Page:H.M. Die kleine Stadt.djvu/130

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Aber das macht nichts. Tagsüber ist mir oft fast zu warm von meinen Gedanken. Ich laufe durchs Zimmer, wie viel tausendmal wohl; überall scheint der Himmel herein; mir ist, als laufe ich durch den Himmel; — und aus den Glockentönen, die mir darin entgegenschweben, aus dem Gehämmer der Schmiede, aus allem wird Musik. Aber vielleicht ist es schlechte?“

Er zog das Manuskript hervor, wog es in den Händen und, rosig bis unter die Barthaare, lieferte er es aus. Der andere blätterte und bewegte die Lippen. Der Kapellmeister hielt nicht stand.

„Ich spiele es Ihnen vor. Ich spiele Ihnen den zweiten Akt vor, wenigstens den Schluß, wenigstens das Duett. Sie müssen es anhören!“

Er setzte sich vor das Klavier und sprang wieder auf.

„Nur ein einziger Stuhl! Was tun? O! Cavaliere, Sie wollen wirklich —? Aufs Bett?…“

Nach dem letzten Akkord sah er noch auf die Tasten und regte sich nicht. Der berühmte Sänger klatschte leicht in die Hände und sagte:

„Bravo, Maestro!“

Darauf atmete der Kapellmeister wieder.

„Es gefällt mir, ich möchte versuchen, die Partie des Tenors zu improvisieren“ — und der Cavaliere stand schon da und schlug mit dem Zeigefinger den ersten Ton an.

„Machen Sie den Bariton, Maestro! O! Ohne Komplimente. Es wird dunkel, aber hier oben sieht man noch genug. Beginnen wir!“

Noch als es aus war, hatte der Kapellmeister die Miene des Lauschens. Endlich sah er, rosig lächelnd, auf.

„Cavaliere, ich danke Ihnen, Sie haben mich heute glücklich gemacht.“

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