Page:H.M. Venus.djvu/229

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Yollas Wege — zogen noch ebenso braun und sanft dahin. Die treuherzigen Schafe reckten an den Hecken die Köpfe, und die beiden schweigsamen Alten geduldeten sich, bis die Tiere weiter trappelten … Nino bäumte sich auf gegen so viel Frieden!

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Am Abend, hungrig und bestaubt, kehrte er ins Haus zurück. Die Zimmer der beiden Fremden standen leer. Vor Tag verschwand er wieder, ohne gesehen zu sein. Erst in der zweiten Nacht traf er seine Geliebte im Garten, wo er in der Meeresluft schlafen wollte. Denn es war fehr fchwül. In einer stark duftenden, schwarzen Wildnis, unter einem wirr funkelnden Himmel, entdeckte plötzlich jeder des andern weißes Gesicht. Es verging eine Weile.

„Nino,“ sagte dann die Herzogin, „weißt du, wer statt deiner bei mir gewesen ist? Sikelgaita, die schöne Dame von der Kanzel im Dom. Sie kam unter einer breiten Edelsteinkrone und trug einen Papagei auf dem Finger; er hackte immer nach ihrem grünen Ring, Sie hatte ein grobkörniges Gesicht, wie aus Marmor, und eine Stimme, tief und doch kindisch. Sie spielte Guitarre und sang mir Lieder, die zu ihrer Zeit unter ihrem Fenster erklungen waren, aus dem Munde eines vierzehnjährigen Mauren … So sind die Stunden dennoch hingegangen,“ so schloß sie, und seufzte mitten in einem Lächeln … Sie erdrückte unter Märchen die ganze Angst und die ganze Erregung ihrer Weiblichkeit: die Schwermut und den

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