresianische Patent vom 26. Juli 1748. Dieses war ein Paukenschlag. Erstmals wurde das Prinzip der allgemeinen Steuerpflicht festgesetzt. Die Grundherren waren nicht mehr von der Steuer ausgenommen. Der herrschaftliche Boden wurde in die Besteuerung mit ein- bezogen.[3] Die Steuern mussten aus dem eigenen, grundherrlichen Einkommen beglichen werden. Nach wie vor waren aber die Steuersätze nicht einheitlich. Der Rustikalbesitz (= dem Bauern gehöriges, für diesen frei verfügbares Land) wurde mit zwei Prozent höher besteuert als der Dominikalbesitz (= dem Grund- herrn gehörendes und von ihm bewirtschaftetes Land) mit nur einem Prozent. Um für die Steuerbemessung eine entsprechende Basis zu besitzen, schritt man nun staatlicherseits zur «Fassionierung» von Grund und Boden und führte eine «Steuerrektifikation» durch, die 1748 begonnen und 1756 abgeschlossen wurde.[4] Teils basierte die «Rektifikation» auf «Selbstbekenntnissen» («Fassionen»), teils auf Kapitalschätzungen. Neben dem Fehlen von kartografischen Aufnah- men war das einer der Schwachpunkte, zumal davon auszugehen ist, dass die Grundherren einen Teil ihrer Güter verschwiegen und die Schätzungen ihres Bodens zu niedrig ansetzten. Die Erfassung des steuerpflichtigen Bodens war kein einfaches Unterfangen. Zum einen bildete die feudal-grundherrschaftliche Verfassung eine erhebliche Hürde für die Anlage der Besitzverzeichnisse, zum anderen erhob man von Provinz zu Provinz unterschiedlich. In den innerösterrei- chischen Ländern etwa verzeichneten die «Bekenntnisse» lediglich die Durch- schnittserträge und die Flächen für die Äcker, Wiesen, Gärten und Weingärten, bei den Weiden und Alpen die Art, ferner die Zahl des Viehs.[5] Insgesamt blieb die «Rektifikation» ein unvollkommenes Werk. Für die einzelnen Provinzen galten weiterhin unterschiedliche Normen. Fern war man von einer Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlagen und einer «gerechten» Wertbemessung des Bodens. Auch blieben die Steueroperate herrschaftsorientiert angelegt. Ein flächenhafter Überblick fehlte.[6] Und doch war das Inkrafttreten des auf der «Rektifikation» basierenden Steuersystems 1756 aus der Sicht der staatlichen Instanzen ein Schritt nach vorne. Erstmals hatten die staatlichen Stellen annäherungsweise einen Überblick über die vorhandenen agrarischen Ressourcen erhalten. Aus staatlicher Sicht lag es auf der Hand, dass die «Rektifikation» nur ein Provisorium

sein konnte. Weitere Reformschritte hatten zu folgen. Zu weit war man noch von

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Histoire des Alpes - Storia delle Alpi - Geschichte der Alpen 2009/14