Page:H.M. Im Schlaraffenland.djvu/461

From Wikisource
Jump to navigation Jump to search
This page has been proofread.

Leben. Das dauerte ewig, sie blieb immer jung, er liebte sie unermüdlich. Er kannte nichts anderes, er sah nur sie. Er durfte nicht ausgehen; in ihrem Wagen, dessen Gardinen fest zugezogen waren, führte sie ihn tief in den Tiergarten hinein. Dort, in einem grünen Versteck, von ihr behütet, durfte er Luft schöpfen.

Sie schluchzte laut auf, das Paradies verfank.

„Statt dessen habe ich selbst ihn in die Welt hinausgetrieben, allen Lockungen habe ich ihn ausgesetzt. Mußte ich nicht voraussehen, daß er ihnen nicht widerstehen würde? Sein Künstlertemperament ist so sein und reizbar, er und die wenigen, in ganz Europa verstreuten Kulturträger haben es nun einmal mit den raffinierten Genüssen. Was ist dabei zu machen? Es gehört zu seiner Kunst, und seine Kunst ist ihm alles, ich weiß es ja. Armes Herz, du hast kein Recht auf ihn.“

„Aber ich liebe ihn!“

Es war ein Schrei, der alle Vernunftgründe erstickte.

„Ich liebe ihn!“ wiederholte sie, und sie fand keinen Einwand. „Ich muß ihn doch behalten, er ist doch mein, denn ich liebe ihn ja. Wie konnten sie es wagen, ihn mir wegnehmen, wie darf eine solche Person mir in die Quere kommen. Es muß doch jemand Schuld daran sein.“

Sie rückte in ihrem engen Käfig umher. Ihre Wut war zurückgekehrt, wo war der Schuldige, an dem sie sie auslassen konnte?

„Ah! Türkheimer!“

Der Kutscher fragte durch das Fenster:

„Soll’s noch weiter geh’n?“

451