Page:H.M. Die kleine Stadt.djvu/42

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ordentliches zugestoßen. Wie ich die Augen öffne und sie vergeblich an meiner Seite suche, tritt sie ins Zimmer, sieht verwacht aus und erklärt mir, daß die Seele ihres Vaters sie hinausgerufen habe. Die Seele habe verlangt, daß ich nicht geweckt werde. So viel Rücksicht!“

„Das ist der Aberglaube der Frauen“, sagte zornig der Advokat. „Wie lange noch werden wir ihre Erziehung den Nonnen überlassen! Sie glauben doch nicht an diese alberne Geschichte, Malandrini?“

„Wie werde ich. In den Frauen geht manches vor, was wir nicht kennen. Man muß Geduld haben.“

„Aber sagen Sie doch, dieses Mädchen! Gleich die erste Nacht! Hätten Sie das etwa geglaubt, Malandrini?“

„Warum nicht?“ — und der Wirt fuhr auf. „Ist das Gasthaus „zum Mond“ denn ein Kloster? Und übrigens, was weiß man. Nur was Sie erzählen, Advokat.“

„Oh!“

Der Advokat legte die Hand aufs Herz.

„Dieser Priester scheint gewußt zu haben,“ sagte er noch und drehte nachdenklich von dannen, „warum er die Komödianten nicht zu seinen Schäfchen hineinlassen wollte. Man muß zugeben, daß seinesgleichen sich auf Menschen versteht.“

„Wollen Sie auf die Straße?“ rief Malandrini ihm nach. „Dann benutzen Sie doch die Gartenpforte!“

„Sie haben recht“ — und der Advokat kehrte um. „Man muß bei seinen ruhigen Gewohnheiten bleiben. Seit siebenundzwanzig Jahren habe ich meinen Morgengang nicht sechsmal versäumt, und ich hoffe ihn noch weitere siebenundzwanzig Jahre zu machen.“

Hinter dem Hause ging er den Weinhügel hinab, erreichte drunten die Straße — noch übergitterten die Schatten der Platanen sie dicht — und nahm den Hut ab, um sich zu

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