Page:H.M. Diana.djvu/137

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Führer durchmaßen sie langsam. Zwischen den Blättern hindurch spielten Lichter des aufgehenden Mondes über den Weg und zeigten ihnen an seinem Ende ein weißes Haus.

Die Herzogin sah ihnen nach, aus dem Schatten der Kirche. In dem ragenden Marmorportal lehnte eine niedrige hölzerne Pforte, mit hochgeschnitzten Engelsköpfen darauf, leise geöffnet. Die Herzogin trat ein. Sie erblickte auf den acht inneren Wandflachen, deren vier sich zu Kapellen vertieften, lauter kleine Genien. Sie streckten die Köpfe aus den schweren Falten steinerner Vorhänge, sie schlugen Akanthusblätter zurück und entstiegen Blütenkelchen. Sie hielten einander umschlungen, sie klatschten in die Grübchenhände, lachten mit vollen Gesichtern und sperrten herzhafte Münder auf: der enge Raum war erfüllt von ihren Geisterstimmchen. Die Liebkosung des Mondscheins lockte ein Lächeln auf die kalkgepuderte Miene des einen, es löste einem andern die kurzen üppigen Glieder, daß er sie heimlich und zaghaft aus der Mauer hob, hinaus in das Leben der Nacht.

Von oben, aus einer Öffnung in der Kuppel fielen scharfe weiße Strahlen auf das Bild eines Knaben in goldenen Locken und langem pfirsichroten Gewande. Er hielt die linke Hand hinter sich, zwei Frauen in lichtgelb und blaßgrün hin. Mit silberner Ampel leuchtete seine Rechte ihnen voran, durch den in Finsternis versteckten Garten.’ Der Herzogin war es, als sei sie es selbst, der dieser schlanke, ernste und noch ganz freie Knabe ihr ungestüm erträumtes Reich

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