Page:H.M. Venus.djvu/303

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Ihr Herz beruhigte sich endlich. Vier Tage lang litt sie nichts. Am späten Nachmittag des fünften fragte ein Diener aus dem erzbischöflichen Palais, ob Ihre Hoheit geneigt seien, den Generalvikar zu empfangen, Sie hatte noch gar nicht Zeit zu antworten gehabt, da ward er schon gemeldet.

Tamburini trat ein, rasch und wuchtig, wie vor vielen Jahren. Er war noch immer der massige, starkknochige Beamte und Geschäftsmann im Priesterkleid. Seine beweglichen, klugen Augen funkelten unter schweren Lidern in dem vierschrötigen Gesicht. Kein Muskel seiner mächtigen Kiefern war erschlafft, sein Gebiß war vollständig, und die Haarsträhne die seine niedrige Stirn teilte, war tiefschwarz. Aber unter seiner Haut floß noch mehr Galle.

Der künftige Kirchenfürst stand aufgepflanzt wie vor der Front von Millionen, und in der einschüchternden Haltung eines Portiers. Hinter ihm verharrte Nustschuk. Die Herzogin lud die Herren ein, sich zu setzen. Tamburini sagte:

„Frau Herzogin, ich komme als alter Freund. Sie sind immer eine gute Tochter der heiligen Kirche gewesen. Ich kann das unmöglich vergessen, bloß weil Sie in den letzten Jahren in Irrtümer verfallen sind.“

„Sie sind zu gütig, Monsignore,“ sagte die Herzogin.

„Ihre Irrtümer sind schwer, das gebe ich zu, und haben viel Ärgernis erregt. Aber durch eine umfafsende Beichte und aufrichtige Reue setzen Sie mich

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