Page:H.M. Zwischen den Rassen.djvu/480

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Tränen. Was ich selbst litt, ist nichts mehr. Wie ich Ihre Tränen stillen kann, ist alles. Vertrauen Sie mir denn noch? Verachten mich nicht?“

„Verachten, Sie? Glauben Sie mir also meine Reue nicht? Wie soll ich sie Ihnen beweisen? Soll ich Ihnen die Hände küssen?“

Er entriß sie ihr und schlug sie vor sein Gesicht. Er neigte den Kopf, und sie neigte ihn; ihre Stirnen berührten sich zitternd; sie weinten.

… „Daß ich dich wiederhabe!“ sagte sie, die Hände mit Leidenschaft um seine Schläfen. „Nur wissen will ich, daß du an mich denkst. In deiner Hut sein. Sage mir, ob du mich nie vergessen hast. O! du konntest es nicht. Du warst bei mir, ich fühlte es!“

„Ja. Denn ich bin gar nicht gereist, es waren Lügen. Die weite Welt, die Sie mir vorgezogen hatten, schien mir hassenswert. Sie waren meine letzte Enttäuschung, und meine tiefste. Das einzige Geschöpf, das meine Sprache verstanden hatte, verschmähte es, mir in ihr zu antworten. Ich war allein wie nie vorher. Die Einsamkeit war auszuschlürfen, wie ein eisiger Bergsee. So wollte ich’s. Ich wollte nicht reisen, mich nicht zerstreuen. Ich hatte doch nur Wert, meinte ich, wenn ich bei mir blieb, den Schmerz und die Sehnsucht, die ich von Ihnen hatte, gesammelt ließ. Die feenhafte Pracht des einsamen Leidens, die Eisgrotten und Schneefelder, durch die Sie mich schickten, waren zu erproben, zu genießen. Sie sehen, daß ich eitel war. Mich ekelt’s, gedenke ich dieser Selbstsucht.

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