Page:H.M. Zwischen den Rassen.djvu/439

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mich bloß flüchtig ergriff, daß ich darüber hinweggehen konnte. Und die Tage vorher: so fieberhaft und zerrissen war sie! Ihre Blicke, die darum rangen, mich nicht zu hassen! Wie sie sich gequält hat! Das konnte ich vergessen? Das konnte mir verschwimmen und seine Kraft verlieren?“

Lola richtete sich im Bett auf, als träte ein Unerwarteter ins Zimmer.

„Dann bin ich also blind und undankbar! Sie hat recht: ich verlange alles; ich wundere mich, daß ich nicht von Liebe umringt bin; und ich gebe nichts. Habe ich Erneste gegeben? Habe ich Pai gegeben? Mein Gott, also lieblos? Wirklich lieblos?“

Sie ließ sich sinken, drückte das Gesicht weg.

„Und ich habe doch so viel Liebe erträumt, für so viele! Als Kind war ich bereit, für Mai, für Erneste zu sterben. Ich ersehnte der Menschheit einen bessern Stern. Nur mir? Wer sagt das? Nicht auch jenem die Heimat suchenden Auswanderer, dessen Schicksal meinem glich, und allen, allen? Ich litt, noch voriges Jahr, mit jenen Bauern, denen mein Mann ihr Geld nahm. Auch Tini habe ich lieb gehabt, lieber als sie meint … Wen aber habe ich’s je fühlen lassen? Wem ist wohler geworden durch mich? Ich bin eine Unfruchtbare! Mein Gefühl war nie mehr als selbstsüchtige Spielerei. Die wirklichen Menschen berührte ich damit nicht. Konnte ich denn zu ihnen? Ich war allein und einzig und litt, meinte ich, so viel mehr als alle! Sie waren in meiner Schuld; sie hatten mich so einsam gemacht, hatten mir die Heimat genommen.“

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