Page:H.M. Venus.djvu/212

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Friesen voll geheimen Sinnes, mit ihren Portalen von lauter steinernen Blumen, aus fabelhafter Erde aufgeblüht. Die Fenster teilen schlanke Säulchen, und zwischen den träumerischen Blättern der Kapitale glühen große, dunkle Frauenaugen!“

„Wir haben selbst unser Haus, Nino,“ sagte die Herzogin und betrat eine Gasse. Bei einer Biegung sprang eine Front von gebrechlicher Erscheinung im Winkel vor. Ein rotes Licht schwankte über der Eckkapelle, an dem moresken Pilaster. Sie ließen das Portal zurück; auf der Schwelle hockten steinerne Geschöpfe ohne Namen — und plötzlich fanden sie sich in einem Walde voll Säulen uud Rosen. Die Herzogin sah Nino an: seine Gesichte wurden zu Stein und Blüte — aber er bemerkte keinen Unterschied.

Sie durchwanderten wortlos den Traum dieses Palastes, der auf Befehl des Prinzen von Lahore aus der Erde gestiegen war. Sie entdeckte Bäder und Höfe; auf Gewölben aus schwarzem Tuff entfaltete sich manchmal eine große Marmorrose. Kleine weiße Säulen tänzelten dahin, in der Höhe, die offenen Gänge entlang. Eine Cisterne dunkelte unter ihrem Bogen harter, schwarzer Blätter. Das leere Mosaikpflaster hallte, und hinter dunklen Pförtchen ahnte man ein Wispern und das Zittern von Schleiern, die ungeduldige Glieder kräuselten.

Zwischen gekalkten Pfeilern, von Reben überdacht, erblickten sie plötzlich das Meer, tief unten, hingewälzt unter glänzend blauen Decken, als eine große, träge, beseligende Göttin. Die Küsten waren ihre hellen

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