Page:H.M. Zwischen den Rassen.djvu/417

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„Schämst du dich nicht? Dieser Ton ist empörend von seiten einer Mutter, oder von einer, die es sein sollte!“

Er faßte hinter sich, durchs offene Fenster, nach der Grafenkrone, die an der Hauswand schwebte. Er klopfte den runden Arm des Majolikaengels, der sie hielt. Mit Nachdruck:

„Nur über dem Haupte einer Mutter tragt ihr sie! Andernfalls —“

Im Fortgehen, über die Schulter hinweg, stieß er den Refrain aus:

„— geh nur zu dem Tor wieder hinaus, durch das du gekommen bist!“

Sie lehnte sich ans Fenster und sah starr hinunter auf den blanken, frommen Kopf der Madonna, die die Verkündigung vernahm. Eine wehmütige Eifersucht beschlich Lola … Sie schüttelte sich, sie trat vom Fenster weg. Aber ein Drang ängstete sie heimlich, nach der Frau, die die Botschaft empfing. Zu Fuß verließ sie das Haus, nur um gegenüber sich ungesehen in einen Flur zu stürzen und hinzuspähen. Da knieten sie, links und rechts des Torgiebels, in ihren spiegelnden Gewändern und beide mit zusammengestellten Handflächen, die Jungfrau und der Engel: er stürmisch hingeworfen, sie geordnet und still, als habe sie ihn erwartet. Die Lilien und die Rosen waren ihrer Mutterschaft zu Ehren schon entsprossen, die bunten Vögel sangen ihr schon, und schon hoben die Kinderengel über ihr Haupt die Krone. Bis unter die Fenster des zweiten Stockwerkes war das weite alte Haus bedeckt mit der Schaustellung der Mutter-

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