widerte: „Ich gebe gar nichts zu“, — worauf Jadassohn ihm seine Aussage im Vorverhör entgegenhielt. Mit erhobener Stimme: „Ich beantrage Gerichtsbeschluß darüber, daß die Beeidigung dieses Zeugen unterbleiben soll, weil er der Teilnahme am Delikt verdächtig ist.“ Noch schneidender: „Die Gesinnung des Zeugen darf als gerichtsnotorisch gelten. Der Zeuge gehört zu den von Seiner Majestät dem Kaiser mit Recht so genannten vaterlandslosen Gesellen. Überdies befleißigt er sich in regelmäßigen Versammlungen, die er als Sonntagsfeiern für freie Menschen bezeichnet, der Verbreitung des krassesten Atheismus, wodurch seine Tendenzen gegenüber einem christlichen Monarchen ohne weiteres charakterisiert sind.“ Und Jadassohns Ohren strahlten Feuer aus, wie ein ganzes Glaubensbekenntnis. Wolfgang Buck stand auf, lächelte skeptisch und meinte, die religiösen Überzeugungen des Herrn Staatsanwalts seien offenbar von mönchischer Strenge, es könne ihm nicht zugemutet werden, daß er einen Nichtchristen für glaubwürdig halte. Das Gericht aber werde wohl anderer Meinung sein und den Antrag des Staatsanwalts ablehnen. Da wuchs Jadassohn furchtbar empor. Wegen der Verhöhnung seiner Person beantragte er gegen den Verteidiger eine Ordnungsstrafe von hundert Mark! Der Gerichtshof zog sich zur Beratung zurück. Sofort brach im Saal ein aufgeregtes Durcheinander von Meinungen aus. Dr. Heuteufel schob die Hände in die Taschen und maß mit langen Blicken Jadassohn, der, dem Schutze des Gerichts entzogen, von Panik ergriffen ward und gegen die Wand wich. Diederich war es, der ihm zu Hilfe kam, denn er hatte dem Herrn Staatsanwalt leise eine wichtige Mitteilung zu machen … Schon kehrten die Richter zurück. Die Beeidigung des Zeugen
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