Page:H.M. Im Schlaraffenland.djvu/292

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Warum mußte die reiche Frau den armen Leuten ihre Existenzmittel entführen: der alternden Lizzi, die trotz ihres immer fleckiger werdenden Teints eine letzte Stütze gefunden zu haben glaubte, und dem unglücklichen, von aller Welt vergessenen Klempner, dessen „Rache!“ nicht einmal mehr in Posemuckel und Meseritz aufgeführt wurde, und von dem kein Hund mehr ein Stück nahm! O die armen Leute! Wie viel Elend verbarg sich unter Klempners schneidiger Miene und in seiner Heldenbrust! Er spielte übrigens eine gelungene Komödie, jeder andere hätte sie ihm glauben können. Aber Andreas war bereits zu sehr gewöhnt an das wehmütige Vergnügen die Menschen zu durchschauen.

Es galt jetzt nur abzuwarten, in welcher Absicht Lizzis Schützling gerade ihn mit seiner Angelegenheit vertraut machte. Klempners kleine Augen zwinkerten ein wenig hinter dem schwarz umrandeten Klemmer, und der Schmiß auf seiner linken Wange färbte sich dunkler. Doch fuhr er mit großer Sicherheit fort:

„Seh’n Sie, ich verstehe ja manches. Es ist hier nun mal nicht wie auf dem Lande. Wir leben unter feinen Leuten, und hohe Kultur macht unanständig. Aber es giebt doch noch einiges, was zu weit geht. Wenn zum Beispiel die einzige Tochter des Hauses Türkheimer ausgerechnet acht Wochen nach der Hochzeit öffentlich Anstalten macht, um ihren Mann zu betrügen, und noch dazu mit seinem intimsten Freunde, dann muß ich doch sagen, das grenzt an — an —“

„An?“ fragte Andreas gespannt.

„Ich stelle anheim, woran es grenzt. Aber minder-

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