Page:H.M. Im Schlaraffenland.djvu/458

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den feurigen Zottellocken schief in das käseweiße Gesicht. Adelheid kannte sie. Mehr als einmal, im Theater und auf Spazierfahrten, hatte sie sie ruhig, ohne Haß und ohne Vorurteil gemustert, wenn ihr Wagen dem der Maitresse ihres Gatten begegnete. Was war diese kleine Matzke sie angegangen? Aber jetzt?

„Die gnädige Dame ist wohl ’n bischen unwohl?“ hörte sie die Putzmacherin sagen, dicht an ihrem Ohr. Sie war halb vom Stuhl gerutscht und hielt sich an der Lehne.

„Wenn Sie mir eine Droschke holen möchten?“ bat sie.

Die Frau kam zurück.

„Die gnädige Dame muß verzeihn, aber es war man bloß noch ’ne zweite Güte da.“

Adelheid bestieg das schäbige Gefährt.

„Wohin?“ fragte der Kutscher.

Sie befahl barsch:

„Wohin Sie wollen. Aber erst das Verdeck schließen, schnell.“

Sie zitterte, doch diesmal vor Zorn.

„Der Undankbare! Der Undankbare!“ wiederholte sie immer mit erbleichten Lippen, starr aufrecht in der harten Wagenecke.

Wie tief stak er in ihrer Schuld, seit damals ein paar freundliche Worte aus ihrem Munde den unbeholfenen Fremdling seinem Nichts entrissen hatten; seit sie Eroberergelüste in ihm genährt hatte, die dem armen jungen Manne anfangs als ein unmöglicher Traum erscheinen mußten. Bald zwar hatte er sich

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