Page:H.M. Im Schlaraffenland.djvu/453

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jeder Stunde gebrauchen. Ich war ja auch erst gestern hier. Aber wenn ich dich nicht sehe, wird mir die Zeit so lang. Du weißt nicht, ich liebe dich eben wirklich.“

„Das sollte ich nicht wissen? Aber liebe Adelheid, das ist ja selbstverständlich, mit so etwas halten wir uns doch nicht auf. Bitte, nimm Platz und komme zur Sache.“

Sie wollte sprechen, aber die Stimme gehorchte ihr nicht. Sie hatte gerade eben, vor einer halben Stunde, einen Einfall gehabt, der sie eilig her zu ihm getrieben hatte, voll überwallender Hoffnung. Die arme Hoffnung, sie war schon wieder verzagt. Konnte sie ihn denn zurückerobern? Wie er da vor ihr stand, ungeduldig, mit hartem Blick und fest verschlossenen Lippen, war er ihr so fern. Würde er je zurückkehren?

Seit er die kleine Matzke in byzantinische Brokate gewickelt und auf einen Altar gestellt hatte, lagerte in der Wohnung ein Rest von Weihrauchduft.

„Er begeht also Feste, von denen ich nichts erfahre,“ sagte sich Adelheid. Sie konnte nicht vergessen, wie er in seiner Mönchskutte an dem fichtenen Tische, unter dem blutigen Christuskopfe gesessen hatte, damals in den Tagen ihres vollen Glückes. „Ein Dichter, ein Mystiker, wie er, ist so zartfühlend, er schrickt zurück vor jeder fremden, profanen Einmischung. Darum verschweigt er mir das, was ihn am nächsten berührt. Eine ganze Seite seines Innenlebens, die vornehmste und tiefste und empfindlichste, kenne ich gar nicht, und darf sie gar nicht kennen. Ich habe ja nicht einmal

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