Page:H.M. Im Schlaraffenland.djvu/462

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„Umkehren, Hildebrandtstraße!“

„Ich habe mich nie um seine Schönen gekümmert, ich habe geduldig zugesehen, wie sein Geschmack immer pöbelhafter wurde. Jetzt aber ist sein Maß voll, diesen Balg verzeihe ich ihm nicht!“

Die Rachegedanken überstürzten sich, einer wilder als der andere. Öffentliche Züchtigung der kleinen Matzke, Skandal, Scheidung, sie schreckte vor nichts zurück. Konnte man Türkheimer nicht unter Kuratel stellen? Nichts leichter als das, er ward ja kindisch. Ein Mann, der seinen Verstand besaß, Uerschenkte nicht Villen und Millionen an eine Ausgeburt der Gosse. Nichts leichter als das! Aber als ihr müdes Gefährt die Potsdamerstraße erreicht hatte, begann sie das Unternehmen schwieriger zu finden. In der Königin Augustastraße hatte sie beinahe schon auf die Scheidung verzichtet. Was hätte Asta zu den Streichen ihrer Mutter gesagt? Asta hätte recht gehabt. Und vor ihrer Hausthür, den Finger auf dem Knopf des Läutewerks, sagte Adelheid sich, daß man unter den Fabrikschlöten und Arbeiterkasernen, woher sie kam, anders fühlte und dachte als in der Hildebrandtstratze. Es wunderte sie, daß sie sich von Leidenschaften hatte fortreißen lassen, die in ihrer Heftigkeit beinahe volkstümlich waren; sie schämte sich ein wenig. Zwar mußte die Angelegenheit in Ordnung gebracht werden, womöglich vor dem Essen. Sie ließ ihren Gatten zu sich bitten, doch that sie es kaum noch zornig, sondern mit leidender Stimme.

Sie erwartete ihn im gelbseidenen Theezimmer, in

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