Page:H.M. Minerva.djvu/157

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Händchen auseinander, es sah sich nach dem Vater um und kehrte zu der Dame zurück, kühl erstaunt: „Warum bewundert ihr mich denn nicht?“ Die Herzogin bemerkte, daß die Kleine vor ihr aufgestellt sei, wie eine Schutzwehr gegen den Mann. Mit einer Liebkosung schob sie sie beiseite.

„Ich bin bequem,“ sagte sie, „ich habe keine Lust beleidigt zu sein. Ich will es also nicht als Ausbruch ansehen, sondern als einfache Abschweifung. Wovon sprachen Sie eigentlich? Davon, daß Sie ein Damenmaler sind?“

Er fuhr sich über die Stirn und stammelte:

„Jawohl … ganz recht … ein Damenmaler, das heißt eine Art männlicher Courtisane … Hören Sie, dabei besinne ich mich auf die Geschichte einer längst verstorbenen Freudenspenderin. Im schönsten Augenblick ihrer Jugend, als sie noch keusch war, hatte sie einen vornehmen Mann gekannt, den sie nie mehr vergessen konnte. Da er ganz verloren schien, zog sie in die Hauptstadt und fing an, für große Summen sich allen hinzugeben. Sie ward berühmt, die reichen Reisenden der ganzen Welt, zu deren Sehenswürdigkeiten auch die Frauen zählten, führte ihr Weg durch ihr Schlafzimmer. Sie meinte, schließlich müßte doch auch der Eine kommen. Aber er kam nie. Und dafür rächte sie sich an den andern, die sie mit ausgesuchter Grausamkeit, Tücke und Habgier behandelte.“

„Das ist ganz hübsch,“ meinte die Herzogin, und zuckte die Achseln. „Aber sie hätte bedenken sollen, daß der vornehme Mann natürlich nicht zu Courtisanen

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