Page:H.M. Flöten und Dolche.djvu/92

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Leiden, winkenden Zielen! Welche namenlosen Reize schillerten ringsumher auf Frauen, Spielen, Worten! Er fühlte sich voll von neuen Seltenheiten. Die Schöpfungen, die wie Urwälder in seinem Geiste aufgeschossen waren, als Gemma, eine nackte kleine Muse, ihn umspielte, jetzt sollte seine Kunst durch ihre Dickichte brechen! Sie hatte ihre Sendung vollendet, die prachtvolle Liebende, die dort verging. Und was er nun aus ihr machen wollte! Und aus ihrem Tode! Wozu starb sie denn, wenn er nichts mehr aus ihr machen sollte.

Aber ihr Blick, weiß verdreht, war mit dem schmalen Halbkreis der Pupillen immer auf ihm.

„Was denke ich, was tue ich. Ich verliere den Verstand. Kann ich denn untätig zusehen, wie sie sich quält!“

Er wandte sich weg, drückte, sinnlos vor Angst, auf die Klingel. Er eilte zur Tür. Die Sterbende rang nach Atem, sie schrie gellend:

„Mörder! Du Mörder!“

Er fuhr herum, und weiß wie sie, und die Augen weit wie ihre, begegnete er nochmals ihrem vollen Blick.

Draußen gingen Schritte. Der alte Niccolo trat auf die Schwelle, brach in Geschrei aus und

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