Page:H.M. Zwischen den Rassen.djvu/276

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das leere Pflaster. Alle hatten sie sich selbst überlassen!

Auf der Flucht vor der nahenden Sehnsucht fuhr sie, ganz allein, in das braune, traurige Land hinaus. Weiß stand darin, auf ihren groben Säulen, eine kleine Gnadenkirche: innen bäurisch bunt und die Wände umringt von Holzfiguren in den schweren Stoffen und Rüstungen von einst, von den Bildern Geretteter. Jener Ritter war aus der Schlacht bei Pavia heil hervorgegangen, diese Dame von einem Pestgeschwür gesundet, und der verdächtige Gauch dort in Schnürkittel und schütterem Bart hatte schon im Block gelegen, mit Feuer an den Füßen, und doch hatte die Madonna ihn freigemacht. Und Lola erschien sich auf einmal als die Beute einer Leidenschaft, einer Krankheit, eines barbarischen Übels; wünschte sich, gleich diesen die Madonna anrufen zu können; sank, vernichtet von der Einsamkeit dessen, den keine Götter mehr hören, auf eine Bank.

Als ihr dann wieder die Sonne ins Gesicht schien, war sie beschämt, als habe sie sich dort innen eine Komödie vorgespielt.

„Dieses Leben macht mich verrückt. Warum laß ich ihn nicht kommen: alles wäre so einfach, wäre freundschaftlich abzumachen.“

Zwar bedachte sie sogleich, er sei kein Freund: er, der mit jedem Tage schwerer zu Vermeidende … Und auch Mai hatte Lola hierbei nicht zur Freundin. Das erbitterte sie. Wie oft hatte Mai sich, wenn’s nicht not tat, zu einem Opfer erboten. Jetzt kam’s

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