Page:H.M. Minerva.djvu/153

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Heimat. Haha! Und diese Maskerade giebt mir meinen Stil, meinen bewunderten Stil! Ich habe ein eigenes Genre entdeckt, ich nenne es heimlich: die hysterische Renaissance! Moderne Ärmlichkeiten und Perversitäten verkleide und schminke ich mit so überlegener Geschick lichkeit, daß sie an dem vollen Menschentume des goldenen Zeitalters teil zu haben scheinen. Ihr Elend erregt keinen Widerwillen, sondern Kitzel. Das ist meine Kunst!“

Er redete immer schneidender. Seine kurzen, roten Lippen verzerrten sich. Er genoß die Geißelung, die er sich gab.

„Ich fülle alle Hintergründe mit einem braunen Gold. Die Gestalten treten hinaus in ein künstliches Licht. Etwas Altmeisterliches, sagt man, liegt über ihnen. Ich schwindele Perlmutterglanz auf ihre zerstörten oder mißratenen Gesichter und auf ihre Gewänder, die so erborgt sind wie die meinigen —“

„Oder wie die dort,“ setzte er hinzu, schmerzlich, mit einem Aufschrei, — und brach ab.

Der Vorhang zum Nebenzimmer hatte sich geteilt, ganz langsam, und ein Kind war lautlos eingetreten, ein kleines Mädchen, in schwerer, gepuffter Robe aus weißem Damast, mit Spitzen auf Schultern und Armen, großen Perlen an Hals und Handgelenken und einem runden, bestickten Häubchen hinten auf dem hellen Kopf. Sie stand vor der braunen Gardine; und aus der Höhe des unten verhangenen Fensters wurde die Kleine übergossen wie mit Perlmutterglanz. Sie legte die schwachweißeu Händchen fein zusammen

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