Page:H.M. Minerva.djvu/52

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Herzogin ihnen zusah. Er holte Lady Olympia ein und flüsterte ihr im Nacken:

„Wo? Wann?“

„Meine Gondel wartet,“ erwiderte sie.

Sie verschwanden durch die Reihe kleinerer Gemächer, die die Flucht der Säle begleitete.

Die Herzogin blieb ganz vereinsamt im Saal der Minerva. Sie wollte spotten, aber ihre Lippen verzogen sich schmerzlich. Denn aus dem letzten der Säle schlug es ihr entgegen, wie der Atem eines ungeheuren Glutofens. Sie preßte die bloßen Schultern mit Kraft gegen den Marmor der stillen Bank; er war geziert mit den Reigen lieblicher Geschöpfe, die ihr Fleisch kühlten und liebkosten. Sie drückte den Kopf in den Nacken, den Mund nach oben geöffnet, nach der silberklaren Luft der Götter, die an der Decke strahlten und feierten. Aber sie hörte es drüben singen und wüten, das schwere dunkle Blut, das dort Menschen und Götter irr und selig machte.

Bei der Ernte und im Genuß, unter Reben, im durchsonnten Schatten, glänzten nackte, strotzende Menschen, ohne Scham und ohne Not. Breite Weiber mit saftigem Fleisch und geröteten Gesichtern lehnten sich satt an ihre Männer; die waren stark, ockerrot und nackt und bekränzt mit Weinlaub. Junge Mädchen, geschmeidig und fleischig, gebräunt und vom Weine durchpulst, zerdrückten mit den Spitzen ihrer Brüste die Trauben in der Butte. Hinter ihnen drängte und lachte der tüchtige Bursche, der sie nehmen durfte. Bacchus, fett, weinrot, lallend, wackelte im

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