Page:H.M. Im Schlaraffenland.djvu/268

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haben Sie nichts zu thun. Bloß die Bandeau’s müssen Sie sich ein bischen von den Ohren wegkämmen, man sieht von Ihnen ja bloß die Nasenspitze. Und ein rotseidenes Kleid müssen Sie sich leisten.“

Er wandte sich an die Damen.

„Da das Fräulein ein ziemlich unschönes Organ besitzt, ist es nur gut, daß sie in der Rolle nichts zu sagen hat.“

„Wenn Sie nur sonst nichts Unschönes an sich hätten, als das Organ, Herr Kapeller!“ entgegnete die kleine Bieratz, doch versuchte sie liebenswürdig dabei zu lächeln. Sie war zu klug, um sich hier in der Welt der Salons einen Feind zu machen, dem sie in der Welt der Bühnen überall wieder begegnen konnte.

Bei ihrer gemeinsamen Probe zeigte sich Kapeller gegen seine Partnerin tyrannisch. Er unterbrach seinen Vortrag, um sie zu belehren:

„Jetzt biegen Sie die Taille zurück und strecken mir die Junge aus! Die linke Hand an die Hüfte und das Kleid hochziehen! Sie schämen sich wohl Ihre Beinchen zu zeigen? Sind allerdings man stöckrig.“

„Haben die werten Damen schon mal eine Schauspielerin mit schönen Beinen gesehen?“ fragte er. „Ich niemals!“

Sein feiner Sinn für die Gefühle der Mächtigen klärte Kapeller darüber auf, daß er den Damen nicht geschickter schmeicheln könne, als durch die Demütigung der Schauspielerin. Es ahnte ihm, daß er dadurch in Frau Pimbusch, in Frau Bescheerer und in den anderen einen uneingestandenen Rachetrieb befriedigte. Die

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