Page:H.M. Venus.djvu/85

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famose Geschichten … Was liegt Ihnen an der dalmatinischen Freiheit?.. Sie haben lange Jahre nur der Kunst gelebt: was ist Ihnen heute die Kunst? Heute sind Sie bei der Liebe. Beachten Euere Hoheit, bitte, wie die Herren dort Sie ansehen; sogar die Damen! Damen und Herren, alle werden hier närrisch. Man fühlt sich gekitzelt, man weiß nicht wie. Die Damen sind unnatürlich heiß, und die Herren lebendiger als man’s sonst ist. Und in allen Ecken nennt man Ihren Namen, will von Ihnen mehr wissen als der Nachbar, berauscht sich am Anblick Ihres Nackens — was haben Sie für einen Nacken bekommen! — und meint schon Ihren Atem auf den Lippen zu spüren, wenn man einen Ihrer heißen Weine hinübergießt.“

Er wischte sich die Stirn ab und dachte eilig: „Ich fühle mich ganz weich vor Begeisterung; sollte mir was fehlen?“ Er tastete nach seinem Puls. Oder ist es bloß, weil ich, seit so vielen, vielen Jahren, wieder einmal vor einem Menschen Furcht habe?.. Jawohl, Furcht hab’ ich, und noch etwas anderes, was ich erst recht nicht haben dürfte, ich, der ich in so einer gefährlichen Haut stecke.“

Er keuchte, wie gepeitscht.

„Sie sind geradezu die Göttin der Liebe! Was kümmert Sie die Kunst. Was kümmert Sie die Freiheit.“

„So viel wie sie mich mit zwanzig Jahren kümmerte,“ erwiderte sie leise und gütig.

„Die Freiheit ist nur ein Wort, ich aber bin ein Mensch, und habe immer dieselbe Seele: nur die Schick-

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