„Nichts. Mir ist jetzt viel wohler. Ich danke Ihnen.“
Sie wußte auf einmal, wer Gina war.
„Erzählen Sie weiter, bitte.“
„Jenem Knaben zuliebe ward ich fromm und versäumte keine Messe. Ich kam auch Nachts. Die Thür des Kirchleins —“
„Mit den geschnitzten Engelsköpfen,“ ergänzte die Herzogin.
„Stand angelehnt,“ fagte Gina, an ihre Erinnerung verloren. „Ich glitt hinein, ich zog unter meinem Mantel eine kleine Laterne heraus und stellte sie auf die Balustrade vor der Kapelle, worin er seines dunklen Weges zog. Ich öffnete in Angst und Erwartung den Blender, und das schmale Licht traf sein Gesicht und seine großen, aufwärts gebogenen Locken. Ich kniete vor ihm, stundenlang. Ich ließ mich durchdringen, tief und ganz, von seinen Zügen. So süß und mutig wie sein Gesicht war, fühlte ich’s nachher, wenn ich vor Tagesdämmern heimschlich, in meinem Innern…
„Mein Mann, der ein seiner Rafse fremdes Kind heranwachsen sah, schöpfte Verdacht. Ein Dienstbote verriet ihm meine nächtlichen Abwesenheiten. Er peinigte mich, und ich schwieg. Er hätte die Wahrheit nie entdeckt; ein Bild anzusehen, war er ja nicht imstande. Schließlich beargwöhnte er einen Kumpanen und kam, betrunken, in einer Schlägerei um.“
„Haben Sie ihm verziehen?“ fragte die Herzogin.