Page:H.M. Der Untertan.djvu/312

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des ersten Aktes hier draußen Gesellschaft geleistet. Er hat Sinn für das Schöne, er gibt einem sogar nützliche Winke.“

„Hab’ ich gemerkt“, sagte Wulckow; und indes Diederich abwechselnd ihm und seiner Frau dankerfüllte Kratzfüße machte, setzte der Präsident hinzu: „Bleiben wir lieber gleich beim Büfett.“

„Das war auch mein Schlachtplan“, plauderte Frau von Wulckow. „Um so mehr, als ich jetzt festgestellt habe, daß man hier eine kleine Tür nach dem Saal öffnen kann. So erfreut man sich der von den Ereignissen unberührten Isoliertheit, die ich nun einmal brauche, und bleibt dennoch au fait.“

„Bürgermeisterchen,“ sagte Wulckow und schnalzte, „den Hummersalat sollten Sie sich auch kaufen.“ Er zog Doktor Scheffelweis am Ohr und setzte hinzu: „In der Sache mit dem städtischen Arbeitsnachweis hat der Magistrat mal wieder eine jammervolle Rolle gespielt.“

Der Bürgermeister aß gehorsam und hörte gehorsam zu — indes Diederich neben Frau von Wulckow nach der Bühne ausspähte. Dort hatte Magda Heßling Klavierstunde, und der Lehrer, ein dunkellockiger Virtuose, küßte sie feurig, was sie nicht übel zu vermerken schien. „Kienast dürfte das nicht sehen“, dachte Diederich, aber auch im eigenen Namen fühlte er sich gekränkt. Er äußerte:

„Finden Frau Gräfin nicht doch, daß der Klavierlehrer zu naturalistisch spielt?“

Die Dichterin erwiderte befremdet: „Ganz so lag es in meiner Intention.“

„Ich meinte auch nur“, sagte Diederich unsicher — und dann erschrak er, denn in der Tür erschien Frau Heßling oder eine Dame, die ihr ähnlich sah. Emmi kam auch, und das Paar war ertappt, man schrie und weinte. Um so lauter sprach Wulckow.

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