Page:H.M. Minerva.djvu/321

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hinstreifen, und die Tiere, die sich ihnen anschmeicheln. Ihr Gürtel liegt, als ein Reif von Licht, um Hellas und um die Welt. Der Himmel trägt ihr Gesicht und bricht blau aus ihrem Haar. Ihrem Leibe hat die reiche Erde das Fest ihrer Säfte geweiht, und die Sonne trägt ihn, wie in einer goldenen Schaukel.“

„Es wäre schön!“

„Nicht wahr? Er weiß das alles. Aber er sieht es nicht. Er sieht es nicht! Damit er die Göttin fassen kann, muß sie ihm gehören … So sagte er,“ flüsterte Bettina, erschrocken.

Nach einer Weile flüsterte die Herzogin:

„Das alles hat er Ihnen gesagt, Ihnen?“

„Nicht wahr? Wie muß er elend sein, daß er den Kopf gegen meine Schulter lehnt!“

Sie schwieg wieder, kläglich. Die Herzogin hatte Lust, zu weinen mit der Armen. Bettina begann abermals:

„Er ist ja das Genie, das wir gebären, immer auf’s neue gebären müfsen, wir Frauen. Ach, nicht ich, nicht ich! … Jedes seiner Werke hat er aus Frauenseelen empfangen — wie Gian Bellin —, und das größte, unvergleichliche, das, wovon alle Schöpfer träumen und das keiner schafft, das muß ihm die seltenste, stärkste Seele geben. Wäre es meine! Aber es ist Ihre, Herzogin, Ihre! Seien Sie gnädig!“

Die Herzogin war hingerissen, fieberhaft, von dem Geflüster im Dunkeln. Da fühlte sie Bettinas Wange an ihrer: auf einmal wußte sie wieder, wer zu ihr sprach. Sie riß sich los.

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