Page:H.M. Venus.djvu/116

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einmal immer ein Jean Guignol … Denn das alles, Herzogin, alles das brauchen Sie!“

Sie blieb stehen, in großem Erstaunen. Es war in einer langen Spiegelgalerie, zwischen Gold und Krystallen, und sie hörte ihre Schritte verhallen. Im Spiegel sah sie ihres Begleiters bewegliche Grimassen, seine spaßhafte Wehmut — und daß er zitterte vor heimlicher Spannung darauf, ihr auf eine wenig anzügliche Weise Dinge zu sagen, die er schon lange umhertrug, wog, zuspitzte. Er sah im Spiegel ihr Lächeln und gestand.

„Wozu Listen! Ich ergebe mich. Ja, Herzogin, ich habe mich mit Ihnen beschäftigt, schon vor vielen Jahren. Ich habe die mondainen Chroniken gelesen, habe umhergehorcht, geraten und geformt … Ja, ich bin einer von denen, die von Ihnen Stoff zu Träumen empfangen haben: — ich bin einer der vielen. Eine Frau wie Sie wird für einen jungen Mann in der Einöde einer geschäftigen Stadt und eines hochgelegenen Zimmers zu einer Gefährtin. In der Zeitung findet er manchmal Ihren Namen: er erblickt ihn in goldenen Lettern, und sein Traum verfolgt Ihre goldenen Fußtapfen bis an märchenferne Gestade, in üppige Blumenstädte von Genüssen rauschend, auf liebestrunkene Meere, oder zu alten, übergewaltigen Meisterwerken und unter die geistigen, alles verstehenden Menschen, die wir als Jünglinge irgendwo draußen vermuten, und deren Nichtvorhandensein wir nur widerstrebend begreifen…“

„War ich Ihre Muse?“ fragte sie. „Sie wollen mir schmeicheln, aber Sie wissen nicht —“

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