Page:H.M. Minerva.djvu/91

From Wikisource
Jump to navigation Jump to search
This page has been proofread.


„Es ist in Sankt Petersburg aufgeführt worden, vor den kaiserlichen Hoheiten.“

Mas behandelt es doch?“

„Das Stück war eine Studie der absoluten Leidenschaft in einer Frauenseele, — einer Leidenschaft, sage ich, die gar nicht mit sich reden läßt, und wie’s gar keine giebt. Ich hatte sie rücksichtslos analysiert und mit skeptisch beobachtenden Charakteren umstellt, wie mit ebensovielen Reflektoren. Es war etwas sehr Amüsantes.“

„Ich kann es mir denken. Schicken Sie mir doch das Buch.“

Er verbeugte sich, aufgetaut und blaß besonnt.

„Und was Properzia anbelangt,“ bemerkte die Herzogin noch, „so wissen Sie es nun: ihre übertriebenen Gefühle schaden Ihnen. Besänftigen Sie sie. Stimmen Sie sie friedlicher und glücklicher; es steht in Ihrer Macht. Dann wird man an Ihnen gar nichts Auffallendes mehr bemerken.“

Sie rief Clelia zu sich. Mortœil dachte: „Ich pfeife auf Clelia und Olympia, und sie sollen es sehen.“ Er trat vor Properzia. Sie erhob sich sofort, toten blaß. Sie gingen nebeneinander bis unter die Thür zum Saal der Venus. Sie war niedrig und hatte eine breite, weite Marmorfüllung, eingelegt mit runden Emaillen. Dort wand die Sibylle einen Kranz von grünen Schlangen. Milchige Stufen geleiteten in eine goldene Landschaft. Orpheus geigte, nackt, unter einem Feigenbaum; Einhorn, Löwe und Reh standen vor ihm, im hohen Gras. Auf tief leuchtendem Blau

75