Die Verhältniszahlen zwischen Tirol und Vorarlberg zeigen, dass im Vergleich zu denen der Gesamtbevölkerung in Abwanderungs- und Zuwachsgemeinden die Tiroler Theologiestudenten insgesamt wie auch aus den einzelnen Wirtschaftssektoren proportional stärker im Priesterseminar vertreten waren als die Vorarlberger. Die Unterschiede in Gegenden mit einem Bevölkerungsrückgang waren in Tirol im Vergleich zu Vorarlberg geringfügig höher als in den Wachstumsgemeinden; überproportional besonders stark vertreten waren allerdings die Studenten der Tiroler Abwanderungsgebiete aus dem sekundären Sektor.
Eine ausschliessliche Betrachtung des Vorarlberger Gebietes der Diözese verdeutlicht, dass ländliche Räume im Hinblick auf den Priesternachwuchs für die Kirche nicht nur bedeutsam, sondern geradezu notwendig waren. In Tirol, das insgesamt im 19. Jahrhundert noch weitgehend agrarisch geprägt war, lebten die Menschen etwa zu gleichen Teilen in Gegenden mit einer schrumpfenden und solchen mit einer wachsenden Bevölkerung und die Herkunft der Theologiestudenten verteilte sich in etwa genauso. In Vorarlberg hingegen wohnten weit weniger Personen in ausgesprochen ländlichen Regionen beziehungsweise Abwanderungsgebieten und der Anteil der aus solchen Gegenden stammenden Priesterseminaristen war im Vergleich zur dort lebenden Bevölkerung deutlich höher. Zuwanderungsgebiete waren in Vorarlberg dagegen verhältnismässig stärker bevölkert als in Tirol, - eine Tatsache, die nicht nur ein relatives Übergewicht in quantitativer Hinsicht widerspiegelt, sondern hinter der sich auch qualitative Unterschiede verbergen.
Die deutlich höhere Konzentration der Vorarlberger Bevölkerung in Wachstumsgebieten ist die Folge einer bereits fortgeschritteneren industriellen Entwicklung und eines damit parallel einhergegangenen Urbanisierungsprozesses, die im Vergleich zu Tirol wesentlich früher eingesetzt und somit bereits im 19. Jahrhundert die regionale Siedlungsstruktur nachhaltig verändert haben. So verzeichneten im Untersuchungszeitraum rund ein Viertel der Vorarlberger Seelsorgstellen eine Bevölkerungszunahme um mehr als 50%, während eine solche nur knapp 6% der Tiroler Ortschaften für sich verbuchen konnten. In Vorarlberg wiesen vor allem die über das ganze Land verstreuten Industriestandorte, wie beispielsweise Bludenz (170%), Feldkirch 182%), Hard (141%), Hatlerdorf (309%), Hohenems (102%), Kennelbach (258%) oder Lustenau (131%), sehr hohe Zuwächse auf; in Tirol hingegen lagen die Ortschaften mit einem vergleichbaren Wachstum zum Grossteil in unmittel-