damals auch noch nicht. Inzwischen habe ich freilich über Dich nachgedacht und mir gesagt, daß Du ein anständiger, aber liebloser Charakter bist … So, Lola, das konnte ich Dir nicht ersparen. Im übrigen wünsche ich Dir, daß Du Dich einlebst. Das dauert wohl manchmal lange. Auch ich habe Zeit gebraucht, bis ich ganz entschlossen meine Kunst allem, aber allem voranstellte. Wenn ich heute noch einen Mann liebe, nehme ich ihn doch durchaus leicht. Und sobald er meiner Kunst gefährlich wird, mache ich mich unerbittlich von ihm los. Die moderne Frau hat glücklicherweise ihr Schicksal selbst in Händen, und Klagen wären überflüssig. Möge es Dir wohlergehen. Mit Gruß.
Tini.“
Empört warf Lola den Brief hin. War ihre Annäherung nichts Besseres wert als dies? Dann erinnerte sie sich: „Ach ja, so waren sie dort hinten! Etwas hart vor Tapferkeit und Selbständigkeit, etwas anspruchsvoll. Noch ein wenig neu in der Freiheit und darum nicht ganz sicher im Geschmack: so waren die Frauen dort alle und natürlich auch Marie Gugigls kleine Schwester. Die hiesigen haben sich mir von solchen Seiten gezeigt, daß ich die Nachteile jenes anderen Typus beinahe schon vergessen hatte … Aber sie wäre fast gestorben?“
Lola nahm den Brief wieder auf.
„Das war also mehr als Kinderei? Sie hat mich so sehr geliebt, daß sie lieber sterben, als mir mein Glück wegnehmen wollte? Als ich abreiste, lag sie krank im Bett: ich war selbst so verstört, daß es