Page:H.M. Im Schlaraffenland.djvu/98

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„Das scheint mir eine ganz unnötige Anstrengung zu sein,“ bemerkte er.

„Junger Mann!“ rief Kaflisch feierlich, „Sie kennen nicht die Willensstärke gewisser Frauen! Diese hier will nun mal für anständig gelten, und sie weiß es durchzusetzen, daß jeder, der ihre Lebensweise ganz genau kennt, sie so behandelt, als glaubte er an ihre Tugend, ’s ist eigentlich ’ne ungeheure Leistung von so ’ner Frau, wissense, und ganz ohne Profit, bloß der Ehre wegen. Sie mimt die Tugend, wie andere das Laster mimen.“

„So was giebt es auch?“ fragte Andreas.

„Und ob! Sie werden hier im Hause die Frau Pimbusch kennen lernen.“

„Die Frau des großen Branntweinfabrikauten?“

„Dem Schnapsfeudalen seine Frau. Da werden Sie sehen, wie das Laster aussieht. Aber verbrennen Sie sich nicht die Finger, rate ich Ihnen! Sie ist unschuldig, nicht mal von Pimbusch hat sie sich ihre Unschuld rauben lassen. Er soll übrigens gar nicht dazu im stande sein.“

„Eine Frau muß sich doch recht sehr langweilen, wenn sie auf solche Dinge verfällt,“ meinte Andreas. Kaflisch zuckte die Achseln.

„Was wollen Sie? Wir haben Nerven. Müde Rasse! wie Goldherz sagt. Alte Kultur! Gott, wie sind wir müde!“

Kaflisch versuchte die Schultern tief zu fenken. Er ließ die Mundwinkel herabhängen, und begann mit mattem Blick vor sich hinzuträumen, Andreas befürchtete,

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